Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.sie beschmutzen wollte, läßt mich ahnen, daß ihr schöner Hang zur Reinlichkeit einmal zu stark wer- den könnte. Und deshalb bitte ich, sporn' ihn nicht zu sehr. Ueberhaupt bedürfen ja nur die schwächern Triebe zum Schönen und Guten der Anfeuerung. Die natürlich starken erheben und befestigen sich von selbst. Nur müssen sie nicht un- terdrückt, und durch lange Unterdrückung gelähmt werden. Neunter Brief. Dieß ist der neunte Brief, den ich Dir über Bei Mädchen, deren ganzes Leben nicht blos ſie beſchmutzen wollte, läßt mich ahnen, daß ihr ſchöner Hang zur Reinlichkeit einmal zu ſtark wer- den könnte. Und deshalb bitte ich, ſporn’ ihn nicht zu ſehr. Ueberhaupt bedürfen ja nur die ſchwächern Triebe zum Schönen und Guten der Anfeuerung. Die natürlich ſtarken erheben und befeſtigen ſich von ſelbſt. Nur müſſen ſie nicht un- terdrückt, und durch lange Unterdrückung gelähmt werden. Neunter Brief. Dieß iſt der neunte Brief, den ich Dir über Bei Mädchen, deren ganzes Leben nicht blos <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0072" n="58"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ſie beſchmutzen wollte, läßt mich ahnen, daß ihr<lb/> ſchöner Hang zur Reinlichkeit einmal zu ſtark wer-<lb/> den könnte. Und deshalb bitte ich, ſporn’ ihn<lb/> nicht zu ſehr. Ueberhaupt bedürfen ja nur die<lb/> ſchwächern Triebe zum Schönen und Guten der<lb/> Anfeuerung. Die natürlich ſtarken erheben und<lb/> befeſtigen ſich von ſelbſt. Nur müſſen ſie nicht un-<lb/> terdrückt, und durch lange Unterdrückung gelähmt<lb/> werden.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Neunter Brief</hi>.</head><lb/> <p>Dieß iſt der neunte Brief, den ich Dir über<lb/> Jda’s Erziehung ſchreibe, und noch war mit kei-<lb/> nem Worte vom <hi rendition="#g">Gehorſam</hi> die Rede. Sollteſt<lb/> Du hieraus ſchließen, daß ich ihn aus der ächten<lb/> Pädagogik verbannt wiſſen will? Da wäreſt Du<lb/> im Jrrthum, liebſte Emma. Selbſt bei der Kna-<lb/> benerziehung halte ich bis zu einem gewißen Alter<lb/> unbedingten Gehorſam für nothwendig.</p><lb/> <p>Bei Mädchen, deren ganzes Leben nicht blos<lb/> Gehorſam gegen die Geſetze des Rechten und Wah-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0072]
ſie beſchmutzen wollte, läßt mich ahnen, daß ihr
ſchöner Hang zur Reinlichkeit einmal zu ſtark wer-
den könnte. Und deshalb bitte ich, ſporn’ ihn
nicht zu ſehr. Ueberhaupt bedürfen ja nur die
ſchwächern Triebe zum Schönen und Guten der
Anfeuerung. Die natürlich ſtarken erheben und
befeſtigen ſich von ſelbſt. Nur müſſen ſie nicht un-
terdrückt, und durch lange Unterdrückung gelähmt
werden.
Neunter Brief.
Dieß iſt der neunte Brief, den ich Dir über
Jda’s Erziehung ſchreibe, und noch war mit kei-
nem Worte vom Gehorſam die Rede. Sollteſt
Du hieraus ſchließen, daß ich ihn aus der ächten
Pädagogik verbannt wiſſen will? Da wäreſt Du
im Jrrthum, liebſte Emma. Selbſt bei der Kna-
benerziehung halte ich bis zu einem gewißen Alter
unbedingten Gehorſam für nothwendig.
Bei Mädchen, deren ganzes Leben nicht blos
Gehorſam gegen die Geſetze des Rechten und Wah-
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