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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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Blödigkeit zu verhüten, die sich der Kinder be-
mächtigt, wenn sie in langer Zeit niemand, als
die Mutter und die Wärterin sehen: so ungün-
stig finde ich es der wahren Ausbildung, wenn
man Kinder von den ersten Lebensjahren an mit
auf großen Reisen herumschleppt, wo aller Nutzen
des Gesehenen verloren gehen muß, weil die neuen
Bilder einander so schnell folgen, daß immer
eins das andere aus der Seele verdrängt und kei-
nes ihr neue Jdeen zuführen kann. Laß Dich
also keinen Vorschlag der Art reizen, liebe Emma!
Deine Freundin in Paris mag es gut meynen,
wenn sie Jda, sobald sie heranwächs't, der franzö-
sischen Sprache wegen nach Frankreich locken will;
und die Tante in Rom will ihr auch wohl, wenn
sie vom zehnten Jahre an anfangen will, des Kin-
des Kunstsinn in Jtalien zu bilden: aber laß Dich
durch das Schimmernde dieser Vorschläge nicht
bewegen! Die französische Sprache -- wahr ist
es, es kann kein sicherers Mittel geben, sie,
wie die deutsche Muttersprache, und selbst besser
und geläufiger noch reden zu lernen, als wenn

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Blödigkeit zu verhüten, die ſich der Kinder be-
mächtigt, wenn ſie in langer Zeit niemand, als
die Mutter und die Wärterin ſehen: ſo ungün-
ſtig finde ich es der wahren Ausbildung, wenn
man Kinder von den erſten Lebensjahren an mit
auf großen Reiſen herumſchleppt, wo aller Nutzen
des Geſehenen verloren gehen muß, weil die neuen
Bilder einander ſo ſchnell folgen, daß immer
eins das andere aus der Seele verdrängt und kei-
nes ihr neue Jdeen zuführen kann. Laß Dich
alſo keinen Vorſchlag der Art reizen, liebe Emma!
Deine Freundin in Paris mag es gut meynen,
wenn ſie Jda, ſobald ſie heranwächſ’t, der franzö-
ſiſchen Sprache wegen nach Frankreich locken will;
und die Tante in Rom will ihr auch wohl, wenn
ſie vom zehnten Jahre an anfangen will, des Kin-
des Kunſtſinn in Jtalien zu bilden: aber laß Dich
durch das Schimmernde dieſer Vorſchläge nicht
bewegen! Die franzöſiſche Sprache — wahr iſt
es, es kann kein ſicherers Mittel geben, ſie,
wie die deutſche Mutterſprache, und ſelbſt beſſer
und geläufiger noch reden zu lernen, als wenn

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[73/0087] Blödigkeit zu verhüten, die ſich der Kinder be- mächtigt, wenn ſie in langer Zeit niemand, als die Mutter und die Wärterin ſehen: ſo ungün- ſtig finde ich es der wahren Ausbildung, wenn man Kinder von den erſten Lebensjahren an mit auf großen Reiſen herumſchleppt, wo aller Nutzen des Geſehenen verloren gehen muß, weil die neuen Bilder einander ſo ſchnell folgen, daß immer eins das andere aus der Seele verdrängt und kei- nes ihr neue Jdeen zuführen kann. Laß Dich alſo keinen Vorſchlag der Art reizen, liebe Emma! Deine Freundin in Paris mag es gut meynen, wenn ſie Jda, ſobald ſie heranwächſ’t, der franzö- ſiſchen Sprache wegen nach Frankreich locken will; und die Tante in Rom will ihr auch wohl, wenn ſie vom zehnten Jahre an anfangen will, des Kin- des Kunſtſinn in Jtalien zu bilden: aber laß Dich durch das Schimmernde dieſer Vorſchläge nicht bewegen! Die franzöſiſche Sprache — wahr iſt es, es kann kein ſicherers Mittel geben, ſie, wie die deutſche Mutterſprache, und ſelbſt beſſer und geläufiger noch reden zu lernen, als wenn (10)

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/87>, abgerufen am 14.10.2024.