fähig war, ihn in Staub zu zermalmen: Wisset mein Herr, daß ich zornig auf mich selb- sten bin, weil ich die Gedult gehabt, euch so lange reden zu lassen; Nachdem mich aber die Seltsamkeit eures Anbringens in Erstaunen gesetzet, bin ich gleichsam gäntzlich darüber verstummet. Aber ich verlasse euch, und gebiethe euch ernstlich, auf ewig kein Wort wieder mit mir zu reden! Mit diesen Donner-Worten, so von einem grimmigen Augen-Blitz begleitet wurden, flohe sie eiligst zum Zimmer hinaus, und hinterließ ihn un- ter den allergrausamsten Martern, die ihm Zeit Le- bens betroffen hatten. Er stürmete und rassete, und fluchete, biß ihn seine Wuth endlich verleitete, daß er gewaltsame Hände an sich selbsten legte, und sich seinen Degen durch das Hertz rennete. O er- schreckliche Würckungen der Liebe! Diese Leiden- schafft herrschet mit einer so unüberwindlichen Macht über unsere Hertzen, daß uns nichts, als sie selbsten, übrig gelassen ist, solche zu besiegen: Und wir sehen, wie die tapffersten Helden ihre Schwach- heit in dieser Gemüths-Neigung, nicht weniger, als der geringste Bauersmann, bloß geben.
Hierauf stattete die Königin eine Visite bey ihr ab, welche zu ihrer Kammer hinein getreten kam, als sie eben im Begriff war zu Bette zu gehen: Sie hatte einen entblößten Dolch in der Hand, des
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und Koͤnig Henricus II.
faͤhig war, ihn in Staub zu zermalmen: Wiſſet mein Herr, daß ich zornig auf mich ſelb- ſten bin, weil ich die Gedult gehabt, euch ſo lange reden zu laſſen; Nachdem mich aber die Seltſamkeit eures Anbringens in Erſtaunen geſetzet, bin ich gleichſam gaͤntzlich daruͤber verſtummet. Aber ich verlaſſe euch, und gebiethe euch ernſtlich, auf ewig kein Wort wieder mit mir zu reden! Mit dieſen Donner-Worten, ſo von einem grimmigen Augen-Blitz begleitet wurden, flohe ſie eiligſt zum Zimmer hinaus, und hinterließ ihn un- ter den allergrauſamſten Martern, die ihm Zeit Le- bens betroffen hatten. Er ſtuͤrmete und raſſete, und fluchete, biß ihn ſeine Wuth endlich verleitete, daß er gewaltſame Haͤnde an ſich ſelbſten legte, und ſich ſeinen Degen durch das Hertz rennete. O er- ſchreckliche Wuͤrckungen der Liebe! Dieſe Leiden- ſchafft herrſchet mit einer ſo unuͤberwindlichen Macht uͤber unſere Hertzen, daß uns nichts, als ſie ſelbſten, uͤbrig gelaſſen iſt, ſolche zu beſiegen: Und wir ſehen, wie die tapfferſten Helden ihre Schwach- heit in dieſer Gemuͤths-Neigung, nicht weniger, als der geringſte Bauersmann, bloß geben.
Hierauf ſtattete die Koͤnigin eine Viſite bey ihr ab, welche zu ihrer Kammer hinein getreten kam, als ſie eben im Begriff war zu Bette zu gehen: Sie hatte einen entbloͤßten Dolch in der Hand, des
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und Koͤnig Henricus II.
faͤhig war, ihn in Staub zu zermalmen: Wiſſet
mein Herr, daß ich zornig auf mich ſelb-
ſten bin, weil ich die Gedult gehabt, euch
ſo lange reden zu laſſen; Nachdem mich
aber die Seltſamkeit eures Anbringens
in Erſtaunen geſetzet, bin ich gleichſam
gaͤntzlich daruͤber verſtummet. Aber ich
verlaſſe euch, und gebiethe euch ernſtlich,
auf ewig kein Wort wieder mit mir zu
reden! Mit dieſen Donner-Worten, ſo von einem
grimmigen Augen-Blitz begleitet wurden, flohe ſie
eiligſt zum Zimmer hinaus, und hinterließ ihn un-
ter den allergrauſamſten Martern, die ihm Zeit Le-
bens betroffen hatten. Er ſtuͤrmete und raſſete, und
fluchete, biß ihn ſeine Wuth endlich verleitete, daß
er gewaltſame Haͤnde an ſich ſelbſten legte, und ſich
ſeinen Degen durch das Hertz rennete. O er-
ſchreckliche Wuͤrckungen der Liebe! Dieſe Leiden-
ſchafft herrſchet mit einer ſo unuͤberwindlichen
Macht uͤber unſere Hertzen, daß uns nichts, als ſie
ſelbſten, uͤbrig gelaſſen iſt, ſolche zu beſiegen: Und
wir ſehen, wie die tapfferſten Helden ihre Schwach-
heit in dieſer Gemuͤths-Neigung, nicht weniger, als
der geringſte Bauersmann, bloß geben.
Hierauf ſtattete die Koͤnigin eine Viſite bey ihr
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/29>, abgerufen am 16.07.2024.
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