brauchte, dem jungen Mann aber in Vertheidi- gung seines Weibes durch das Hertz schoß; Die trostlose Wittwe wurde alsdann in ein ohnweit da- von gelegenes Feld geschleppet und daselbst geschän- det, die Thäter aber flohen nach diesem barbarischen Strassen- und Ehren-Raub nach Holland.
Frau Latch reisete nach Hause zu ihren Eltern, welche wegen des Verlusts, den ihre Tochter so wohl am Mann als Ehre erlitten, nach einem Mo- nate für Hertzeleid den Geist aufgaben. Und weil sie der Sohn, ihr Bruder, auch kaum über die Ach- sel ansahe, begab sie sich nach London, ihr Glücke daselbst zu suchen; Da sie es aber nicht anders fin- den kunnte, verleitete sie die Noth und Verführun- gen eines Schiff-Lieutenants zur Vertände- lung ihrer Ehe: Denn, weil ihr derselbe grosse Pro- messen thate, sie als eine vornehme Dame, so lan- ge biß sie der Tod von einander schiede, zu halten, griffe sie mit beyden Händen nach einem solchen ver- meynten Glücke; So bald er aber seine Lust gebüs- set, ließ er die arme Hure im Elend sitzen. Nun logirte sie nachmals in einem Hause, worinnen Monsr. Alexander Oldys, ein Poet, wohnte, der seiner scheußlichen Gestalt wegen, welche des Thersitis oder AEsopi seiner nicht viel nachgab, gar wohl bekannt ist; Dieser vernarrte sich mit sei- ner lahmen Muse dergestalt in ihre Schönheit, daß er alle Kunst aus seinem Verse-Kasten hervor
such-
Herr Oldys, der Poët,
brauchte, dem jungen Mann aber in Vertheidi- gung ſeines Weibes durch das Hertz ſchoß; Die troſtloſe Wittwe wurde alsdann in ein ohnweit da- von gelegenes Feld geſchleppet und daſelbſt geſchaͤn- det, die Thaͤter aber flohen nach dieſem barbariſchen Straſſen- und Ehren-Raub nach Holland.
Frau Latch reiſete nach Hauſe zu ihren Eltern, welche wegen des Verluſts, den ihre Tochter ſo wohl am Mann als Ehre erlitten, nach einem Mo- nate fuͤr Hertzeleid den Geiſt aufgaben. Und weil ſie der Sohn, ihr Bruder, auch kaum uͤber die Ach- ſel anſahe, begab ſie ſich nach London, ihr Gluͤcke daſelbſt zu ſuchen; Da ſie es aber nicht anders fin- den kunnte, verleitete ſie die Noth und Verfuͤhrun- gen eines Schiff-Lieutenants zur Vertaͤnde- lung ihrer Ehe: Denn, weil ihr derſelbe groſſe Pro- meſſen thate, ſie als eine vornehme Dame, ſo lan- ge biß ſie der Tod von einander ſchiede, zu halten, griffe ſie mit beyden Haͤnden nach einem ſolchen ver- meynten Gluͤcke; So bald er aber ſeine Luſt gebuͤſ- ſet, ließ er die arme Hure im Elend ſitzen. Nun logirte ſie nachmals in einem Hauſe, worinnen Monſr. Alexander Oldys, ein Poët, wohnte, der ſeiner ſcheußlichen Geſtalt wegen, welche des Therſitis oder Æſopi ſeiner nicht viel nachgab, gar wohl bekannt iſt; Dieſer vernarrte ſich mit ſei- ner lahmen Muſe dergeſtalt in ihre Schoͤnheit, daß er alle Kunſt aus ſeinem Verſe-Kaſten hervor
ſuch-
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Herr Oldys, der Poët,
brauchte, dem jungen Mann aber in Vertheidi-
gung ſeines Weibes durch das Hertz ſchoß; Die
troſtloſe Wittwe wurde alsdann in ein ohnweit da-
von gelegenes Feld geſchleppet und daſelbſt geſchaͤn-
det, die Thaͤter aber flohen nach dieſem barbariſchen
Straſſen- und Ehren-Raub nach Holland.
Frau Latch reiſete nach Hauſe zu ihren Eltern,
welche wegen des Verluſts, den ihre Tochter ſo
wohl am Mann als Ehre erlitten, nach einem Mo-
nate fuͤr Hertzeleid den Geiſt aufgaben. Und weil
ſie der Sohn, ihr Bruder, auch kaum uͤber die Ach-
ſel anſahe, begab ſie ſich nach London, ihr Gluͤcke
daſelbſt zu ſuchen; Da ſie es aber nicht anders fin-
den kunnte, verleitete ſie die Noth und Verfuͤhrun-
gen eines Schiff-Lieutenants zur Vertaͤnde-
lung ihrer Ehe: Denn, weil ihr derſelbe groſſe Pro-
meſſen thate, ſie als eine vornehme Dame, ſo lan-
ge biß ſie der Tod von einander ſchiede, zu halten,
griffe ſie mit beyden Haͤnden nach einem ſolchen ver-
meynten Gluͤcke; So bald er aber ſeine Luſt gebuͤſ-
ſet, ließ er die arme Hure im Elend ſitzen. Nun
logirte ſie nachmals in einem Hauſe, worinnen
Monſr. Alexander Oldys, ein Poët, wohnte,
der ſeiner ſcheußlichen Geſtalt wegen, welche des
Therſitis oder Æſopi ſeiner nicht viel nachgab,
gar wohl bekannt iſt; Dieſer vernarrte ſich mit ſei-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/514>, abgerufen am 22.11.2024.
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