neuen Jahresringes gebildet. Diese erste Schicht jedes einzelnen Jahres- ringes, das Frühjahrsholz, zeichnet sich bei den Nadelhölzern durch weite, sehr dünnwandige Zellen aus (XIII. a. F, S. 101) und bei den Laubhölzern durch Reichthum an Gefäßen -- wie denn eben große Ge- fäße nur im Frühjahrsholze zu finden sind (mit Ausnahme des Nußbaumes, wo sie im ganzen Jahresringe vorkommen) -- und zuweilen ebenfalls durch etwas dünnwandigere und lockere Zellen (XIII. b. F, S. 101). Hat das Holz nur mittle oder kleine Gefäße, so sind dieselben im Früh- jahrsholze meist nicht wesentlich anders vertheilt als im Herbstholze. Zu- weilen beginnt aber doch der neue Jahresring mit einer einfachen dichten Reihe oder (wie bei der Vogelkirsche, Cerasus avium, und dem Pflaumen- baum) mit einer Lage dicht beisammenstehender Gefäße, oder die Zahl der Gefäße nimmt gegen das Herbstholz hin sehr allmälig ab.
Wie sehr das Herbstholz bei den Nadelhölzern von dem Frühjahrsholze absticht, das wissen wir Alle, und wenn wir es auch nur an unseren Stubendielen durch die tiefe Abnutzung des sehr weichen Früh- jahrsholzes gelernt hätten, wodurch sich auf den Dielen vertieftere Furchen bilden, welche mit den harten gelbbraunen Herbstholzstreifen abwechseln. Noch deutlicher und bestimmter sehen wir es aber auf dem glattgehobelten Querschnitte, wo sich jeder Jahresring sehr deutlich in eine innere helle und weiche und in eine äußere harte und gelbbraune Schicht theilt. Besonders ist dies bei dem gemeinen Kiefernholze sehr in das Auge fallend, während bei einigen anderen Nadelhölzern dieser Unterschied weniger erheblich ist. Unter dem Mikroskop findet man, daß dieser bedeutende Unterschied des Herbst- holzes bei den Nadelholzarten darauf beruht, daß dessen Zellen sehr dickwandig und dabei in der Richtung der Jahresgrenze sehr breit gedrückt sind, so daß in ihnen nur wenig Zellenraum übrig bleibt (XIII. a. H). Es kommt nicht selten vor, daß es so scheint, als habe vorzeitig die Herbstholzbildung begonnen und als sei nachher wieder in die Frühjahrs- holzbildung zurückgegriffen worden, bis erst später das eigentliche Herbst- holz sich bildete. Dies zeigt sich namentlich bei der gemeinen Kiefer nicht selten, und dann kann man zuweilen versucht sein, solche vorzeitige Herbst- holzringe für Jahresringe zu halten.
Neben dieser sehr bedeutenden Scheidung der einzelnen Jahresringe in eine Frühjahrs- und eine Herbstschicht bei den Nadelhölzern, kann
neuen Jahresringes gebildet. Dieſe erſte Schicht jedes einzelnen Jahres- ringes, das Frühjahrsholz, zeichnet ſich bei den Nadelhölzern durch weite, ſehr dünnwandige Zellen aus (XIII. a. F, S. 101) und bei den Laubhölzern durch Reichthum an Gefäßen — wie denn eben große Ge- fäße nur im Frühjahrsholze zu finden ſind (mit Ausnahme des Nußbaumes, wo ſie im ganzen Jahresringe vorkommen) — und zuweilen ebenfalls durch etwas dünnwandigere und lockere Zellen (XIII. b. F, S. 101). Hat das Holz nur mittle oder kleine Gefäße, ſo ſind dieſelben im Früh- jahrsholze meiſt nicht weſentlich anders vertheilt als im Herbſtholze. Zu- weilen beginnt aber doch der neue Jahresring mit einer einfachen dichten Reihe oder (wie bei der Vogelkirſche, Cerasus avium, und dem Pflaumen- baum) mit einer Lage dicht beiſammenſtehender Gefäße, oder die Zahl der Gefäße nimmt gegen das Herbſtholz hin ſehr allmälig ab.
Wie ſehr das Herbſtholz bei den Nadelhölzern von dem Frühjahrsholze abſticht, das wiſſen wir Alle, und wenn wir es auch nur an unſeren Stubendielen durch die tiefe Abnutzung des ſehr weichen Früh- jahrsholzes gelernt hätten, wodurch ſich auf den Dielen vertieftere Furchen bilden, welche mit den harten gelbbraunen Herbſtholzſtreifen abwechſeln. Noch deutlicher und beſtimmter ſehen wir es aber auf dem glattgehobelten Querſchnitte, wo ſich jeder Jahresring ſehr deutlich in eine innere helle und weiche und in eine äußere harte und gelbbraune Schicht theilt. Beſonders iſt dies bei dem gemeinen Kiefernholze ſehr in das Auge fallend, während bei einigen anderen Nadelhölzern dieſer Unterſchied weniger erheblich iſt. Unter dem Mikroſkop findet man, daß dieſer bedeutende Unterſchied des Herbſt- holzes bei den Nadelholzarten darauf beruht, daß deſſen Zellen ſehr dickwandig und dabei in der Richtung der Jahresgrenze ſehr breit gedrückt ſind, ſo daß in ihnen nur wenig Zellenraum übrig bleibt (XIII. a. H). Es kommt nicht ſelten vor, daß es ſo ſcheint, als habe vorzeitig die Herbſtholzbildung begonnen und als ſei nachher wieder in die Frühjahrs- holzbildung zurückgegriffen worden, bis erſt ſpäter das eigentliche Herbſt- holz ſich bildete. Dies zeigt ſich namentlich bei der gemeinen Kiefer nicht ſelten, und dann kann man zuweilen verſucht ſein, ſolche vorzeitige Herbſt- holzringe für Jahresringe zu halten.
Neben dieſer ſehr bedeutenden Scheidung der einzelnen Jahresringe in eine Frühjahrs- und eine Herbſtſchicht bei den Nadelhölzern, kann
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neuen Jahresringes gebildet. Dieſe erſte Schicht jedes einzelnen Jahres-
ringes, das Frühjahrsholz, zeichnet ſich bei den Nadelhölzern durch
weite, ſehr dünnwandige Zellen aus (XIII. a. F, S. 101) und bei den
Laubhölzern durch Reichthum an Gefäßen — wie denn eben große Ge-
fäße nur im Frühjahrsholze zu finden ſind (mit Ausnahme des Nußbaumes,
wo ſie im ganzen Jahresringe vorkommen) — und zuweilen ebenfalls
durch etwas dünnwandigere und lockere Zellen (XIII. b. F, S. 101).
Hat das Holz nur mittle oder kleine Gefäße, ſo ſind dieſelben im Früh-
jahrsholze meiſt nicht weſentlich anders vertheilt als im Herbſtholze. Zu-
weilen beginnt aber doch der neue Jahresring mit einer einfachen dichten
Reihe oder (wie bei der Vogelkirſche, Cerasus avium, und dem Pflaumen-
baum) mit einer Lage dicht beiſammenſtehender Gefäße, oder die Zahl der
Gefäße nimmt gegen das Herbſtholz hin ſehr allmälig ab.
Wie ſehr das Herbſtholz bei den Nadelhölzern von dem
Frühjahrsholze abſticht, das wiſſen wir Alle, und wenn wir es auch nur
an unſeren Stubendielen durch die tiefe Abnutzung des ſehr weichen Früh-
jahrsholzes gelernt hätten, wodurch ſich auf den Dielen vertieftere Furchen
bilden, welche mit den harten gelbbraunen Herbſtholzſtreifen abwechſeln.
Noch deutlicher und beſtimmter ſehen wir es aber auf dem glattgehobelten
Querſchnitte, wo ſich jeder Jahresring ſehr deutlich in eine innere helle und
weiche und in eine äußere harte und gelbbraune Schicht theilt. Beſonders
iſt dies bei dem gemeinen Kiefernholze ſehr in das Auge fallend, während bei
einigen anderen Nadelhölzern dieſer Unterſchied weniger erheblich iſt. Unter
dem Mikroſkop findet man, daß dieſer bedeutende Unterſchied des Herbſt-
holzes bei den Nadelholzarten darauf beruht, daß deſſen Zellen ſehr dickwandig
und dabei in der Richtung der Jahresgrenze ſehr breit gedrückt ſind, ſo
daß in ihnen nur wenig Zellenraum übrig bleibt (XIII. a. H). Es
kommt nicht ſelten vor, daß es ſo ſcheint, als habe vorzeitig die
Herbſtholzbildung begonnen und als ſei nachher wieder in die Frühjahrs-
holzbildung zurückgegriffen worden, bis erſt ſpäter das eigentliche Herbſt-
holz ſich bildete. Dies zeigt ſich namentlich bei der gemeinen Kiefer nicht
ſelten, und dann kann man zuweilen verſucht ſein, ſolche vorzeitige Herbſt-
holzringe für Jahresringe zu halten.
Neben dieſer ſehr bedeutenden Scheidung der einzelnen Jahresringe
in eine Frühjahrs- und eine Herbſtſchicht bei den Nadelhölzern, kann
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/130>, abgerufen am 22.12.2024.
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