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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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und Madame Latch.
ren, daß sie in vielen Tagen keine Sonne zu sehen
bekam. Hierüber wurde der Ritter immer wahn-
witziger, und schiene einem Menschen, der weder
Vernunfft noch Verstand besitzet, gleich zu seyn:
Und dieses entzündete sein Geblüte dermassen, daß
er in ein hefftiges Fieber fiel, welches ihn so gewalt-
sam angriff, daß die Medici an seiner Genesung
zweiffelten: Er wütete und tobte in einem Stücke
hinweg, und ruffte recht erbärmlich nach seinem ge-
liebten Margarethgen, ausser deren Gegenwart
ihn nichts besänfftigen kunnte. Die verständige
Mutter fande sich wegen dieses Unsterns grausam
betroffen, und kunnte ohne Hertz- brechendem
Schmertz nicht an den Verlust ihres ältesten Soh-
nes, den sie für den Haupt-Pfeiler ihres Hauses
hielte, gedencken. Sie wuste die Ursache seiner
Kranckheit gar wohl: Und weil sie besorgte, Wi-
dersprechung dörffte nur übel ärger machen, beschloß
sie, mit ihm zu verfahren, wie man mit Mondsüchti-
gen pfleget, deren Fantaisien, wenn sie auch noch
so ausschweiffend, man sich niemals mit Gewalt
widersetzen darff: Also muste sie sich nur nach und
nach in seinen närrischen Humeur schicken lernen,
und ihm versprechen, daß, so bald er wieder gesund
sey, er Margarethgen zum ehlichen Gemahl haben
sollte. So offt ihm demnach der Raptus an-
kam, liesse sie diese Dirne alsbald zu ihn holen; Aber
an statt seine Gesundheit zu befördern, fiel er über

ihrem
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und Madame Latch.
ren, daß ſie in vielen Tagen keine Sonne zu ſehen
bekam. Hieruͤber wurde der Ritter immer wahn-
witziger, und ſchiene einem Menſchen, der weder
Vernunfft noch Verſtand beſitzet, gleich zu ſeyn:
Und dieſes entzuͤndete ſein Gebluͤte dermaſſen, daß
er in ein hefftiges Fieber fiel, welches ihn ſo gewalt-
ſam angriff, daß die Medici an ſeiner Geneſung
zweiffelten: Er wuͤtete und tobte in einem Stuͤcke
hinweg, und ruffte recht erbaͤrmlich nach ſeinem ge-
liebten Margarethgen, auſſer deren Gegenwart
ihn nichts beſaͤnfftigen kunnte. Die verſtaͤndige
Mutter fande ſich wegen dieſes Unſterns grauſam
betroffen, und kunnte ohne Hertz- brechendem
Schmertz nicht an den Verluſt ihres aͤlteſten Soh-
nes, den ſie fuͤr den Haupt-Pfeiler ihres Hauſes
hielte, gedencken. Sie wuſte die Urſache ſeiner
Kranckheit gar wohl: Und weil ſie beſorgte, Wi-
derſprechung doͤrffte nur uͤbel aͤrger machen, beſchloß
ſie, mit ihm zu verfahren, wie man mit Mondſuͤchti-
gen pfleget, deren Fantaiſien, wenn ſie auch noch
ſo ausſchweiffend, man ſich niemals mit Gewalt
widerſetzen darff: Alſo muſte ſie ſich nur nach und
nach in ſeinen naͤrriſchen Humeur ſchicken lernen,
und ihm verſprechen, daß, ſo bald er wieder geſund
ſey, er Margarethgen zum ehlichen Gemahl haben
ſollte. So offt ihm demnach der Raptus an-
kam, lieſſe ſie dieſe Dirne alsbald zu ihn holen; Aber
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ihrem
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[487/0507] und Madame Latch. ren, daß ſie in vielen Tagen keine Sonne zu ſehen bekam. Hieruͤber wurde der Ritter immer wahn- witziger, und ſchiene einem Menſchen, der weder Vernunfft noch Verſtand beſitzet, gleich zu ſeyn: Und dieſes entzuͤndete ſein Gebluͤte dermaſſen, daß er in ein hefftiges Fieber fiel, welches ihn ſo gewalt- ſam angriff, daß die Medici an ſeiner Geneſung zweiffelten: Er wuͤtete und tobte in einem Stuͤcke hinweg, und ruffte recht erbaͤrmlich nach ſeinem ge- liebten Margarethgen, auſſer deren Gegenwart ihn nichts beſaͤnfftigen kunnte. Die verſtaͤndige Mutter fande ſich wegen dieſes Unſterns grauſam betroffen, und kunnte ohne Hertz- brechendem Schmertz nicht an den Verluſt ihres aͤlteſten Soh- nes, den ſie fuͤr den Haupt-Pfeiler ihres Hauſes hielte, gedencken. Sie wuſte die Urſache ſeiner Kranckheit gar wohl: Und weil ſie beſorgte, Wi- derſprechung doͤrffte nur uͤbel aͤrger machen, beſchloß ſie, mit ihm zu verfahren, wie man mit Mondſuͤchti- gen pfleget, deren Fantaiſien, wenn ſie auch noch ſo ausſchweiffend, man ſich niemals mit Gewalt widerſetzen darff: Alſo muſte ſie ſich nur nach und nach in ſeinen naͤrriſchen Humeur ſchicken lernen, und ihm verſprechen, daß, ſo bald er wieder geſund ſey, er Margarethgen zum ehlichen Gemahl haben ſollte. So offt ihm demnach der Raptus an- kam, lieſſe ſie dieſe Dirne alsbald zu ihn holen; Aber an ſtatt ſeine Geſundheit zu befoͤrdern, fiel er uͤber ihrem H h 4

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/507>, abgerufen am 22.11.2024.