Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite
Drei und zwanzigster Brief.

Du bist meinen Wünschen so günstig entgegen
gekommen, hast mich endlich mit den Nachrichten
erfreut, die mir von allem, was Du nur sagen
könntest, das Willkommenste, Beste sind. So
hat Dein liebes Herz sich denn wirklich ganz be-
ruhigt über die harte Trennung, und Du bist
wieder glücklich mit Deinem D*? und billigst al-
les, was mit den Kindern geschieht? Nun, es
sollen auch Deine leisesten Wünsche in Rücksicht
auf sie respectirt werden. Groß finde ich es von
Dir, daß Du mich um Jda's Liebe nicht benei-
dest. Oft fürchtete ich, wenn es in meinen Brie-
fen zu hell durchschien, wie sehr Jda an mir
hängt, es könne Dein Herz betrüben; aber nein,
das kann es nicht. Sie liebt in uns beiden nur
die Mutter. Die nahe und die ferne Mutter
schmelzen bei ihr wie in ein Wesen zusammen.
Und es muß Dir ja lieb seyn, wenn Du wahr-
nimmst, wie des Kindes Wesen so ganz offen
vor mir liegt. Daß ihre Entwickelung so herr-
lich gedeiht, das mußt Du mir nicht hoch anrech-

Drei und zwanzigſter Brief.

Du biſt meinen Wünſchen ſo günſtig entgegen
gekommen, haſt mich endlich mit den Nachrichten
erfreut, die mir von allem, was Du nur ſagen
könnteſt, das Willkommenſte, Beſte ſind. So
hat Dein liebes Herz ſich denn wirklich ganz be-
ruhigt über die harte Trennung, und Du biſt
wieder glücklich mit Deinem D*? und billigſt al-
les, was mit den Kindern geſchieht? Nun, es
ſollen auch Deine leiſeſten Wünſche in Rückſicht
auf ſie reſpectirt werden. Groß finde ich es von
Dir, daß Du mich um Jda’s Liebe nicht benei-
deſt. Oft fürchtete ich, wenn es in meinen Brie-
fen zu hell durchſchien, wie ſehr Jda an mir
hängt, es könne Dein Herz betrüben; aber nein,
das kann es nicht. Sie liebt in uns beiden nur
die Mutter. Die nahe und die ferne Mutter
ſchmelzen bei ihr wie in ein Weſen zuſammen.
Und es muß Dir ja lieb ſeyn, wenn Du wahr-
nimmſt, wie des Kindes Weſen ſo ganz offen
vor mir liegt. Daß ihre Entwickelung ſo herr-
lich gedeiht, das mußt Du mir nicht hoch anrech-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0209" n="195"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Drei und zwanzig&#x017F;ter Brief</hi>.</head><lb/>
          <p>Du bi&#x017F;t meinen Wün&#x017F;chen &#x017F;o gün&#x017F;tig entgegen<lb/>
gekommen, ha&#x017F;t mich endlich mit den Nachrichten<lb/>
erfreut, die mir von allem, was Du nur &#x017F;agen<lb/>
könnte&#x017F;t, das Willkommen&#x017F;te, Be&#x017F;te &#x017F;ind. So<lb/>
hat Dein liebes Herz &#x017F;ich denn wirklich ganz be-<lb/>
ruhigt über die harte Trennung, und Du bi&#x017F;t<lb/>
wieder glücklich mit Deinem D*? und billig&#x017F;t al-<lb/>
les, was mit den Kindern ge&#x017F;chieht? Nun, es<lb/>
&#x017F;ollen auch Deine lei&#x017F;e&#x017F;ten Wün&#x017F;che in Rück&#x017F;icht<lb/>
auf &#x017F;ie re&#x017F;pectirt werden. Groß finde ich es von<lb/>
Dir, daß Du mich um Jda&#x2019;s Liebe nicht benei-<lb/>
de&#x017F;t. Oft fürchtete ich, wenn es in meinen Brie-<lb/>
fen zu hell durch&#x017F;chien, wie &#x017F;ehr Jda an mir<lb/>
hängt, es könne Dein Herz betrüben; aber nein,<lb/>
das kann es nicht. Sie liebt in uns beiden nur<lb/>
die Mutter. Die nahe und die ferne Mutter<lb/>
&#x017F;chmelzen bei ihr wie in <hi rendition="#g">ein</hi> We&#x017F;en zu&#x017F;ammen.<lb/>
Und es muß Dir ja lieb &#x017F;eyn, wenn Du wahr-<lb/>
nimm&#x017F;t, wie des Kindes We&#x017F;en &#x017F;o ganz offen<lb/>
vor mir liegt. Daß ihre Entwickelung &#x017F;o herr-<lb/>
lich gedeiht, das mußt Du mir nicht hoch anrech-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0209] Drei und zwanzigſter Brief. Du biſt meinen Wünſchen ſo günſtig entgegen gekommen, haſt mich endlich mit den Nachrichten erfreut, die mir von allem, was Du nur ſagen könnteſt, das Willkommenſte, Beſte ſind. So hat Dein liebes Herz ſich denn wirklich ganz be- ruhigt über die harte Trennung, und Du biſt wieder glücklich mit Deinem D*? und billigſt al- les, was mit den Kindern geſchieht? Nun, es ſollen auch Deine leiſeſten Wünſche in Rückſicht auf ſie reſpectirt werden. Groß finde ich es von Dir, daß Du mich um Jda’s Liebe nicht benei- deſt. Oft fürchtete ich, wenn es in meinen Brie- fen zu hell durchſchien, wie ſehr Jda an mir hängt, es könne Dein Herz betrüben; aber nein, das kann es nicht. Sie liebt in uns beiden nur die Mutter. Die nahe und die ferne Mutter ſchmelzen bei ihr wie in ein Weſen zuſammen. Und es muß Dir ja lieb ſeyn, wenn Du wahr- nimmſt, wie des Kindes Weſen ſo ganz offen vor mir liegt. Daß ihre Entwickelung ſo herr- lich gedeiht, das mußt Du mir nicht hoch anrech-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/209
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/209>, abgerufen am 25.11.2024.