Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

So fresse mir der Marder meine Dauben!
So mag der Wolf die Hälfte meiner Herde
rauben!

Die arme Schäferinn, die one Falschheit war,
Macht ihm durch einen Eid noch einmal offenbar,
Daß er sie one Grund verdachte.
Jedoch, da dieses nur den Argwon grösser machte,
So wurde sie des falschen Vorwurfs satt,
Und fing aus Eifer an, die Künste zu verfluchen.
Damit du siehst, ob dich mein Mund belogen hat,
So kannst du selbst bei mir nach deinem Neste
suchen.
Den Vorschlag nam sogleich der Schäfer an;
Jch hätte dieses auch gethan,
Und schwöre, wenn ich so die Nester suchen sollte,
Daß ich sie hurtig finden wollte.
Sie hielt den oft verwegnen Händen still.
Er suchte, doch umsonst, er kriegt kein Nest zu fassen.
Ja, sprach er, darf ich auch wol suchen wo ich will?
Aus Unschuld wollte sie auch dieß geschehen lassen.
Er

So freſſe mir der Marder meine Dauben!
So mag der Wolf die Haͤlfte meiner Herde
rauben!

Die arme Schaͤferinn, die one Falſchheit war,
Macht ihm durch einen Eid noch einmal offenbar,
Daß er ſie one Grund verdachte.
Jedoch, da dieſes nur den Argwon groͤſſer machte,
So wurde ſie des falſchen Vorwurfs ſatt,
Und fing aus Eifer an, die Kuͤnſte zu verfluchen.
Damit du ſiehſt, ob dich mein Mund belogen hat,
So kannſt du ſelbſt bei mir nach deinem Neſte
ſuchen.
Den Vorſchlag nam ſogleich der Schaͤfer an;
Jch haͤtte dieſes auch gethan,
Und ſchwoͤre, wenn ich ſo die Neſter ſuchen ſollte,
Daß ich ſie hurtig finden wollte.
Sie hielt den oft verwegnen Haͤnden ſtill.
Er ſuchte, doch umſonſt, er kriegt kein Neſt zu faſſen.
Ja, ſprach er, darf ich auch wol ſuchen wo ich will?
Aus Unſchuld wollte ſie auch dieß geſchehen laſſen.
Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <lg>
          <l><pb facs="#f0042" n="38"/>
So fre&#x017F;&#x017F;e mir der Marder meine Dauben!</l><lb/>
          <l>So mag der Wolf die Ha&#x0364;lfte meiner Herde<lb/><hi rendition="#et">rauben!</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Die arme Scha&#x0364;ferinn, die one Fal&#x017F;chheit war,</l><lb/>
          <l>Macht ihm durch einen Eid noch einmal offenbar,</l><lb/>
          <l>Daß er &#x017F;ie one Grund verdachte.</l><lb/>
          <l>Jedoch, da die&#x017F;es nur den Argwon gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er machte,</l><lb/>
          <l>So wurde &#x017F;ie des fal&#x017F;chen Vorwurfs &#x017F;att,</l><lb/>
          <l>Und fing aus Eifer an, die Ku&#x0364;n&#x017F;te zu verfluchen.</l><lb/>
          <l>Damit du &#x017F;ieh&#x017F;t, ob dich mein Mund belogen hat,</l><lb/>
          <l>So kann&#x017F;t du &#x017F;elb&#x017F;t bei mir nach deinem Ne&#x017F;te<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;uchen.</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Den Vor&#x017F;chlag nam &#x017F;ogleich der Scha&#x0364;fer an;</l><lb/>
          <l>Jch ha&#x0364;tte die&#x017F;es auch gethan,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;chwo&#x0364;re, wenn ich &#x017F;o die Ne&#x017F;ter &#x017F;uchen &#x017F;ollte,</l><lb/>
          <l>Daß ich &#x017F;ie hurtig finden wollte.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Sie hielt den oft verwegnen Ha&#x0364;nden &#x017F;till.</l><lb/>
          <l>Er &#x017F;uchte, doch um&#x017F;on&#x017F;t, er kriegt kein Ne&#x017F;t zu fa&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Ja, &#x017F;prach er, darf ich auch wol &#x017F;uchen wo ich will?</l><lb/>
          <l>Aus Un&#x017F;chuld wollte &#x017F;ie auch dieß ge&#x017F;chehen la&#x017F;&#x017F;en.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0042] So freſſe mir der Marder meine Dauben! So mag der Wolf die Haͤlfte meiner Herde rauben! Die arme Schaͤferinn, die one Falſchheit war, Macht ihm durch einen Eid noch einmal offenbar, Daß er ſie one Grund verdachte. Jedoch, da dieſes nur den Argwon groͤſſer machte, So wurde ſie des falſchen Vorwurfs ſatt, Und fing aus Eifer an, die Kuͤnſte zu verfluchen. Damit du ſiehſt, ob dich mein Mund belogen hat, So kannſt du ſelbſt bei mir nach deinem Neſte ſuchen. Den Vorſchlag nam ſogleich der Schaͤfer an; Jch haͤtte dieſes auch gethan, Und ſchwoͤre, wenn ich ſo die Neſter ſuchen ſollte, Daß ich ſie hurtig finden wollte. Sie hielt den oft verwegnen Haͤnden ſtill. Er ſuchte, doch umſonſt, er kriegt kein Neſt zu faſſen. Ja, ſprach er, darf ich auch wol ſuchen wo ich will? Aus Unſchuld wollte ſie auch dieß geſchehen laſſen. Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/42
Zitationshilfe: [Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/42>, abgerufen am 21.11.2024.