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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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hat, läuft auf Erbärmlichkeiten hinaus, wodurch
ihnen wohl Worte und Phrasen, aber keine Ge-
danken zugeführt werden. Wenigstens kenne ich
kein solches Produkt, das nicht besser ungeschrie-
ben geblieben wäre. Auch scheint es mir eine fast
unerreichbare Aufgabe, ein Buch für Kinder in
diesen Jahren zu schreiben, das für sie verständ-
lich, anziehend und nicht kindisch wäre. Laß Jda
lieber noch den ganzen Frühling und Sommer im
Garten herum spielen, und sich viel im Freien be-
wegen: zu den Büchern kommt sie noch zeitig genug.

Unterrichte, ich bitte Dich, Deine Jda auf
jede andere Weise lieber, als durchs Lesen, so lan-
ge, bis sie mit ihrem richtigen und klaren Ver-
stande auch ein Buch verstehen kann, das nicht
für Kinder geschrieben ist. Lies dann mit ihr,
und überschlage das, was für ihr Alter noch zu
früh käme. So wird sie sichern Gewinn haben
von ihrem Lesen. Schreibe ihr aber von Zeit zu
Zeit eine Fabel oder ein Lied auf, das sie fassen
kann, und laß es sie auswendig lernen. Hast
Du es ihr vorgesprochen oder gelesen, und hat sie



hat, läuft auf Erbärmlichkeiten hinaus, wodurch
ihnen wohl Worte und Phraſen, aber keine Ge-
danken zugeführt werden. Wenigſtens kenne ich
kein ſolches Produkt, das nicht beſſer ungeſchrie-
ben geblieben wäre. Auch ſcheint es mir eine faſt
unerreichbare Aufgabe, ein Buch für Kinder in
dieſen Jahren zu ſchreiben, das für ſie verſtänd-
lich, anziehend und nicht kindiſch wäre. Laß Jda
lieber noch den ganzen Frühling und Sommer im
Garten herum ſpielen, und ſich viel im Freien be-
wegen: zu den Büchern kommt ſie noch zeitig genug.

Unterrichte, ich bitte Dich, Deine Jda auf
jede andere Weiſe lieber, als durchs Leſen, ſo lan-
ge, bis ſie mit ihrem richtigen und klaren Ver-
ſtande auch ein Buch verſtehen kann, das nicht
für Kinder geſchrieben iſt. Lies dann mit ihr,
und überſchlage das, was für ihr Alter noch zu
früh käme. So wird ſie ſichern Gewinn haben
von ihrem Leſen. Schreibe ihr aber von Zeit zu
Zeit eine Fabel oder ein Lied auf, das ſie faſſen
kann, und laß es ſie auswendig lernen. Haſt
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[83/0097] hat, läuft auf Erbärmlichkeiten hinaus, wodurch ihnen wohl Worte und Phraſen, aber keine Ge- danken zugeführt werden. Wenigſtens kenne ich kein ſolches Produkt, das nicht beſſer ungeſchrie- ben geblieben wäre. Auch ſcheint es mir eine faſt unerreichbare Aufgabe, ein Buch für Kinder in dieſen Jahren zu ſchreiben, das für ſie verſtänd- lich, anziehend und nicht kindiſch wäre. Laß Jda lieber noch den ganzen Frühling und Sommer im Garten herum ſpielen, und ſich viel im Freien be- wegen: zu den Büchern kommt ſie noch zeitig genug. Unterrichte, ich bitte Dich, Deine Jda auf jede andere Weiſe lieber, als durchs Leſen, ſo lan- ge, bis ſie mit ihrem richtigen und klaren Ver- ſtande auch ein Buch verſtehen kann, das nicht für Kinder geſchrieben iſt. Lies dann mit ihr, und überſchlage das, was für ihr Alter noch zu früh käme. So wird ſie ſichern Gewinn haben von ihrem Leſen. Schreibe ihr aber von Zeit zu Zeit eine Fabel oder ein Lied auf, das ſie faſſen kann, und laß es ſie auswendig lernen. Haſt Du es ihr vorgeſprochen oder geleſen, und hat ſie

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/97>, abgerufen am 03.10.2024.