Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite



Hand, und die Unterhaltung mit der Frau von
Z* hatte ein Ende.



Zehnter Brief.

Jm nächsten Frühling kommst Du mit Jda zu
uns. Da wird sich eine neue Welt für sie auf-
thun. Die Ortsveränderung pflegt auf die Ver-
standesentwickelung einen sehr beschleunigenden
Einfluß zu haben, besonders, wenn Kinder lang
genug an dem neuen Orte verweilen, daß die Bil-
der an der jungen Seele nicht zu schnell vorüber-
gleiten. Auch bekommt man so einen sehr richti-
gen Maßstab für ihre Gedächtnißkraft, wie für
ihren Bemerkungsgeist. Mit Erstaunen gewahrt
man oft, daß sie bemerkt haben, was uns fast
entgangen war, und behalten, was wir längst
wieder vergessen.

So gern ich es aber habe, daß man noch junge
Kinder bei kleinen Lustreisen von wenig Meilen
mit sich nehme, besonders auch um die ängstliche



Hand, und die Unterhaltung mit der Frau von
Z* hatte ein Ende.



Zehnter Brief.

Jm nächſten Frühling kommſt Du mit Jda zu
uns. Da wird ſich eine neue Welt für ſie auf-
thun. Die Ortsveränderung pflegt auf die Ver-
ſtandesentwickelung einen ſehr beſchleunigenden
Einfluß zu haben, beſonders, wenn Kinder lang
genug an dem neuen Orte verweilen, daß die Bil-
der an der jungen Seele nicht zu ſchnell vorüber-
gleiten. Auch bekommt man ſo einen ſehr richti-
gen Maßſtab für ihre Gedächtnißkraft, wie für
ihren Bemerkungsgeiſt. Mit Erſtaunen gewahrt
man oft, daß ſie bemerkt haben, was uns faſt
entgangen war, und behalten, was wir längſt
wieder vergeſſen.

So gern ich es aber habe, daß man noch junge
Kinder bei kleinen Luſtreiſen von wenig Meilen
mit ſich nehme, beſonders auch um die ängſtliche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0086" n="72"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Hand, und die Unterhaltung mit der Frau von<lb/>
Z* hatte ein Ende.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Zehnter Brief</hi>.</head><lb/>
          <p>Jm näch&#x017F;ten Frühling komm&#x017F;t Du mit Jda zu<lb/>
uns. Da wird &#x017F;ich eine neue Welt für &#x017F;ie auf-<lb/>
thun. Die Ortsveränderung pflegt auf die Ver-<lb/>
&#x017F;tandesentwickelung einen &#x017F;ehr be&#x017F;chleunigenden<lb/>
Einfluß zu haben, be&#x017F;onders, wenn Kinder lang<lb/>
genug an dem neuen Orte verweilen, daß die Bil-<lb/>
der an der jungen Seele nicht zu &#x017F;chnell vorüber-<lb/>
gleiten. Auch bekommt man &#x017F;o einen &#x017F;ehr richti-<lb/>
gen Maß&#x017F;tab für ihre Gedächtnißkraft, wie für<lb/>
ihren Bemerkungsgei&#x017F;t. Mit Er&#x017F;taunen gewahrt<lb/>
man oft, daß &#x017F;ie bemerkt haben, was uns fa&#x017F;t<lb/>
entgangen war, und behalten, was wir läng&#x017F;t<lb/>
wieder verge&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>So gern ich es aber habe, daß man noch junge<lb/>
Kinder bei kleinen Lu&#x017F;trei&#x017F;en von wenig Meilen<lb/>
mit &#x017F;ich nehme, be&#x017F;onders auch um die äng&#x017F;tliche<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0086] Hand, und die Unterhaltung mit der Frau von Z* hatte ein Ende. Zehnter Brief. Jm nächſten Frühling kommſt Du mit Jda zu uns. Da wird ſich eine neue Welt für ſie auf- thun. Die Ortsveränderung pflegt auf die Ver- ſtandesentwickelung einen ſehr beſchleunigenden Einfluß zu haben, beſonders, wenn Kinder lang genug an dem neuen Orte verweilen, daß die Bil- der an der jungen Seele nicht zu ſchnell vorüber- gleiten. Auch bekommt man ſo einen ſehr richti- gen Maßſtab für ihre Gedächtnißkraft, wie für ihren Bemerkungsgeiſt. Mit Erſtaunen gewahrt man oft, daß ſie bemerkt haben, was uns faſt entgangen war, und behalten, was wir längſt wieder vergeſſen. So gern ich es aber habe, daß man noch junge Kinder bei kleinen Luſtreiſen von wenig Meilen mit ſich nehme, beſonders auch um die ängſtliche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/86
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/86>, abgerufen am 14.10.2024.