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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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Der Capitain P - - r,
weil er sie für ein Gespenst hielte, welches gesandt
wäre, ihn wegen seines sündlichen Extra-Gehens
zu bestraffen; woferne nicht die Furcht, sich verra-
then zu sehen, diese andern föchterlichen Einbildun-
gen überwogen hätte; Ja, sie gab ihm bald zu ver-
stehen, daß sie kein verdammter Geist oder teuffeli-
sche Bethörung wäre, indem sie mit einer leisen, aber
zornigen Stimme sagte: O! Herr! hab ich
euch gefangen? Sind dieses die Früchte
eurer Verheissungen und Eyd-Schwüh-
re? Kan der Strohm euerer so offt an-
gepriesenen Liebe so bald in einen andern

Canal lauffen? O falscher! O meyneidi-
ger Mensch! Diejenige so geschwind zu
verlassen, über deren
Affection eure Arg-
listigkeit einen so vollkommenen Sieg er-
halten.

Er gedachte anfangs, sein Weib hätte ihn ge-
fangen, und fieng an, sich zu entschuldigen und aufs
demüthigste um Verzeihung zu bitten; Da aber
J - - fortfuhre, ihm seine Treulosigkeit aufzurücken,
daß er, bey dem höchsten Grad ihrer Hoffnung, das
heimtückische Stückgen an ihr begangen, und sich
eine Neben-Inclination zugeleget, erkannte er ih-
re Sprache, (denn die Hände waren Esaus
Hände, aber die Stimme war Jacobs Stimme)
und weil er merckte, was sie hierzu verleitet, ver-
schwandt seine Furcht, und machte er ihr glaubend,

als

Der Capitain P ‒ ‒ r,
weil er ſie fuͤr ein Geſpenſt hielte, welches geſandt
waͤre, ihn wegen ſeines ſuͤndlichen Extra-Gehens
zu beſtraffen; woferne nicht die Furcht, ſich verra-
then zu ſehen, dieſe andern foͤchterlichen Einbildun-
gen uͤberwogen haͤtte; Ja, ſie gab ihm bald zu ver-
ſtehen, daß ſie kein verdammter Geiſt oder teuffeli-
ſche Bethoͤrung waͤre, indem ſie mit einer leiſen, aber
zornigen Stimme ſagte: O! Herr! hab ich
euch gefangen? Sind dieſes die Fruͤchte
eurer Verheiſſungen und Eyd-Schwuͤh-
re? Kan der Strohm euerer ſo offt an-
geprieſenen Liebe ſo bald in einen andern

Canal lauffen? O falſcher! O meyneidi-
ger Menſch! Diejenige ſo geſchwind zu
verlaſſen, uͤber deren
Affection eure Arg-
liſtigkeit einen ſo vollkommenen Sieg er-
halten.

Er gedachte anfangs, ſein Weib haͤtte ihn ge-
fangen, und fieng an, ſich zu entſchuldigen und aufs
demuͤthigſte um Verzeihung zu bitten; Da aber
J ‒ ‒ fortfuhre, ihm ſeine Treuloſigkeit aufzuruͤcken,
daß er, bey dem hoͤchſten Grad ihrer Hoffnung, das
heimtuͤckiſche Stuͤckgen an ihr begangen, und ſich
eine Neben-Inclination zugeleget, erkannte er ih-
re Sprache, (denn die Haͤnde waren Eſaus
Haͤnde, aber die Stimme war Jacobs Stimme)
und weil er merckte, was ſie hierzu verleitet, ver-
ſchwandt ſeine Furcht, und machte er ihr glaubend,

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[516/0536] Der Capitain P ‒ ‒ r, weil er ſie fuͤr ein Geſpenſt hielte, welches geſandt waͤre, ihn wegen ſeines ſuͤndlichen Extra-Gehens zu beſtraffen; woferne nicht die Furcht, ſich verra- then zu ſehen, dieſe andern foͤchterlichen Einbildun- gen uͤberwogen haͤtte; Ja, ſie gab ihm bald zu ver- ſtehen, daß ſie kein verdammter Geiſt oder teuffeli- ſche Bethoͤrung waͤre, indem ſie mit einer leiſen, aber zornigen Stimme ſagte: O! Herr! hab ich euch gefangen? Sind dieſes die Fruͤchte eurer Verheiſſungen und Eyd-Schwuͤh- re? Kan der Strohm euerer ſo offt an- geprieſenen Liebe ſo bald in einen andern Canal lauffen? O falſcher! O meyneidi- ger Menſch! Diejenige ſo geſchwind zu verlaſſen, uͤber deren Affection eure Arg- liſtigkeit einen ſo vollkommenen Sieg er- halten. Er gedachte anfangs, ſein Weib haͤtte ihn ge- fangen, und fieng an, ſich zu entſchuldigen und aufs demuͤthigſte um Verzeihung zu bitten; Da aber J ‒ ‒ fortfuhre, ihm ſeine Treuloſigkeit aufzuruͤcken, daß er, bey dem hoͤchſten Grad ihrer Hoffnung, das heimtuͤckiſche Stuͤckgen an ihr begangen, und ſich eine Neben-Inclination zugeleget, erkannte er ih- re Sprache, (denn die Haͤnde waren Eſaus Haͤnde, aber die Stimme war Jacobs Stimme) und weil er merckte, was ſie hierzu verleitet, ver- ſchwandt ſeine Furcht, und machte er ihr glaubend, als

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/536>, abgerufen am 23.11.2024.