Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Hertzog von Monmouth.
über dieses scheuete er solche hochfliegende Drachen
ärger als den Tod selbsten, als welche die Vernunfft
gefangen nehmen, und dem Volcke die Kleider aus-
ziehen, um selbige ihren Huren anzuhängen. Gleich-
wie er aber Hertzens gnug besasse, unbändige Re-
gungen eines unbändigen Weibes zu bändigen;
Also hielte er sie in extraordinair engen Schran-
cken, und bewachete sie ärger, als Argus die Jo,
oder ein Sultan seine Maitressen im Serail.
Dieses war dem Hertzog eine unaussprechliche
Marter, der das so sehnlich gewünschte Glücke, sie
zu sehen, über drey Monate nicht haben können: Er
verschlosse sich eines Tages, aus trauriger Melan-
cholie,
in sein geheimes Cabinet, und gab seinem
Kammer-Diener Befehl, keine Seele, ausgenom-
men Madame - - oder einen abgeordneten von
ihr, vor ihn zu lassen. Die Schatten fiengen an,
herein zu brechen, als man ihn benachrichtigte, wel-
cher gestalt der König etwas mit ihm zu sprechen
hätte; Weil er sich aber die Finsterniß seines Ge-
müths bey dieser Staats-Sonne zu verbergen nicht
getraute, ließ er demselben zur Antwort sagen,
er wäre nicht zu Hause: Denn man kan sich leicht-
lich einbilden, mit was für Ungedult ein Mensch
dasjenige, so er aufs zärtlichste liebet, zu sehen ver-
langet: Dahero schiene ihm ieder Augenblick ein
Tag, ieder Tag eine Woche und iede Woche ein
Jahr zu seyn. Endlich kam eine Person, gleich

einem

und der Hertzog von Monmouth.
uͤber dieſes ſcheuete er ſolche hochfliegende Drachen
aͤrger als den Tod ſelbſten, als welche die Vernunfft
gefangen nehmen, und dem Volcke die Kleider aus-
ziehen, um ſelbige ihren Huren anzuhaͤngen. Gleich-
wie er aber Hertzens gnug beſaſſe, unbaͤndige Re-
gungen eines unbaͤndigen Weibes zu baͤndigen;
Alſo hielte er ſie in extraordinair engen Schran-
cken, und bewachete ſie aͤrger, als Argus die Jo,
oder ein Sultan ſeine Maitreſſen im Serail.
Dieſes war dem Hertzog eine unausſprechliche
Marter, der das ſo ſehnlich gewuͤnſchte Gluͤcke, ſie
zu ſehen, uͤber drey Monate nicht haben koͤnnen: Er
verſchloſſe ſich eines Tages, aus trauriger Melan-
cholie,
in ſein geheimes Cabinet, und gab ſeinem
Kammer-Diener Befehl, keine Seele, ausgenom-
men Madame ‒ ‒ oder einen abgeordneten von
ihr, vor ihn zu laſſen. Die Schatten fiengen an,
herein zu brechen, als man ihn benachrichtigte, wel-
cher geſtalt der Koͤnig etwas mit ihm zu ſprechen
haͤtte; Weil er ſich aber die Finſterniß ſeines Ge-
muͤths bey dieſer Staats-Sonne zu verbergen nicht
getraute, ließ er demſelben zur Antwort ſagen,
er waͤre nicht zu Hauſe: Denn man kan ſich leicht-
lich einbilden, mit was fuͤr Ungedult ein Menſch
dasjenige, ſo er aufs zaͤrtlichſte liebet, zu ſehen ver-
langet: Dahero ſchiene ihm ieder Augenblick ein
Tag, ieder Tag eine Woche und iede Woche ein
Jahr zu ſeyn. Endlich kam eine Perſon, gleich

einem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0143" n="123"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und der Hertzog von <hi rendition="#aq">Monmouth.</hi></hi></fw><lb/>
u&#x0364;ber die&#x017F;es &#x017F;cheuete er &#x017F;olche hochfliegende Drachen<lb/>
a&#x0364;rger als den Tod &#x017F;elb&#x017F;ten, als welche die Vernunfft<lb/>
gefangen nehmen, und dem Volcke die Kleider aus-<lb/>
ziehen, um &#x017F;elbige ihren Huren anzuha&#x0364;ngen. Gleich-<lb/>
wie er aber Hertzens gnug be&#x017F;a&#x017F;&#x017F;e, unba&#x0364;ndige Re-<lb/>
gungen eines unba&#x0364;ndigen Weibes zu ba&#x0364;ndigen;<lb/>
Al&#x017F;o hielte er &#x017F;ie in <hi rendition="#aq">extraordinair</hi> engen Schran-<lb/>
cken, und bewachete &#x017F;ie a&#x0364;rger, als <hi rendition="#aq">Argus</hi> die <hi rendition="#aq">Jo,</hi><lb/>
oder ein <hi rendition="#aq">Sultan</hi> &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Maitre&#x017F;&#x017F;en</hi> im <hi rendition="#aq">Serail.</hi><lb/>
Die&#x017F;es war dem Hertzog eine unaus&#x017F;prechliche<lb/>
Marter, der das &#x017F;o &#x017F;ehnlich gewu&#x0364;n&#x017F;chte Glu&#x0364;cke, &#x017F;ie<lb/>
zu &#x017F;ehen, u&#x0364;ber drey Monate nicht haben ko&#x0364;nnen: Er<lb/>
ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich eines Tages, aus trauriger <hi rendition="#aq">Melan-<lb/>
cholie,</hi> in &#x017F;ein geheimes <hi rendition="#aq">Cabinet,</hi> und gab &#x017F;einem<lb/>
Kammer-Diener Befehl, keine Seele, ausgenom-<lb/>
men <hi rendition="#aq">Madame</hi> &#x2012; &#x2012; oder einen abgeordneten von<lb/>
ihr, vor ihn zu la&#x017F;&#x017F;en. Die Schatten fiengen an,<lb/>
herein zu brechen, als man ihn benachrichtigte, wel-<lb/>
cher ge&#x017F;talt der Ko&#x0364;nig etwas mit ihm zu &#x017F;prechen<lb/>
ha&#x0364;tte; Weil er &#x017F;ich aber die Fin&#x017F;terniß &#x017F;eines Ge-<lb/>
mu&#x0364;ths bey die&#x017F;er Staats-Sonne zu verbergen nicht<lb/>
getraute, ließ er dem&#x017F;elben zur Antwort &#x017F;agen,<lb/>
er wa&#x0364;re nicht zu Hau&#x017F;e: Denn man kan &#x017F;ich leicht-<lb/>
lich einbilden, mit was fu&#x0364;r Ungedult ein Men&#x017F;ch<lb/>
dasjenige, &#x017F;o er aufs za&#x0364;rtlich&#x017F;te liebet, zu &#x017F;ehen ver-<lb/>
langet: Dahero &#x017F;chiene ihm ieder Augenblick ein<lb/>
Tag, ieder Tag eine Woche und iede Woche ein<lb/>
Jahr zu &#x017F;eyn. Endlich kam eine Per&#x017F;on, gleich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0143] und der Hertzog von Monmouth. uͤber dieſes ſcheuete er ſolche hochfliegende Drachen aͤrger als den Tod ſelbſten, als welche die Vernunfft gefangen nehmen, und dem Volcke die Kleider aus- ziehen, um ſelbige ihren Huren anzuhaͤngen. Gleich- wie er aber Hertzens gnug beſaſſe, unbaͤndige Re- gungen eines unbaͤndigen Weibes zu baͤndigen; Alſo hielte er ſie in extraordinair engen Schran- cken, und bewachete ſie aͤrger, als Argus die Jo, oder ein Sultan ſeine Maitreſſen im Serail. Dieſes war dem Hertzog eine unausſprechliche Marter, der das ſo ſehnlich gewuͤnſchte Gluͤcke, ſie zu ſehen, uͤber drey Monate nicht haben koͤnnen: Er verſchloſſe ſich eines Tages, aus trauriger Melan- cholie, in ſein geheimes Cabinet, und gab ſeinem Kammer-Diener Befehl, keine Seele, ausgenom- men Madame ‒ ‒ oder einen abgeordneten von ihr, vor ihn zu laſſen. Die Schatten fiengen an, herein zu brechen, als man ihn benachrichtigte, wel- cher geſtalt der Koͤnig etwas mit ihm zu ſprechen haͤtte; Weil er ſich aber die Finſterniß ſeines Ge- muͤths bey dieſer Staats-Sonne zu verbergen nicht getraute, ließ er demſelben zur Antwort ſagen, er waͤre nicht zu Hauſe: Denn man kan ſich leicht- lich einbilden, mit was fuͤr Ungedult ein Menſch dasjenige, ſo er aufs zaͤrtlichſte liebet, zu ſehen ver- langet: Dahero ſchiene ihm ieder Augenblick ein Tag, ieder Tag eine Woche und iede Woche ein Jahr zu ſeyn. Endlich kam eine Perſon, gleich einem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/143
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/143>, abgerufen am 21.11.2024.