Jda's Favoriten. Was that Jda, sie gab in der Stille von ihrem Taschengelde, und schickte so lange umher, bis man ihr ein Paar Hühner brachte, wodurch sie das begehrte Opfer bei Clare abkaufte. Die gekauften Hühner wurden ge- schlachtet, und die Günstlinge waren gerettet. Der ganze kleine Handel wurde mir noch an dem nemlichen Abend hinterbracht.
Tags darauf kam der Mann einer Frau, die wir unsere Samstagsfrau nennen, weil sie sich an diesem Tage den gewöhnlichen Zuschuß zur Ver- pflegung ihres schwindsüchtigen Vaters abholte: er empfing die gewohnte Gabe aus der Armenkasse der Kinder. Auf meine Frage, warum die Frau so lange nicht da war, warum er jetzt käme, und wie es der Frau ginge, antwortete der Mann: ach wir sind wohl recht elend; sonst waren wir zu- frieden mit Erdäpfel und Brot, und wenn wir Sonntags ein Pfund Fleisch im Topfe hatten, so waren wir überglücklich, und so viel konnten meine gute Frau und ich erwerben. Jetzt liegt sie nun seit 2 Monaten da, sie und ich können nichts verdie-
Jda’s Favoriten. Was that Jda, ſie gab in der Stille von ihrem Taſchengelde, und ſchickte ſo lange umher, bis man ihr ein Paar Hühner brachte, wodurch ſie das begehrte Opfer bei Clare abkaufte. Die gekauften Hühner wurden ge- ſchlachtet, und die Günſtlinge waren gerettet. Der ganze kleine Handel wurde mir noch an dem nemlichen Abend hinterbracht.
Tags darauf kam der Mann einer Frau, die wir unſere Samſtagsfrau nennen, weil ſie ſich an dieſem Tage den gewöhnlichen Zuſchuß zur Ver- pflegung ihres ſchwindſüchtigen Vaters abholte: er empfing die gewohnte Gabe aus der Armenkaſſe der Kinder. Auf meine Frage, warum die Frau ſo lange nicht da war, warum er jetzt käme, und wie es der Frau ginge, antwortete der Mann: ach wir ſind wohl recht elend; ſonſt waren wir zu- frieden mit Erdäpfel und Brot, und wenn wir Sonntags ein Pfund Fleiſch im Topfe hatten, ſo waren wir überglücklich, und ſo viel konnten meine gute Frau und ich erwerben. Jetzt liegt ſie nun ſeit 2 Monaten da, ſie und ich können nichts verdie-
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Jda’s Favoriten. Was that Jda, ſie gab in der
Stille von ihrem Taſchengelde, und ſchickte ſo
lange umher, bis man ihr ein Paar Hühner
brachte, wodurch ſie das begehrte Opfer bei Clare
abkaufte. Die gekauften Hühner wurden ge-
ſchlachtet, und die Günſtlinge waren gerettet.
Der ganze kleine Handel wurde mir noch an dem
nemlichen Abend hinterbracht.
Tags darauf kam der Mann einer Frau, die
wir unſere Samſtagsfrau nennen, weil ſie ſich an
dieſem Tage den gewöhnlichen Zuſchuß zur Ver-
pflegung ihres ſchwindſüchtigen Vaters abholte:
er empfing die gewohnte Gabe aus der Armenkaſſe
der Kinder. Auf meine Frage, warum die Frau
ſo lange nicht da war, warum er jetzt käme, und
wie es der Frau ginge, antwortete der Mann:
ach wir ſind wohl recht elend; ſonſt waren wir zu-
frieden mit Erdäpfel und Brot, und wenn wir
Sonntags ein Pfund Fleiſch im Topfe hatten, ſo
waren wir überglücklich, und ſo viel konnten meine
gute Frau und ich erwerben. Jetzt liegt ſie nun ſeit
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/188>, abgerufen am 21.11.2024.
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