Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Graf von Lincoln.
zum grösten Leidwesen ihres Ehe-Herrn, der sie nicht
lange überlebte, den Geist ausgab.

Als der Graf an seiner Wunde geheilet war,
nahm er Madame Corbet in sein Hauß auf,
welche nun durch den Tod ihrer Frauen, aus der
Dienstbarkeit in die Freyheit gerathen. Nun
kunnten sie sich ohngestöhrt an einander ergötzen,
und mit dem Nectar der mehr als Honig-süssen
Liebe, sich biß zum Eckel berauschen; Ja, der Graf
war dieser seiner Maitresse dergestalt ergeben, daß
er ohne sie weder essen, trincken, noch ruhen kunnte.
Die extreme Liebe zur Madame Corbet
machte Sn. Gnaden gegen alle Schönheiten des
Erdbodens unempfindlich; und ihre Neigung ge-
gen ihn war nicht geringer. Als dem Grafen ei-
nes Tages ein Cartel von einer Person von Qua-
lite
zugesendet wurde, welches ihn den nächsten
Morgen aufs Duel ausforderte, bekam sie, indem
der Graf saß und darauf antwortete, besagtes
Cartel zu lesen, worvon sie alsbald, ehe es der
Lord gewahr wurde, in Ohnmacht nieder sanck,
und nachdem sie wieder zu sich selbsten gekommen,
und noch immer vor Furcht und Schrecken zitter-
te, es dürffte ihrem geliebtesten Grafen einige Ge-
fahr zustossen, ergosse sich ein gantzer Strom hei-
ser Thränen aus ihren Augen, und suchte sie ihn
zu persvadiren, sich vor diesen verwegenen Ge-
gener nicht zu stellen. Alleine ob sie wohl von dem

Lord
F 5

und der Graf von Lincoln.
zum groͤſten Leidweſen ihres Ehe-Herrn, der ſie nicht
lange uͤberlebte, den Geiſt auſgab.

Als der Graf an ſeiner Wunde geheilet war,
nahm er Madame Corbet in ſein Hauß auf,
welche nun durch den Tod ihrer Frauen, aus der
Dienſtbarkeit in die Freyheit gerathen. Nun
kunnten ſie ſich ohngeſtoͤhrt an einander ergoͤtzen,
und mit dem Nectar der mehr als Honig-ſuͤſſen
Liebe, ſich biß zum Eckel berauſchen; Ja, der Graf
war dieſer ſeiner Maitreſſe dergeſtalt ergeben, daß
er ohne ſie weder eſſen, trincken, noch ruhen kunnte.
Die extreme Liebe zur Madame Corbet
machte Sn. Gnaden gegen alle Schoͤnheiten des
Erdbodens unempfindlich; und ihre Neigung ge-
gen ihn war nicht geringer. Als dem Grafen ei-
nes Tages ein Cartel von einer Perſon von Qua-
lité
zugeſendet wurde, welches ihn den naͤchſten
Morgen aufs Duel ausforderte, bekam ſie, indem
der Graf ſaß und darauf antwortete, beſagtes
Cartel zu leſen, worvon ſie alsbald, ehe es der
Lord gewahr wurde, in Ohnmacht nieder ſanck,
und nachdem ſie wieder zu ſich ſelbſten gekommen,
und noch immer vor Furcht und Schrecken zitter-
te, es duͤrffte ihrem geliebteſten Grafen einige Ge-
fahr zuſtoſſen, ergoſſe ſich ein gantzer Strom hei-
ſer Thraͤnen aus ihren Augen, und ſuchte ſie ihn
zu perſvadiren, ſich vor dieſen verwegenen Ge-
gener nicht zu ſtellen. Alleine ob ſie wohl von dem

Lord
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="89"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und der Graf von <hi rendition="#aq">Lincoln.</hi></hi></fw><lb/>
zum gro&#x0364;&#x017F;ten Leidwe&#x017F;en ihres Ehe-Herrn, der &#x017F;ie nicht<lb/>
lange u&#x0364;berlebte, den Gei&#x017F;t au&#x017F;gab.</p><lb/>
          <p>Als der Graf an &#x017F;einer Wunde geheilet war,<lb/>
nahm er <hi rendition="#aq">Madame Corbet</hi> in &#x017F;ein Hauß auf,<lb/>
welche nun durch den Tod ihrer Frauen, aus der<lb/>
Dien&#x017F;tbarkeit in die Freyheit gerathen. Nun<lb/>
kunnten &#x017F;ie &#x017F;ich ohnge&#x017F;to&#x0364;hrt an einander ergo&#x0364;tzen,<lb/>
und mit dem <hi rendition="#aq">Nectar</hi> der mehr als Honig-&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Liebe, &#x017F;ich biß zum Eckel berau&#x017F;chen; Ja, der Graf<lb/>
war die&#x017F;er &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Maitre&#x017F;&#x017F;e</hi> derge&#x017F;talt ergeben, daß<lb/>
er ohne &#x017F;ie weder e&#x017F;&#x017F;en, trincken, noch ruhen kunnte.<lb/>
Die <hi rendition="#aq">extreme</hi> Liebe zur <hi rendition="#aq">Madame Corbet</hi><lb/>
machte Sn. Gnaden gegen alle Scho&#x0364;nheiten des<lb/>
Erdbodens unempfindlich; und ihre Neigung ge-<lb/>
gen ihn war nicht geringer. Als dem Grafen ei-<lb/>
nes Tages ein <hi rendition="#aq">Cartel</hi> von einer Per&#x017F;on von <hi rendition="#aq">Qua-<lb/>
lité</hi> zuge&#x017F;endet wurde, welches ihn den na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Morgen aufs <hi rendition="#aq">Duel</hi> ausforderte, bekam &#x017F;ie, indem<lb/>
der Graf &#x017F;aß und darauf antwortete, be&#x017F;agtes<lb/><hi rendition="#aq">Cartel</hi> zu le&#x017F;en, worvon &#x017F;ie alsbald, ehe es der<lb/><hi rendition="#aq">Lord</hi> gewahr wurde, in Ohnmacht nieder &#x017F;anck,<lb/>
und nachdem &#x017F;ie wieder zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten gekommen,<lb/>
und noch immer vor Furcht und Schrecken zitter-<lb/>
te, es du&#x0364;rffte ihrem geliebte&#x017F;ten Grafen einige Ge-<lb/>
fahr zu&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, ergo&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich ein gantzer Strom hei-<lb/>
&#x017F;er Thra&#x0364;nen aus ihren Augen, und &#x017F;uchte &#x017F;ie ihn<lb/>
zu <hi rendition="#aq">per&#x017F;vadi</hi>ren, &#x017F;ich vor die&#x017F;en verwegenen Ge-<lb/>
gener nicht zu &#x017F;tellen. Alleine ob &#x017F;ie wohl von dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Lord</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0109] und der Graf von Lincoln. zum groͤſten Leidweſen ihres Ehe-Herrn, der ſie nicht lange uͤberlebte, den Geiſt auſgab. Als der Graf an ſeiner Wunde geheilet war, nahm er Madame Corbet in ſein Hauß auf, welche nun durch den Tod ihrer Frauen, aus der Dienſtbarkeit in die Freyheit gerathen. Nun kunnten ſie ſich ohngeſtoͤhrt an einander ergoͤtzen, und mit dem Nectar der mehr als Honig-ſuͤſſen Liebe, ſich biß zum Eckel berauſchen; Ja, der Graf war dieſer ſeiner Maitreſſe dergeſtalt ergeben, daß er ohne ſie weder eſſen, trincken, noch ruhen kunnte. Die extreme Liebe zur Madame Corbet machte Sn. Gnaden gegen alle Schoͤnheiten des Erdbodens unempfindlich; und ihre Neigung ge- gen ihn war nicht geringer. Als dem Grafen ei- nes Tages ein Cartel von einer Perſon von Qua- lité zugeſendet wurde, welches ihn den naͤchſten Morgen aufs Duel ausforderte, bekam ſie, indem der Graf ſaß und darauf antwortete, beſagtes Cartel zu leſen, worvon ſie alsbald, ehe es der Lord gewahr wurde, in Ohnmacht nieder ſanck, und nachdem ſie wieder zu ſich ſelbſten gekommen, und noch immer vor Furcht und Schrecken zitter- te, es duͤrffte ihrem geliebteſten Grafen einige Ge- fahr zuſtoſſen, ergoſſe ſich ein gantzer Strom hei- ſer Thraͤnen aus ihren Augen, und ſuchte ſie ihn zu perſvadiren, ſich vor dieſen verwegenen Ge- gener nicht zu ſtellen. Alleine ob ſie wohl von dem Lord F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/109
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/109>, abgerufen am 21.11.2024.