Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Roxolana, mir nicht vermählet, und das gantze Ge-heimniß in euren Schooß auszuschütten, so wisset, daß es mein Hof-Meister ge- wesen, der die Ceremonie der Copula- tion auf verstellte Weise gestern zwischen uns vollzogen hat. O Verräther! schrie sie, indem sie ihm nach den Halß griffe und sich bemühete, ihn in dieser ersten Furie zu erwürgen: O Bösewicht, du solt durch meine Hän- de sterben! Als sie der Graf so rasend sahe, suchte er sich von ihr loß zu reissen, und entflohe aus der Kammer. Sie sprunge aus dem Bette, er- grieffe seinen Degen, der auf dem Nacht-Tische lage, verfolgte ihn darmit biß zum Speise-Zimmer, dessen Thür er geschwinde nach sich zuschlosse. Da Roxolana den vornehmsten Gegenstand ihrer Wuth entweichen sahe, kehrete sie die Würckun- gen darvon wider sich selbsten; sie zerrisse ihr Haar und Angesicht, stieß die bittersten Droh-Worte heraus, und schrie, heulte und weinte so jämmer- lich, daß es einen Stein, geschweige ihres Liebha- bers Hertz erweichen mögen; Nachdem sie aber sahe, daß er sich nicht erbarmen noch erscheinen wollte, fasste sie den verzweiffelten Schluß, sich felbsten zu massacriren, und indem sie die Spitze des entblösten Degens wider ihre Brust kehrete, stieß sie solchen mit einer so hefftigen Force in ihren Leib hinein, daß es ihrem Leben ein unfehlbares Ende
Roxolana, mir nicht vermaͤhlet, und das gantze Ge-heimniß in euren Schooß auszuſchuͤtten, ſo wiſſet, daß es mein Hof-Meiſter ge- weſen, der die Ceremonie der Copula- tion auf verſtellte Weiſe geſtern zwiſchen uns vollzogen hat. O Verraͤther! ſchrie ſie, indem ſie ihm nach den Halß griffe und ſich bemuͤhete, ihn in dieſer erſten Furie zu erwuͤrgen: O Boͤſewicht, du ſolt durch meine Haͤn- de ſterben! Als ſie der Graf ſo raſend ſahe, ſuchte er ſich von ihr loß zu reiſſen, und entflohe aus der Kammer. Sie ſprunge aus dem Bette, er- grieffe ſeinen Degen, der auf dem Nacht-Tiſche lage, verfolgte ihn darmit biß zum Speiſe-Zimmer, deſſen Thuͤr er geſchwinde nach ſich zuſchloſſe. Da Roxolana den vornehmſten Gegenſtand ihrer Wuth entweichen ſahe, kehrete ſie die Wuͤrckun- gen darvon wider ſich ſelbſten; ſie zerriſſe ihr Haar und Angeſicht, ſtieß die bitterſten Droh-Worte heraus, und ſchrie, heulte und weinte ſo jaͤmmer- lich, daß es einen Stein, geſchweige ihres Liebha- bers Hertz erweichen moͤgen; Nachdem ſie aber ſahe, daß er ſich nicht erbarmen noch erſcheinen wollte, faſſte ſie den verzweiffelten Schluß, ſich felbſten zu maſſacriren, und indem ſie die Spitze des entbloͤſten Degens wider ihre Bruſt kehrete, ſtieß ſie ſolchen mit einer ſo hefftigen Force in ihren Leib hinein, daß es ihrem Leben ein unfehlbares Ende
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Roxolana,
mir nicht vermaͤhlet, und das gantze Ge-
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ſo wiſſet, daß es mein Hof-Meiſter ge-
weſen, der die Ceremonie der Copula-
tion auf verſtellte Weiſe geſtern zwiſchen
uns vollzogen hat. O Verraͤther! ſchrie
ſie, indem ſie ihm nach den Halß griffe und ſich
bemuͤhete, ihn in dieſer erſten Furie zu erwuͤrgen:
O Boͤſewicht, du ſolt durch meine Haͤn-
de ſterben! Als ſie der Graf ſo raſend ſahe,
ſuchte er ſich von ihr loß zu reiſſen, und entflohe aus
der Kammer. Sie ſprunge aus dem Bette, er-
grieffe ſeinen Degen, der auf dem Nacht-Tiſche
lage, verfolgte ihn darmit biß zum Speiſe-Zimmer,
deſſen Thuͤr er geſchwinde nach ſich zuſchloſſe. Da
Roxolana den vornehmſten Gegenſtand ihrer
Wuth entweichen ſahe, kehrete ſie die Wuͤrckun-
gen darvon wider ſich ſelbſten; ſie zerriſſe ihr Haar
und Angeſicht, ſtieß die bitterſten Droh-Worte
heraus, und ſchrie, heulte und weinte ſo jaͤmmer-
lich, daß es einen Stein, geſchweige ihres Liebha-
bers Hertz erweichen moͤgen; Nachdem ſie aber
ſahe, daß er ſich nicht erbarmen noch erſcheinen
wollte, faſſte ſie den verzweiffelten Schluß, ſich
felbſten zu maſſacriren, und indem ſie die Spitze
des entbloͤſten Degens wider ihre Bruſt kehrete,
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