wanderndes Lichtlein sey, welches ihn zuletzt ver- führen und in tausenderley Ungelegenheiten hinein leiten, ja, in einen Abgrund der Eyfersucht stürtzen werde; und wenn sie schon ihre Handlungen noch so vigilant und vorsichtig anstellte, so würde doch sein Alter und ihre Jugend der Welt Gelegenheit geben, ihre Ehre, sie möchte auch noch so rein und unschuldig seyn, mit Argwohn zu beflecken: Aller- massen sich eine Stirne, die ärger voller Runtzeln sey, als das lederne paar Hosen eines Heckerling- Schneiders und die Kittel der Altenburgischen Bauer-Weiber, zu dem blanck-polirten Brenn- Spiegel einer jungen liebreitzenden Dirne nimmer- mehr räume; Ja, sie sagte ihm rund heraus, daß sie nicht die geringste Neigung zu ihm tragen könnte; nun sollte er aber erwegen, ob nicht der Ehstand ohne Liebe alsdenn ein doppeltes Joch und eine gantz unerträgliche Last seyn werde.
Alleine der Doctor war taub zu diesen Reden, und liesse, zum grösten Leidwesen des ehrlichen Mägdgens, alles zu einem Ohr hinein, und zum andern wieder heraus gehen. Nun befande sich unter denen vielen Siegen, welche ihre Schönheit erhielte, und denenjenigen, so unter ihren Sclaven den nächsten Zutritt zu ihrem Estim und Gewo- genheit zu haben schienen, einer, Nahmens Caro- lus Reneuf, ein Esquire oder Ritter, ein junger artiger Herr, von einer galanten Person, der in
der
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und Carolus Reneuf, Ritter.
wanderndes Lichtlein ſey, welches ihn zuletzt ver- fuͤhren und in tauſenderley Ungelegenheiten hinein leiten, ja, in einen Abgrund der Eyferſucht ſtuͤrtzen werde; und wenn ſie ſchon ihre Handlungen noch ſo vigilant und vorſichtig anſtellte, ſo wuͤrde doch ſein Alter und ihre Jugend der Welt Gelegenheit geben, ihre Ehre, ſie moͤchte auch noch ſo rein und unſchuldig ſeyn, mit Argwohn zu beflecken: Aller- maſſen ſich eine Stirne, die aͤrger voller Runtzeln ſey, als das lederne paar Hoſen eines Heckerling- Schneiders und die Kittel der Altenburgiſchen Bauer-Weiber, zu dem blanck-polirten Brenn- Spiegel einer jungen liebreitzenden Dirne nimmer- mehr raͤume; Ja, ſie ſagte ihm rund heraus, daß ſie nicht die geringſte Neigung zu ihm tragen koͤnnte; nun ſollte er aber erwegen, ob nicht der Ehſtand ohne Liebe alsdenn ein doppeltes Joch und eine gantz unertraͤgliche Laſt ſeyn werde.
Alleine der Doctor war taub zu dieſen Reden, und lieſſe, zum groͤſten Leidweſen des ehrlichen Maͤgdgens, alles zu einem Ohr hinein, und zum andern wieder heraus gehen. Nun befande ſich unter denen vielen Siegen, welche ihre Schoͤnheit erhielte, und denenjenigen, ſo unter ihren Sclaven den naͤchſten Zutritt zu ihrem Eſtim und Gewo- genheit zu haben ſchienen, einer, Nahmens Caro- lus Reneuf, ein Eſquire oder Ritter, ein junger artiger Herr, von einer galanten Perſon, der in
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und Carolus Reneuf, Ritter.
wanderndes Lichtlein ſey, welches ihn zuletzt ver-
fuͤhren und in tauſenderley Ungelegenheiten hinein
leiten, ja, in einen Abgrund der Eyferſucht ſtuͤrtzen
werde; und wenn ſie ſchon ihre Handlungen noch
ſo vigilant und vorſichtig anſtellte, ſo wuͤrde doch
ſein Alter und ihre Jugend der Welt Gelegenheit
geben, ihre Ehre, ſie moͤchte auch noch ſo rein und
unſchuldig ſeyn, mit Argwohn zu beflecken: Aller-
maſſen ſich eine Stirne, die aͤrger voller Runtzeln
ſey, als das lederne paar Hoſen eines Heckerling-
Schneiders und die Kittel der Altenburgiſchen
Bauer-Weiber, zu dem blanck-polirten Brenn-
Spiegel einer jungen liebreitzenden Dirne nimmer-
mehr raͤume; Ja, ſie ſagte ihm rund heraus, daß
ſie nicht die geringſte Neigung zu ihm tragen koͤnnte;
nun ſollte er aber erwegen, ob nicht der Ehſtand
ohne Liebe alsdenn ein doppeltes Joch und eine
gantz unertraͤgliche Laſt ſeyn werde.
Alleine der Doctor war taub zu dieſen Reden,
und lieſſe, zum groͤſten Leidweſen des ehrlichen
Maͤgdgens, alles zu einem Ohr hinein, und zum
andern wieder heraus gehen. Nun befande ſich
unter denen vielen Siegen, welche ihre Schoͤnheit
erhielte, und denenjenigen, ſo unter ihren Sclaven
den naͤchſten Zutritt zu ihrem Eſtim und Gewo-
genheit zu haben ſchienen, einer, Nahmens Caro-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/283>, abgerufen am 16.07.2024.
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