doch Deine fleißige Jda bleiben. Sieh' Emma, so ist Dein Kind. Lebe wohl, glückliche Mutter!
Zwey und sechszigster Brief.
Danke mir nicht, liebste Emma, für das in Deinem Kinde gewordene Schöne, Herrliche, und wenn ich Dir davon mit noch größrer Ruhmredig- keit schreiben sollte, als ich bisher wohl that. Jch weiß zu gut, wie wenig davon auf Rechnung der Erzieherin kommt, und wie viel der großen Bildnerin davon gehört. Glaube z. B. ja nicht, daß auch nur dies kleine poetische Flämmchen, das jetzt noch schwach hervorleuchtet, das Werk der Bildung sey. Nein, Emma, wenn ich Antheil dar- an hätte, wäre es anders, auch müssen ja dann Clärchen und Mathilde eben so wohl solche Geistes- stralen auswerfen, denn sie haben denselben Unter- richt genossen, und an meinem täglichen Umgang gleichen Antheil mit Jda gehabt. Die Poesien die ich ihnen mittheilte, waren alle in einem ganz
doch Deine fleißige Jda bleiben. Sieh’ Emma, ſo iſt Dein Kind. Lebe wohl, glückliche Mutter!
Zwey und ſechszigſter Brief.
Danke mir nicht, liebſte Emma, für das in Deinem Kinde gewordene Schöne, Herrliche, und wenn ich Dir davon mit noch größrer Ruhmredig- keit ſchreiben ſollte, als ich bisher wohl that. Jch weiß zu gut, wie wenig davon auf Rechnung der Erzieherin kommt, und wie viel der großen Bildnerin davon gehört. Glaube z. B. ja nicht, daß auch nur dies kleine poetiſche Flämmchen, das jetzt noch ſchwach hervorleuchtet, das Werk der Bildung ſey. Nein, Emma, wenn ich Antheil dar- an hätte, wäre es anders, auch müſſen ja dann Clärchen und Mathilde eben ſo wohl ſolche Geiſtes- ſtralen auswerfen, denn ſie haben denſelben Unter- richt genoſſen, und an meinem täglichen Umgang gleichen Antheil mit Jda gehabt. Die Poeſien die ich ihnen mittheilte, waren alle in einem ganz
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doch Deine fleißige Jda bleiben. Sieh’ Emma,
ſo iſt Dein Kind. Lebe wohl, glückliche Mutter!
Zwey und ſechszigſter Brief.
Danke mir nicht, liebſte Emma, für das in
Deinem Kinde gewordene Schöne, Herrliche, und
wenn ich Dir davon mit noch größrer Ruhmredig-
keit ſchreiben ſollte, als ich bisher wohl that. Jch
weiß zu gut, wie wenig davon auf Rechnung
der Erzieherin kommt, und wie viel der großen
Bildnerin davon gehört. Glaube z. B. ja nicht,
daß auch nur dies kleine poetiſche Flämmchen, das
jetzt noch ſchwach hervorleuchtet, das Werk der
Bildung ſey. Nein, Emma, wenn ich Antheil dar-
an hätte, wäre es anders, auch müſſen ja dann
Clärchen und Mathilde eben ſo wohl ſolche Geiſtes-
ſtralen auswerfen, denn ſie haben denſelben Unter-
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/184>, abgerufen am 21.11.2024.
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