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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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bedeutet, daß es ihm bequemer wäre, statt des
Brots das Geld nach Hause zu tragen, und das
Brot in seiner Nachbarschaft zu kaufen, wann
und wie er wolle. Der erste heißeste Enthusias-
mus für die Sache ist nun verflogen, und es
mußte ja so seyn, weil jeder erste Eindruck das
heilige Original ist, und alle wiederholten Ein-
drücke nur Kopieen sind, die immer schwächer wer-
den, je öfter sie sich wiederholen. -- Aber eine
schöne stille Freude hat sie noch immer, so oft der
Alte kommt. Wenn er sie ihr nur nicht einmal
verdirbt. Jch merke, er trinkt statt des Biers
bisweilen Brantwein. Wenn sie ihn jemals
betrunken sehen sollte -- dann wird sie ihn nicht
mehr sehen mögen.

Kannst Du, Liebe, mir von Mathildens Fa-
milienangelegenheiten nicht genauere Auskunft
verschaffen? Wenn ich die mehr kennte, würde ich
eher hinter ihren Charakter kommen. Sie ist
wirklich für ein noch nicht achtjähriges Kind seltsam
verschlossen. Mit dem Gelde muß sie etwas be-
sonderes vorhaben, was es auch sey. Sie sieht

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bedeutet, daß es ihm bequemer wäre, ſtatt des
Brots das Geld nach Hauſe zu tragen, und das
Brot in ſeiner Nachbarſchaft zu kaufen, wann
und wie er wolle. Der erſte heißeſte Enthuſias-
mus für die Sache iſt nun verflogen, und es
mußte ja ſo ſeyn, weil jeder erſte Eindruck das
heilige Original iſt, und alle wiederholten Ein-
drücke nur Kopieen ſind, die immer ſchwächer wer-
den, je öfter ſie ſich wiederholen. — Aber eine
ſchöne ſtille Freude hat ſie noch immer, ſo oft der
Alte kommt. Wenn er ſie ihr nur nicht einmal
verdirbt. Jch merke, er trinkt ſtatt des Biers
bisweilen Brantwein. Wenn ſie ihn jemals
betrunken ſehen ſollte — dann wird ſie ihn nicht
mehr ſehen mögen.

Kannſt Du, Liebe, mir von Mathildens Fa-
milienangelegenheiten nicht genauere Auskunft
verſchaffen? Wenn ich die mehr kennte, würde ich
eher hinter ihren Charakter kommen. Sie iſt
wirklich für ein noch nicht achtjähriges Kind ſeltſam
verſchloſſen. Mit dem Gelde muß ſie etwas be-
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[161/0175] bedeutet, daß es ihm bequemer wäre, ſtatt des Brots das Geld nach Hauſe zu tragen, und das Brot in ſeiner Nachbarſchaft zu kaufen, wann und wie er wolle. Der erſte heißeſte Enthuſias- mus für die Sache iſt nun verflogen, und es mußte ja ſo ſeyn, weil jeder erſte Eindruck das heilige Original iſt, und alle wiederholten Ein- drücke nur Kopieen ſind, die immer ſchwächer wer- den, je öfter ſie ſich wiederholen. — Aber eine ſchöne ſtille Freude hat ſie noch immer, ſo oft der Alte kommt. Wenn er ſie ihr nur nicht einmal verdirbt. Jch merke, er trinkt ſtatt des Biers bisweilen Brantwein. Wenn ſie ihn jemals betrunken ſehen ſollte — dann wird ſie ihn nicht mehr ſehen mögen. Kannſt Du, Liebe, mir von Mathildens Fa- milienangelegenheiten nicht genauere Auskunft verſchaffen? Wenn ich die mehr kennte, würde ich eher hinter ihren Charakter kommen. Sie iſt wirklich für ein noch nicht achtjähriges Kind ſeltſam verſchloſſen. Mit dem Gelde muß ſie etwas be- ſonderes vorhaben, was es auch ſey. Sie ſieht (21)

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/175>, abgerufen am 05.10.2024.