Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

festzuhalten, bis wir sie verstehen; und wenn wir
sie verstanden, so lange üben, bis wir sie selbst
machen können.

Jch. Nun, das ist schon gut. (zu Mathilde)
Sage du uns doch, Mathilde, ist Sollen und
Müssen einerlei?

Mathilde. Nein, Tante Selma, das ist
nicht einerlei, wie es mir scheint.

Jch. Wie unterscheidest du das? Wenn's nicht
einerlei ist, muß es ja zu unterscheiden seyn.

Mathilde. Ja, den Unterschied weiß ich
nicht.

Jch. Nun so erkläre uns, was jedes von bei-
den heiße; dann gibt es sich mit dem Unterschied
von selbst. Oder meynst du nicht?

Mathilde. Das Müssen werde ich wohl er-
klären können, aber mit dem Sollen komme ich
gewiß nicht zurecht.

Jch. Laß du uns hören, was Müssen heiße;

feſtzuhalten, bis wir ſie verſtehen; und wenn wir
ſie verſtanden, ſo lange üben, bis wir ſie ſelbſt
machen können.

Jch. Nun, das iſt ſchon gut. (zu Mathilde)
Sage du uns doch, Mathilde, iſt Sollen und
Müſſen einerlei?

Mathilde. Nein, Tante Selma, das iſt
nicht einerlei, wie es mir ſcheint.

Jch. Wie unterſcheideſt du das? Wenn’s nicht
einerlei iſt, muß es ja zu unterſcheiden ſeyn.

Mathilde. Ja, den Unterſchied weiß ich
nicht.

Jch. Nun ſo erkläre uns, was jedes von bei-
den heiße; dann gibt es ſich mit dem Unterſchied
von ſelbſt. Oder meynſt du nicht?

Mathilde. Das Müſſen werde ich wohl er-
klären können, aber mit dem Sollen komme ich
gewiß nicht zurecht.

Jch. Laß du uns hören, was Müſſen heiße;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0257" n="243"/>
fe&#x017F;tzuhalten, bis wir &#x017F;ie ver&#x017F;tehen; und wenn wir<lb/>
&#x017F;ie ver&#x017F;tanden, &#x017F;o lange üben, bis wir &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
machen können.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Nun, das i&#x017F;t &#x017F;chon gut. (zu Mathilde)<lb/>
Sage du uns doch, Mathilde, i&#x017F;t Sollen und<lb/>&#x017F;&#x017F;en einerlei?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Mathilde</hi>. Nein, Tante Selma, das i&#x017F;t<lb/>
nicht einerlei, wie es mir &#x017F;cheint.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Wie unter&#x017F;cheide&#x017F;t du das? Wenn&#x2019;s nicht<lb/>
einerlei i&#x017F;t, muß es ja zu unter&#x017F;cheiden &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Mathilde</hi>. Ja, den Unter&#x017F;chied weiß ich<lb/>
nicht.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Nun &#x017F;o erkläre uns, was jedes von bei-<lb/>
den heiße; dann gibt es &#x017F;ich mit dem Unter&#x017F;chied<lb/>
von &#x017F;elb&#x017F;t. Oder meyn&#x017F;t du nicht?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Mathilde</hi>. Das Mü&#x017F;&#x017F;en werde ich wohl er-<lb/>
klären können, aber mit dem Sollen komme ich<lb/>
gewiß nicht zurecht.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Laß du uns hören, was Mü&#x017F;&#x017F;en heiße;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0257] feſtzuhalten, bis wir ſie verſtehen; und wenn wir ſie verſtanden, ſo lange üben, bis wir ſie ſelbſt machen können. Jch. Nun, das iſt ſchon gut. (zu Mathilde) Sage du uns doch, Mathilde, iſt Sollen und Müſſen einerlei? Mathilde. Nein, Tante Selma, das iſt nicht einerlei, wie es mir ſcheint. Jch. Wie unterſcheideſt du das? Wenn’s nicht einerlei iſt, muß es ja zu unterſcheiden ſeyn. Mathilde. Ja, den Unterſchied weiß ich nicht. Jch. Nun ſo erkläre uns, was jedes von bei- den heiße; dann gibt es ſich mit dem Unterſchied von ſelbſt. Oder meynſt du nicht? Mathilde. Das Müſſen werde ich wohl er- klären können, aber mit dem Sollen komme ich gewiß nicht zurecht. Jch. Laß du uns hören, was Müſſen heiße;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/257
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/257>, abgerufen am 22.11.2024.