Ende eines Holzmarkstrahls ein Rindenmarkstrahl stößt, so müssen die Krümmungen der einander berührenden Holzzellen- und Bastzellenbündel einander gleich sein.
An anderen Bäumen würden wir die Rinde in anderen Beziehungen wiederum sehr abweichend finden, namentlich z. B. die Bastschicht nicht unmittelbar an den Holzkörper anliegend, sondern tiefer in die Grün- schicht hineingerückt und in einzelne Bündel zertheilt. Man kann sogar sagen, so widersprechend es klingt, daß die Bastzellen nicht einmal ein nothwendiger Bestandtheil der Bastschicht sind, weil sie vielen Bäumen (Birke, Buche) ganz abgehen. Wir werden bei Betrachtung unserer deutschen Baumarten auf die wichtigsten Kennzeichen der Rinde einzugehen haben; und wir wollen uns hier nur noch einmal daran erinnern, daß uns die Lindenrinde lehrt, wie auch sie durch alljährliche Schichtenan- lagerung nach innen zu, wie das Holz nach außen zu, wachse, was uns die Zahlenreihe auf S. 97 veranschaulichte.
Wir haben aber noch zwei Bildungen der Rinde kennen zu lernen, welche mehr untergeordneter Art sind und nicht zu den drei wesentlichen Schichten derselben gehören, bei manchen Holzarten deshalb auch nicht oder wenigstens nur sehr untergeordnet vorkommen. Es ist der Kork und die Borke.
Beide treten in der Regel erst an älteren Stammtheilen auf, wie wir ja alle wissen, daß die Rinde junger Stämmchen meist glatt und sogar zuweilen glänzend ist (Kirschbaum, Eiche), während die Rinde alter Bäume tief gefurchte Borke zeigt. Es giebt jedoch auch einige Bäume, wo selbst schon einjährige Zweige eine entschiedene Kork-, wenn auch nicht Borken-Bildung zeigen. Dies ist namentlich bei der Korkrüster, Ulmus suberosa, und dem Maßholder und Feldahorn, Acer campestre, der Fall.
Ganz eigenthümlich verhält sich hierin bekanntlich der Spindelbaum oder das Pfaffenhütchen, Evonymus europaeus, an dessen rein grüner Rinde an den jüngeren Zweigen 4 kreuzweisgestellte Längsstreifen von zartem Kork verlaufen, wodurch die an sich vollkommen runden Zweige fast vier- seitig erscheinen (deshalb bois carre der Franzosen).
Kork und Borke sind zwei schon ihrer Entstehung nach ganz ver- schiedene Gebilde, die aber sehr oft miteinander verwechselt werden.
Roßmäßler, der Wald. 8
Ende eines Holzmarkſtrahls ein Rindenmarkſtrahl ſtößt, ſo müſſen die Krümmungen der einander berührenden Holzzellen- und Baſtzellenbündel einander gleich ſein.
An anderen Bäumen würden wir die Rinde in anderen Beziehungen wiederum ſehr abweichend finden, namentlich z. B. die Baſtſchicht nicht unmittelbar an den Holzkörper anliegend, ſondern tiefer in die Grün- ſchicht hineingerückt und in einzelne Bündel zertheilt. Man kann ſogar ſagen, ſo widerſprechend es klingt, daß die Baſtzellen nicht einmal ein nothwendiger Beſtandtheil der Baſtſchicht ſind, weil ſie vielen Bäumen (Birke, Buche) ganz abgehen. Wir werden bei Betrachtung unſerer deutſchen Baumarten auf die wichtigſten Kennzeichen der Rinde einzugehen haben; und wir wollen uns hier nur noch einmal daran erinnern, daß uns die Lindenrinde lehrt, wie auch ſie durch alljährliche Schichtenan- lagerung nach innen zu, wie das Holz nach außen zu, wachſe, was uns die Zahlenreihe auf S. 97 veranſchaulichte.
Wir haben aber noch zwei Bildungen der Rinde kennen zu lernen, welche mehr untergeordneter Art ſind und nicht zu den drei weſentlichen Schichten derſelben gehören, bei manchen Holzarten deshalb auch nicht oder wenigſtens nur ſehr untergeordnet vorkommen. Es iſt der Kork und die Borke.
Beide treten in der Regel erſt an älteren Stammtheilen auf, wie wir ja alle wiſſen, daß die Rinde junger Stämmchen meiſt glatt und ſogar zuweilen glänzend iſt (Kirſchbaum, Eiche), während die Rinde alter Bäume tief gefurchte Borke zeigt. Es giebt jedoch auch einige Bäume, wo ſelbſt ſchon einjährige Zweige eine entſchiedene Kork-, wenn auch nicht Borken-Bildung zeigen. Dies iſt namentlich bei der Korkrüſter, Ulmus suberosa, und dem Maßholder und Feldahorn, Acer campestre, der Fall.
Ganz eigenthümlich verhält ſich hierin bekanntlich der Spindelbaum oder das Pfaffenhütchen, Evonymus europaeus, an deſſen rein grüner Rinde an den jüngeren Zweigen 4 kreuzweisgeſtellte Längsſtreifen von zartem Kork verlaufen, wodurch die an ſich vollkommen runden Zweige faſt vier- ſeitig erſcheinen (deshalb bois carré der Franzoſen).
Kork und Borke ſind zwei ſchon ihrer Entſtehung nach ganz ver- ſchiedene Gebilde, die aber ſehr oft miteinander verwechſelt werden.
Roßmäßler, der Wald. 8
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0137"n="113"/>
Ende eines Holzmarkſtrahls ein Rindenmarkſtrahl ſtößt, ſo müſſen die<lb/>
Krümmungen der einander berührenden Holzzellen- und Baſtzellenbündel<lb/>
einander gleich ſein.</p><lb/><p>An anderen Bäumen würden wir die Rinde in anderen Beziehungen<lb/>
wiederum ſehr abweichend finden, namentlich z. B. die Baſtſchicht nicht<lb/>
unmittelbar an den Holzkörper anliegend, ſondern tiefer in die Grün-<lb/>ſchicht hineingerückt und in einzelne Bündel zertheilt. Man kann ſogar<lb/>ſagen, ſo widerſprechend es klingt, daß die Baſtzellen nicht einmal ein<lb/>
nothwendiger Beſtandtheil der Baſtſchicht ſind, weil ſie vielen Bäumen<lb/>
(Birke, Buche) ganz abgehen. Wir werden bei Betrachtung unſerer<lb/>
deutſchen Baumarten auf die wichtigſten Kennzeichen der Rinde einzugehen<lb/>
haben; und wir wollen uns hier nur noch einmal daran erinnern, daß<lb/>
uns die Lindenrinde lehrt, wie auch ſie durch alljährliche Schichtenan-<lb/>
lagerung nach innen zu, wie das Holz nach außen zu, wachſe, was uns<lb/>
die Zahlenreihe auf S. 97 veranſchaulichte.</p><lb/><p>Wir haben aber noch zwei Bildungen der Rinde kennen zu lernen,<lb/>
welche mehr untergeordneter Art ſind und nicht zu den drei weſentlichen<lb/>
Schichten derſelben gehören, bei manchen Holzarten deshalb auch nicht<lb/>
oder wenigſtens nur ſehr untergeordnet vorkommen. Es iſt der <hirendition="#g">Kork</hi><lb/>
und die <hirendition="#g">Borke</hi>.</p><lb/><p>Beide treten in der Regel erſt an älteren Stammtheilen auf, wie<lb/>
wir ja alle wiſſen, daß die Rinde junger Stämmchen meiſt glatt und<lb/>ſogar zuweilen glänzend iſt (Kirſchbaum, Eiche), während die Rinde alter<lb/>
Bäume tief gefurchte Borke zeigt. Es giebt jedoch auch einige Bäume,<lb/>
wo ſelbſt ſchon einjährige Zweige eine entſchiedene Kork-, wenn auch<lb/>
nicht Borken-Bildung zeigen. Dies iſt namentlich bei der Korkrüſter,<lb/><hirendition="#aq">Ulmus suberosa,</hi> und dem Maßholder und Feldahorn, <hirendition="#aq">Acer campestre,</hi><lb/>
der Fall.</p><lb/><p>Ganz eigenthümlich verhält ſich hierin bekanntlich der Spindelbaum<lb/>
oder das Pfaffenhütchen, <hirendition="#aq">Evonymus europaeus,</hi> an deſſen rein grüner<lb/>
Rinde an den jüngeren Zweigen 4 kreuzweisgeſtellte Längsſtreifen von zartem<lb/>
Kork verlaufen, wodurch die an ſich vollkommen runden Zweige faſt vier-<lb/>ſeitig erſcheinen (deshalb <hirendition="#aq">bois carré</hi> der Franzoſen).</p><lb/><p><hirendition="#g">Kork</hi> und <hirendition="#g">Borke</hi>ſind zwei ſchon ihrer Entſtehung nach ganz ver-<lb/>ſchiedene Gebilde, die aber ſehr oft miteinander verwechſelt werden.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Roßmäßler, der Wald. 8</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[113/0137]
Ende eines Holzmarkſtrahls ein Rindenmarkſtrahl ſtößt, ſo müſſen die
Krümmungen der einander berührenden Holzzellen- und Baſtzellenbündel
einander gleich ſein.
An anderen Bäumen würden wir die Rinde in anderen Beziehungen
wiederum ſehr abweichend finden, namentlich z. B. die Baſtſchicht nicht
unmittelbar an den Holzkörper anliegend, ſondern tiefer in die Grün-
ſchicht hineingerückt und in einzelne Bündel zertheilt. Man kann ſogar
ſagen, ſo widerſprechend es klingt, daß die Baſtzellen nicht einmal ein
nothwendiger Beſtandtheil der Baſtſchicht ſind, weil ſie vielen Bäumen
(Birke, Buche) ganz abgehen. Wir werden bei Betrachtung unſerer
deutſchen Baumarten auf die wichtigſten Kennzeichen der Rinde einzugehen
haben; und wir wollen uns hier nur noch einmal daran erinnern, daß
uns die Lindenrinde lehrt, wie auch ſie durch alljährliche Schichtenan-
lagerung nach innen zu, wie das Holz nach außen zu, wachſe, was uns
die Zahlenreihe auf S. 97 veranſchaulichte.
Wir haben aber noch zwei Bildungen der Rinde kennen zu lernen,
welche mehr untergeordneter Art ſind und nicht zu den drei weſentlichen
Schichten derſelben gehören, bei manchen Holzarten deshalb auch nicht
oder wenigſtens nur ſehr untergeordnet vorkommen. Es iſt der Kork
und die Borke.
Beide treten in der Regel erſt an älteren Stammtheilen auf, wie
wir ja alle wiſſen, daß die Rinde junger Stämmchen meiſt glatt und
ſogar zuweilen glänzend iſt (Kirſchbaum, Eiche), während die Rinde alter
Bäume tief gefurchte Borke zeigt. Es giebt jedoch auch einige Bäume,
wo ſelbſt ſchon einjährige Zweige eine entſchiedene Kork-, wenn auch
nicht Borken-Bildung zeigen. Dies iſt namentlich bei der Korkrüſter,
Ulmus suberosa, und dem Maßholder und Feldahorn, Acer campestre,
der Fall.
Ganz eigenthümlich verhält ſich hierin bekanntlich der Spindelbaum
oder das Pfaffenhütchen, Evonymus europaeus, an deſſen rein grüner
Rinde an den jüngeren Zweigen 4 kreuzweisgeſtellte Längsſtreifen von zartem
Kork verlaufen, wodurch die an ſich vollkommen runden Zweige faſt vier-
ſeitig erſcheinen (deshalb bois carré der Franzoſen).
Kork und Borke ſind zwei ſchon ihrer Entſtehung nach ganz ver-
ſchiedene Gebilde, die aber ſehr oft miteinander verwechſelt werden.
Roßmäßler, der Wald. 8
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/137>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.