Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

zwei Mädchen sind, und daß er also doch mit ei-
nem Namen seinen Willen durchgesetzt habe.
Wäre es Knabe und Mädchen, so hättest Du
auf Hermann und Virginia bestanden. Nun
aber soll das eine Mädchen eine Russin werden,
und deshalb habe er sie Kathinka genannt.

Nun, ich bin es zufrieden. Kathinka klingt
hübsch genug. Und Virginia ist einmal mein
Schützling. Wie freue ich mich, daß Gertrud
bei Dir ist. Wie wolltest Du ohne einen solchen
Beistand in dem sehr verwickelten Verhältniß zu-
recht kommen? Gattin und sorgsame Mutter
zweier Kleinen seyn, und in der großen Welt le-
ben, und repräsentiren, das ist schwer zu verei-
nen. Aber mit Gertrud wird es gehen. Sie ist
durch die pädagogische Praxis auch zu Grund-
sätzen, oder soll ich lieber sagen, zu einem schö-
nen Jnstinkt gekommen? Und dann die wahre
Demuth, mit der sie sich helleren und sicherern
Einsichten unterwirft, ihre edle -- nicht sklavi-
sche Ergebung in den Willen, den sie für den bes-
sern erkennt -- ich kann Dir nicht sagen, wie

zwei Mädchen ſind, und daß er alſo doch mit ei-
nem Namen ſeinen Willen durchgeſetzt habe.
Wäre es Knabe und Mädchen, ſo hätteſt Du
auf Hermann und Virginia beſtanden. Nun
aber ſoll das eine Mädchen eine Ruſſin werden,
und deshalb habe er ſie Kathinka genannt.

Nun, ich bin es zufrieden. Kathinka klingt
hübſch genug. Und Virginia iſt einmal mein
Schützling. Wie freue ich mich, daß Gertrud
bei Dir iſt. Wie wollteſt Du ohne einen ſolchen
Beiſtand in dem ſehr verwickelten Verhältniß zu-
recht kommen? Gattin und ſorgſame Mutter
zweier Kleinen ſeyn, und in der großen Welt le-
ben, und repräſentiren, das iſt ſchwer zu verei-
nen. Aber mit Gertrud wird es gehen. Sie iſt
durch die pädagogiſche Praxis auch zu Grund-
ſätzen, oder ſoll ich lieber ſagen, zu einem ſchö-
nen Jnſtinkt gekommen? Und dann die wahre
Demuth, mit der ſie ſich helleren und ſicherern
Einſichten unterwirft, ihre edle — nicht ſklavi-
ſche Ergebung in den Willen, den ſie für den beſ-
ſern erkennt — ich kann Dir nicht ſagen, wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0264" n="250"/>
zwei Mädchen &#x017F;ind, und daß er al&#x017F;o doch mit ei-<lb/>
nem Namen &#x017F;einen Willen durchge&#x017F;etzt habe.<lb/>
Wäre es Knabe und Mädchen, &#x017F;o hätte&#x017F;t Du<lb/>
auf Hermann und Virginia be&#x017F;tanden. Nun<lb/>
aber &#x017F;oll das <hi rendition="#g">eine</hi> Mädchen eine Ru&#x017F;&#x017F;in werden,<lb/>
und deshalb habe er &#x017F;ie Kathinka genannt.</p><lb/>
          <p>Nun, ich bin es zufrieden. Kathinka klingt<lb/>
hüb&#x017F;ch genug. Und Virginia i&#x017F;t einmal mein<lb/>
Schützling. Wie freue ich mich, daß Gertrud<lb/>
bei Dir i&#x017F;t. Wie wollte&#x017F;t Du ohne einen &#x017F;olchen<lb/>
Bei&#x017F;tand in dem &#x017F;ehr verwickelten Verhältniß zu-<lb/>
recht kommen? Gattin und &#x017F;org&#x017F;ame Mutter<lb/>
zweier Kleinen &#x017F;eyn, und in der großen Welt le-<lb/>
ben, und reprä&#x017F;entiren, das i&#x017F;t &#x017F;chwer zu verei-<lb/>
nen. Aber mit Gertrud wird es gehen. Sie i&#x017F;t<lb/>
durch die pädagogi&#x017F;che Praxis auch zu Grund-<lb/>
&#x017F;ätzen, oder &#x017F;oll ich lieber &#x017F;agen, zu einem &#x017F;chö-<lb/>
nen Jn&#x017F;tinkt gekommen? Und dann die wahre<lb/>
Demuth, mit der &#x017F;ie &#x017F;ich helleren und &#x017F;icherern<lb/>
Ein&#x017F;ichten unterwirft, ihre edle &#x2014; nicht &#x017F;klavi-<lb/>
&#x017F;che Ergebung in den Willen, den &#x017F;ie für den be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern erkennt &#x2014; ich kann Dir nicht &#x017F;agen, wie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0264] zwei Mädchen ſind, und daß er alſo doch mit ei- nem Namen ſeinen Willen durchgeſetzt habe. Wäre es Knabe und Mädchen, ſo hätteſt Du auf Hermann und Virginia beſtanden. Nun aber ſoll das eine Mädchen eine Ruſſin werden, und deshalb habe er ſie Kathinka genannt. Nun, ich bin es zufrieden. Kathinka klingt hübſch genug. Und Virginia iſt einmal mein Schützling. Wie freue ich mich, daß Gertrud bei Dir iſt. Wie wollteſt Du ohne einen ſolchen Beiſtand in dem ſehr verwickelten Verhältniß zu- recht kommen? Gattin und ſorgſame Mutter zweier Kleinen ſeyn, und in der großen Welt le- ben, und repräſentiren, das iſt ſchwer zu verei- nen. Aber mit Gertrud wird es gehen. Sie iſt durch die pädagogiſche Praxis auch zu Grund- ſätzen, oder ſoll ich lieber ſagen, zu einem ſchö- nen Jnſtinkt gekommen? Und dann die wahre Demuth, mit der ſie ſich helleren und ſicherern Einſichten unterwirft, ihre edle — nicht ſklavi- ſche Ergebung in den Willen, den ſie für den beſ- ſern erkennt — ich kann Dir nicht ſagen, wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/264
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/264>, abgerufen am 01.09.2024.