Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Madame Corbet,
gen an, und sagte mit schwacher Stimme: Höret
auf, mein
Lord, ich muß sterben, und ihr
seyd die Ursache meines Todes.
Diesen
Augenblick kam man, der gnädigen Frauen zu be-
richten, welcher gestalt ihr Herr einen von ihren An-
verwandten, sie zu besuchen, mit sich brächte: Wor-
auf sie Madame Corbet bathe, hin zu gehen,
und ihren Eh-Gemahl ein wenig im Discours zu
unterhalten, biß sie mittlerweile einen Weg erfun-
den, ihre Ehre, durch des Grafen Flucht, in Sicher-
heit zu setzen; Alleine sie war so unbedächtig dar-
innen, daß der unbändige Affect gegen einen ver-
achtenden Liebhaber ihr den gefährlichen Anschlag
einer blutigen Rache einbliesse, und sie den verteuf-
felten Schluß fassete, ihre Beleidigung, daferne es
möglich, höher als durch den Tod selbst, zu ahnten:
Sie stellte sich demnach, als wollte sie dem Gra-
fen heimlich ins Ohre sagen, wohin er sich verber-
gen sollte, und indem sie zu gleicher Zeit ein Feder-
Messer in die Hand nahm, so sie im Bette verbor-
gen gehabt, stach sie ihm darmit in die rechte Brust;
weil aber das Instrument seitwarts eingienge,
geriethe die Wunde nicht tödtlich. Dessen un-
geachtet wurde er vermittelst der Madame Cor-
bets
klugen Anstalt zum Hause hinaus partiret,
daß der Baron nicht das geringste darvon gewahr
wurde; Er sahe aber die erzürnte Dame hernach
niemals wieder, massen sie des nächsten Tages,

zum

Madame Corbet,
gen an, und ſagte mit ſchwacher Stimme: Hoͤret
auf, mein
Lord, ich muß ſterben, und ihr
ſeyd die Urſache meines Todes.
Dieſen
Augenblick kam man, der gnaͤdigen Frauen zu be-
richten, welcher geſtalt ihr Herr einen von ihren An-
verwandten, ſie zu beſuchen, mit ſich braͤchte: Wor-
auf ſie Madame Corbet bathe, hin zu gehen,
und ihren Eh-Gemahl ein wenig im Diſcours zu
unterhalten, biß ſie mittlerweile einen Weg erfun-
den, ihre Ehre, durch des Grafen Flucht, in Sicher-
heit zu ſetzen; Alleine ſie war ſo unbedaͤchtig dar-
innen, daß der unbaͤndige Affect gegen einen ver-
achtenden Liebhaber ihr den gefaͤhrlichen Anſchlag
einer blutigen Rache einblieſſe, und ſie den verteuf-
felten Schluß faſſete, ihre Beleidigung, daferne es
moͤglich, hoͤher als durch den Tod ſelbſt, zu ahnten:
Sie ſtellte ſich demnach, als wollte ſie dem Gra-
fen heimlich ins Ohre ſagen, wohin er ſich verber-
gen ſollte, und indem ſie zu gleicher Zeit ein Feder-
Meſſer in die Hand nahm, ſo ſie im Bette verbor-
gen gehabt, ſtach ſie ihm darmit in die rechte Bruſt;
weil aber das Inſtrument ſeitwarts eingienge,
geriethe die Wunde nicht toͤdtlich. Deſſen un-
geachtet wurde er vermittelſt der Madame Cor-
bets
klugen Anſtalt zum Hauſe hinaus partiret,
daß der Baron nicht das geringſte darvon gewahr
wurde; Er ſahe aber die erzuͤrnte Dame hernach
niemals wieder, maſſen ſie des naͤchſten Tages,

zum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0108" n="88"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Madame Corbet,</hi></hi></fw><lb/>
gen an, und &#x017F;agte mit &#x017F;chwacher Stimme: <hi rendition="#fr">Ho&#x0364;ret<lb/>
auf, mein</hi> <hi rendition="#aq">Lord,</hi> <hi rendition="#fr">ich muß &#x017F;terben, und ihr<lb/>
&#x017F;eyd die Ur&#x017F;ache meines Todes.</hi> Die&#x017F;en<lb/>
Augenblick kam man, der gna&#x0364;digen Frauen zu be-<lb/>
richten, welcher ge&#x017F;talt ihr Herr einen von ihren An-<lb/>
verwandten, &#x017F;ie zu be&#x017F;uchen, mit &#x017F;ich bra&#x0364;chte: Wor-<lb/>
auf &#x017F;ie <hi rendition="#aq">Madame Corbet</hi> bathe, hin zu gehen,<lb/>
und ihren Eh-Gemahl ein wenig im <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cours</hi> zu<lb/>
unterhalten, biß &#x017F;ie mittlerweile einen Weg erfun-<lb/>
den, ihre Ehre, durch des Grafen Flucht, in Sicher-<lb/>
heit zu &#x017F;etzen; Alleine &#x017F;ie war &#x017F;o unbeda&#x0364;chtig dar-<lb/>
innen, daß der unba&#x0364;ndige <hi rendition="#aq">Affect</hi> gegen einen ver-<lb/>
achtenden Liebhaber ihr den gefa&#x0364;hrlichen An&#x017F;chlag<lb/>
einer blutigen Rache einblie&#x017F;&#x017F;e, und &#x017F;ie den verteuf-<lb/>
felten Schluß fa&#x017F;&#x017F;ete, ihre Beleidigung, daferne es<lb/>
mo&#x0364;glich, ho&#x0364;her als durch den Tod &#x017F;elb&#x017F;t, zu ahnten:<lb/>
Sie &#x017F;tellte &#x017F;ich demnach, als wollte &#x017F;ie dem Gra-<lb/>
fen heimlich ins Ohre &#x017F;agen, wohin er &#x017F;ich verber-<lb/>
gen &#x017F;ollte, und indem &#x017F;ie zu gleicher Zeit ein Feder-<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;er in die Hand nahm, &#x017F;o &#x017F;ie im Bette verbor-<lb/>
gen gehabt, &#x017F;tach &#x017F;ie ihm darmit in die rechte Bru&#x017F;t;<lb/>
weil aber das <hi rendition="#aq">In&#x017F;trument</hi> &#x017F;eitwarts eingienge,<lb/>
geriethe die Wunde nicht to&#x0364;dtlich. De&#x017F;&#x017F;en un-<lb/>
geachtet wurde er vermittel&#x017F;t der <hi rendition="#aq">Madame Cor-<lb/>
bets</hi> klugen An&#x017F;talt zum Hau&#x017F;e hinaus <hi rendition="#aq">parti</hi>ret,<lb/>
daß der Baron nicht das gering&#x017F;te darvon gewahr<lb/>
wurde; Er &#x017F;ahe aber die erzu&#x0364;rnte <hi rendition="#aq">Dame</hi> hernach<lb/>
niemals wieder, ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie des na&#x0364;ch&#x017F;ten Tages,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zum</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0108] Madame Corbet, gen an, und ſagte mit ſchwacher Stimme: Hoͤret auf, mein Lord, ich muß ſterben, und ihr ſeyd die Urſache meines Todes. Dieſen Augenblick kam man, der gnaͤdigen Frauen zu be- richten, welcher geſtalt ihr Herr einen von ihren An- verwandten, ſie zu beſuchen, mit ſich braͤchte: Wor- auf ſie Madame Corbet bathe, hin zu gehen, und ihren Eh-Gemahl ein wenig im Diſcours zu unterhalten, biß ſie mittlerweile einen Weg erfun- den, ihre Ehre, durch des Grafen Flucht, in Sicher- heit zu ſetzen; Alleine ſie war ſo unbedaͤchtig dar- innen, daß der unbaͤndige Affect gegen einen ver- achtenden Liebhaber ihr den gefaͤhrlichen Anſchlag einer blutigen Rache einblieſſe, und ſie den verteuf- felten Schluß faſſete, ihre Beleidigung, daferne es moͤglich, hoͤher als durch den Tod ſelbſt, zu ahnten: Sie ſtellte ſich demnach, als wollte ſie dem Gra- fen heimlich ins Ohre ſagen, wohin er ſich verber- gen ſollte, und indem ſie zu gleicher Zeit ein Feder- Meſſer in die Hand nahm, ſo ſie im Bette verbor- gen gehabt, ſtach ſie ihm darmit in die rechte Bruſt; weil aber das Inſtrument ſeitwarts eingienge, geriethe die Wunde nicht toͤdtlich. Deſſen un- geachtet wurde er vermittelſt der Madame Cor- bets klugen Anſtalt zum Hauſe hinaus partiret, daß der Baron nicht das geringſte darvon gewahr wurde; Er ſahe aber die erzuͤrnte Dame hernach niemals wieder, maſſen ſie des naͤchſten Tages, zum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/108
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/108>, abgerufen am 06.05.2024.