Jda. Ja, beste Tante, ich muß sehr oft, ich muß jeden Tag, jede Minute.
Jch. Zum Beispiel?
Jda. Als die liebe Gertrud neulich Morgens um 2 Uhr von uns ging, und du, liebste Tante, aufbliebst, um sie abreisen zu sehen, da wollt' ich auch aufbleiben; ich sollte zu Bette gehen, aber ich bat dich so lange, bis du sagtest: nun wir wollen sehen, ob du wach bleiben kannst. Jch sagte, das könnt' ich gewiß. Um 10 Uhr war ich schon müde; ich plauderte immer fort mit Gertrud, da- mit ich munter würde. Nach 10 Uhr nickte ich im- mer ein; da wollte ich Klavierspielen, dann wollte ich stricken, aber das half alles nichts. Jch mußte schlafen. Und als mir um 2 Uhr Gertrud noch einmal Adieu sagte, konnte sie mich kaum wach bringen. Und so ist es mir oft schon gegangen.
Jch. Clärchen, gib uns auch ein Beispiel vom Müssen.
Cl. Als ich neulich von Hause reis'te, wollte ich ganz lustig und froh seyn, weil ich ja selbst
Jda. Ja, beſte Tante, ich muß ſehr oft, ich muß jeden Tag, jede Minute.
Jch. Zum Beiſpiel?
Jda. Als die liebe Gertrud neulich Morgens um 2 Uhr von uns ging, und du, liebſte Tante, aufbliebſt, um ſie abreiſen zu ſehen, da wollt’ ich auch aufbleiben; ich ſollte zu Bette gehen, aber ich bat dich ſo lange, bis du ſagteſt: nun wir wollen ſehen, ob du wach bleiben kannſt. Jch ſagte, das könnt’ ich gewiß. Um 10 Uhr war ich ſchon müde; ich plauderte immer fort mit Gertrud, da- mit ich munter würde. Nach 10 Uhr nickte ich im- mer ein; da wollte ich Klavierſpielen, dann wollte ich ſtricken, aber das half alles nichts. Jch mußte ſchlafen. Und als mir um 2 Uhr Gertrud noch einmal Adieu ſagte, konnte ſie mich kaum wach bringen. Und ſo iſt es mir oft ſchon gegangen.
Jch. Clärchen, gib uns auch ein Beiſpiel vom Müſſen.
Cl. Als ich neulich von Hauſe reiſ’te, wollte ich ganz luſtig und froh ſeyn, weil ich ja ſelbſt
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Jda. Ja, beſte Tante, ich muß ſehr oft, ich
muß jeden Tag, jede Minute.
Jch. Zum Beiſpiel?
Jda. Als die liebe Gertrud neulich Morgens
um 2 Uhr von uns ging, und du, liebſte Tante,
aufbliebſt, um ſie abreiſen zu ſehen, da wollt’ ich
auch aufbleiben; ich ſollte zu Bette gehen, aber ich
bat dich ſo lange, bis du ſagteſt: nun wir wollen
ſehen, ob du wach bleiben kannſt. Jch ſagte,
das könnt’ ich gewiß. Um 10 Uhr war ich ſchon
müde; ich plauderte immer fort mit Gertrud, da-
mit ich munter würde. Nach 10 Uhr nickte ich im-
mer ein; da wollte ich Klavierſpielen, dann wollte
ich ſtricken, aber das half alles nichts. Jch mußte
ſchlafen. Und als mir um 2 Uhr Gertrud noch
einmal Adieu ſagte, konnte ſie mich kaum wach
bringen. Und ſo iſt es mir oft ſchon gegangen.
Jch. Clärchen, gib uns auch ein Beiſpiel vom
Müſſen.
Cl. Als ich neulich von Hauſe reiſ’te, wollte
ich ganz luſtig und froh ſeyn, weil ich ja ſelbſt
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/259>, abgerufen am 25.11.2024.
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