Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.
mit der Besonderheit, dass die Schüler immer gleich zu Lehrern
werden, dann in der nächst höheren Schule als Schüler ein-
treten, daselbst assimilirt, lehren und zur nächst höheren Schule
als Schüler übergehen. Der Lehrer ist hier dem Schüler wohl
immer nur um ein weniges voraus. Im Ganzen dasselbe findet
bei unseren Schulen auch statt, aber das Räthsel in der Ent-
wicklung des Eies ist, wodurch und wie sich aus den ursprüng-
lichen Statuten der Elementarschule von selber nach einander
die der Volksschule, des Gymnasiums und der Universität ent-
wickeln. Ganz abgesehen von der Frage, wie die Einwirkung
der Statuten auf die Lehrer stattfindet, indem wir annehmen,
dass die Materie des Eies in ihrer chemischen Constitution bereits
die geschulten Lehrer der Elementarschule darstellt.

Es ist aber klar und selbstverständlich, dass es keine ein-
fachen Elementarlehrer sein können, wenn sie die Fähigkeit
haben, sich von selber zu Gymnasiallehrern weiter zu entwickeln
und ihre Schüler bereits in der nächsten Zeit ebenfalls zu Gymna-
siallehrern vorzubereiten und diese letzteren nun sich selber zu
Universitätslehrern ausbilden. Es wird von Anfang an wohl
der Elementarunterricht anders gelehrt werden, er wird schon
etwas von dem geläuterten Geiste des Gymnasiums an sich
tragen, etwa als wenn ein Gymnasiallehrer den Elementar-
unterricht giebt, und die Fähigkeit der weiteren Entwicklung
muss potentia schon vorhanden sein. Diese nothwendige Ver-
schiedenheit von vorn herein ist es, welche His und Andere
dem biogenetischen Grundgesetze von Fritz Müller
und Häckel mit Recht entgegenhalten. Unmöglich kann, wie
His hervorhebt, ein Ei, welches die chemischen Bestandtheile
zur späteren Entwickelung eines Menschen in sich trägt, in
irgend einem Stadium wirklich gleich sein einem Ei, welches
zur Entwicklung eines Vogels oder Amphibium fähig ist. Diese
nothwendige chemische Differenz kann nicht eine Zeit vollkommen

B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.
mit der Besonderheit, dass die Schüler immer gleich zu Lehrern
werden, dann in der nächst höheren Schule als Schüler ein-
treten, daselbst assimilirt, lehren und zur nächst höheren Schule
als Schüler übergehen. Der Lehrer ist hier dem Schüler wohl
immer nur um ein weniges voraus. Im Ganzen dasselbe findet
bei unseren Schulen auch statt, aber das Räthsel in der Ent-
wicklung des Eies ist, wodurch und wie sich aus den ursprüng-
lichen Statuten der Elementarschule von selber nach einander
die der Volksschule, des Gymnasiums und der Universität ent-
wickeln. Ganz abgesehen von der Frage, wie die Einwirkung
der Statuten auf die Lehrer stattfindet, indem wir annehmen,
dass die Materie des Eies in ihrer chemischen Constitution bereits
die geschulten Lehrer der Elementarschule darstellt.

Es ist aber klar und selbstverständlich, dass es keine ein-
fachen Elementarlehrer sein können, wenn sie die Fähigkeit
haben, sich von selber zu Gymnasiallehrern weiter zu entwickeln
und ihre Schüler bereits in der nächsten Zeit ebenfalls zu Gymna-
siallehrern vorzubereiten und diese letzteren nun sich selber zu
Universitätslehrern ausbilden. Es wird von Anfang an wohl
der Elementarunterricht anders gelehrt werden, er wird schon
etwas von dem geläuterten Geiste des Gymnasiums an sich
tragen, etwa als wenn ein Gymnasiallehrer den Elementar-
unterricht giebt, und die Fähigkeit der weiteren Entwicklung
muss potentia schon vorhanden sein. Diese nothwendige Ver-
schiedenheit von vorn herein ist es, welche His und Andere
dem biogenetischen Grundgesetze von Fritz Müller
und Häckel mit Recht entgegenhalten. Unmöglich kann, wie
His hervorhebt, ein Ei, welches die chemischen Bestandtheile
zur späteren Entwickelung eines Menschen in sich trägt, in
irgend einem Stadium wirklich gleich sein einem Ei, welches
zur Entwicklung eines Vogels oder Amphibium fähig ist. Diese
nothwendige chemische Differenz kann nicht eine Zeit vollkommen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0071" n="57"/><fw place="top" type="header">B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.</fw><lb/>
mit der Besonderheit, dass die Schüler immer gleich zu Lehrern<lb/>
werden, dann in der nächst höheren Schule als Schüler ein-<lb/>
treten, daselbst assimilirt, lehren und zur nächst höheren Schule<lb/>
als Schüler übergehen. Der Lehrer ist hier dem Schüler wohl<lb/>
immer nur um ein weniges voraus. Im Ganzen dasselbe findet<lb/>
bei unseren Schulen auch statt, aber das Räthsel in der Ent-<lb/>
wicklung des Eies ist, wodurch und wie sich aus den ursprüng-<lb/>
lichen Statuten der Elementarschule von selber nach einander<lb/>
die der Volksschule, des Gymnasiums und der Universität ent-<lb/>
wickeln. Ganz abgesehen von der Frage, wie die Einwirkung<lb/>
der Statuten auf die Lehrer stattfindet, indem wir annehmen,<lb/>
dass die Materie des Eies in ihrer chemischen Constitution bereits<lb/>
die geschulten Lehrer der Elementarschule darstellt.</p><lb/>
            <p>Es ist aber klar und selbstverständlich, dass es keine ein-<lb/>
fachen Elementarlehrer sein können, wenn sie die Fähigkeit<lb/>
haben, sich von selber zu Gymnasiallehrern weiter zu entwickeln<lb/>
und ihre Schüler bereits in der nächsten Zeit ebenfalls zu Gymna-<lb/>
siallehrern vorzubereiten und diese letzteren nun sich selber zu<lb/>
Universitätslehrern ausbilden. Es wird von Anfang an wohl<lb/>
der Elementarunterricht anders gelehrt werden, er wird schon<lb/>
etwas von dem geläuterten Geiste des Gymnasiums an sich<lb/>
tragen, etwa als wenn ein Gymnasiallehrer den Elementar-<lb/>
unterricht giebt, und die Fähigkeit der weiteren Entwicklung<lb/>
muss potentia schon vorhanden sein. Diese nothwendige Ver-<lb/>
schiedenheit von vorn herein ist es, welche <hi rendition="#g">His</hi> und Andere<lb/>
dem <hi rendition="#g">biogenetischen Grundgesetze</hi> von <hi rendition="#g">Fritz Müller</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Häckel</hi> mit Recht entgegenhalten. Unmöglich kann, wie<lb/><hi rendition="#g">His</hi> hervorhebt, ein Ei, welches die chemischen Bestandtheile<lb/>
zur späteren Entwickelung eines Menschen in sich trägt, in<lb/>
irgend einem Stadium wirklich gleich sein einem Ei, welches<lb/>
zur Entwicklung eines Vogels oder Amphibium fähig ist. Diese<lb/>
nothwendige chemische Differenz kann nicht eine Zeit vollkommen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0071] B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung. mit der Besonderheit, dass die Schüler immer gleich zu Lehrern werden, dann in der nächst höheren Schule als Schüler ein- treten, daselbst assimilirt, lehren und zur nächst höheren Schule als Schüler übergehen. Der Lehrer ist hier dem Schüler wohl immer nur um ein weniges voraus. Im Ganzen dasselbe findet bei unseren Schulen auch statt, aber das Räthsel in der Ent- wicklung des Eies ist, wodurch und wie sich aus den ursprüng- lichen Statuten der Elementarschule von selber nach einander die der Volksschule, des Gymnasiums und der Universität ent- wickeln. Ganz abgesehen von der Frage, wie die Einwirkung der Statuten auf die Lehrer stattfindet, indem wir annehmen, dass die Materie des Eies in ihrer chemischen Constitution bereits die geschulten Lehrer der Elementarschule darstellt. Es ist aber klar und selbstverständlich, dass es keine ein- fachen Elementarlehrer sein können, wenn sie die Fähigkeit haben, sich von selber zu Gymnasiallehrern weiter zu entwickeln und ihre Schüler bereits in der nächsten Zeit ebenfalls zu Gymna- siallehrern vorzubereiten und diese letzteren nun sich selber zu Universitätslehrern ausbilden. Es wird von Anfang an wohl der Elementarunterricht anders gelehrt werden, er wird schon etwas von dem geläuterten Geiste des Gymnasiums an sich tragen, etwa als wenn ein Gymnasiallehrer den Elementar- unterricht giebt, und die Fähigkeit der weiteren Entwicklung muss potentia schon vorhanden sein. Diese nothwendige Ver- schiedenheit von vorn herein ist es, welche His und Andere dem biogenetischen Grundgesetze von Fritz Müller und Häckel mit Recht entgegenhalten. Unmöglich kann, wie His hervorhebt, ein Ei, welches die chemischen Bestandtheile zur späteren Entwickelung eines Menschen in sich trägt, in irgend einem Stadium wirklich gleich sein einem Ei, welches zur Entwicklung eines Vogels oder Amphibium fähig ist. Diese nothwendige chemische Differenz kann nicht eine Zeit vollkommen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/71
Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/71>, abgerufen am 02.05.2024.