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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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außer solchen auch kleine und immer kleinere Gefäße fanden. Bei den
allermeisten Holzarten sind sie gleichmäßig und zwar mittel oder klein.
Die großen Gefäße finden sich immer nur im Frühjahrsholze, wovon
wir gleich sprechen werden.

3) Art der Vertheilung der Gefäße im Holzzellgewebe. Wir
werden hierin eins der wesentlichsten Unterscheidungskennzeichen finden.
Am innigsten und gleichmäßigsten ist das Gemenge zwischen Zellen und
Gefäßen bei dem Pfaffenhütchen, Evonymus europaeus; in quer, d. h. die
Markstrahlen durchschneidend, verlaufenden unterbrochenen Reihen geordnet
bei der Ulme; in flammigen Gruppen, von den Zellen abgesondert, bei
dem Kreuzdorn, Rhamnus catharticus.

4) Die Dimensionen der Markstrahlen, die durch große
Breite bei Eiche und Buche den Namen "Spiegel" erworben haben. Bei
manchen Holzarten sind die Markstrahlen auf dem Stammquerschnitte
lange, gleichbreite Linien, bei andern nur kurze, spitz beginnende und
endende Striche (Ahorn), bald sind sie gleichmäßig in großer Anzahl im
Holze vertheilt, bald zu Bündeln vereinigt (Hornbaum, Schwarzerle).

5) Die Farbe, mit Unterscheidung der des Splintes und des Kern-
holzes, ist wenigstens bei einigen Holzarten ein gutes Erkennungszeichen
(Eiche, Ulme, Taxus, Kreuzdorn und andere).

Wenn wir nun auch nach den eben angedeuteten Kennzeichen viele Holz-
arten sicher unterscheiden können, so ist doch einzugestehen, daß die für eine
Art geltenden Kennzeichen bei verschieden alten Bäumen, ja bei einem
und demselben Baume in den jüngeren und älteren Holzschichten nicht
immer übereinstimmend zutreffen. So ist z. B. der Schnitt des abge-
bildeten Eichenholzes offenbar von einem jüngeren wüchsigen Baume oder
wenigstens aus dem mehr nach innen zu liegenden Holze einer alten Eiche
entnommen. An sehr alten Bäumen oder an solchen, die auf einem
schlechten Boden nur kümmerlich erwachsen sind, werden zuletzt die Jahres-
ringe so schmal, daß so zu sagen die Holzkennzeichen nicht einmal Platz
haben, sich geltend zu machen.

Mit dem vorhin vorläufig erwähnten Frühjahrsholze und dem
diesem gegenüberzustellenden Herbstholze hat es folgende Bewandtniß.

Bald nach dem Ausbruch des Laubes entfaltet sich eine große Energie
der Holzbildung und in ziemlich kurzer Zeit ist ein großer Theil des

außer ſolchen auch kleine und immer kleinere Gefäße fanden. Bei den
allermeiſten Holzarten ſind ſie gleichmäßig und zwar mittel oder klein.
Die großen Gefäße finden ſich immer nur im Frühjahrsholze, wovon
wir gleich ſprechen werden.

3) Art der Vertheilung der Gefäße im Holzzellgewebe. Wir
werden hierin eins der weſentlichſten Unterſcheidungskennzeichen finden.
Am innigſten und gleichmäßigſten iſt das Gemenge zwiſchen Zellen und
Gefäßen bei dem Pfaffenhütchen, Evonymus europaeus; in quer, d. h. die
Markſtrahlen durchſchneidend, verlaufenden unterbrochenen Reihen geordnet
bei der Ulme; in flammigen Gruppen, von den Zellen abgeſondert, bei
dem Kreuzdorn, Rhamnus catharticus.

4) Die Dimenſionen der Markſtrahlen, die durch große
Breite bei Eiche und Buche den Namen „Spiegel“ erworben haben. Bei
manchen Holzarten ſind die Markſtrahlen auf dem Stammquerſchnitte
lange, gleichbreite Linien, bei andern nur kurze, ſpitz beginnende und
endende Striche (Ahorn), bald ſind ſie gleichmäßig in großer Anzahl im
Holze vertheilt, bald zu Bündeln vereinigt (Hornbaum, Schwarzerle).

5) Die Farbe, mit Unterſcheidung der des Splintes und des Kern-
holzes, iſt wenigſtens bei einigen Holzarten ein gutes Erkennungszeichen
(Eiche, Ulme, Taxus, Kreuzdorn und andere).

Wenn wir nun auch nach den eben angedeuteten Kennzeichen viele Holz-
arten ſicher unterſcheiden können, ſo iſt doch einzugeſtehen, daß die für eine
Art geltenden Kennzeichen bei verſchieden alten Bäumen, ja bei einem
und demſelben Baume in den jüngeren und älteren Holzſchichten nicht
immer übereinſtimmend zutreffen. So iſt z. B. der Schnitt des abge-
bildeten Eichenholzes offenbar von einem jüngeren wüchſigen Baume oder
wenigſtens aus dem mehr nach innen zu liegenden Holze einer alten Eiche
entnommen. An ſehr alten Bäumen oder an ſolchen, die auf einem
ſchlechten Boden nur kümmerlich erwachſen ſind, werden zuletzt die Jahres-
ringe ſo ſchmal, daß ſo zu ſagen die Holzkennzeichen nicht einmal Platz
haben, ſich geltend zu machen.

Mit dem vorhin vorläufig erwähnten Frühjahrsholze und dem
dieſem gegenüberzuſtellenden Herbſtholze hat es folgende Bewandtniß.

Bald nach dem Ausbruch des Laubes entfaltet ſich eine große Energie
der Holzbildung und in ziemlich kurzer Zeit iſt ein großer Theil des

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[105/0129] außer ſolchen auch kleine und immer kleinere Gefäße fanden. Bei den allermeiſten Holzarten ſind ſie gleichmäßig und zwar mittel oder klein. Die großen Gefäße finden ſich immer nur im Frühjahrsholze, wovon wir gleich ſprechen werden. 3) Art der Vertheilung der Gefäße im Holzzellgewebe. Wir werden hierin eins der weſentlichſten Unterſcheidungskennzeichen finden. Am innigſten und gleichmäßigſten iſt das Gemenge zwiſchen Zellen und Gefäßen bei dem Pfaffenhütchen, Evonymus europaeus; in quer, d. h. die Markſtrahlen durchſchneidend, verlaufenden unterbrochenen Reihen geordnet bei der Ulme; in flammigen Gruppen, von den Zellen abgeſondert, bei dem Kreuzdorn, Rhamnus catharticus. 4) Die Dimenſionen der Markſtrahlen, die durch große Breite bei Eiche und Buche den Namen „Spiegel“ erworben haben. Bei manchen Holzarten ſind die Markſtrahlen auf dem Stammquerſchnitte lange, gleichbreite Linien, bei andern nur kurze, ſpitz beginnende und endende Striche (Ahorn), bald ſind ſie gleichmäßig in großer Anzahl im Holze vertheilt, bald zu Bündeln vereinigt (Hornbaum, Schwarzerle). 5) Die Farbe, mit Unterſcheidung der des Splintes und des Kern- holzes, iſt wenigſtens bei einigen Holzarten ein gutes Erkennungszeichen (Eiche, Ulme, Taxus, Kreuzdorn und andere). Wenn wir nun auch nach den eben angedeuteten Kennzeichen viele Holz- arten ſicher unterſcheiden können, ſo iſt doch einzugeſtehen, daß die für eine Art geltenden Kennzeichen bei verſchieden alten Bäumen, ja bei einem und demſelben Baume in den jüngeren und älteren Holzſchichten nicht immer übereinſtimmend zutreffen. So iſt z. B. der Schnitt des abge- bildeten Eichenholzes offenbar von einem jüngeren wüchſigen Baume oder wenigſtens aus dem mehr nach innen zu liegenden Holze einer alten Eiche entnommen. An ſehr alten Bäumen oder an ſolchen, die auf einem ſchlechten Boden nur kümmerlich erwachſen ſind, werden zuletzt die Jahres- ringe ſo ſchmal, daß ſo zu ſagen die Holzkennzeichen nicht einmal Platz haben, ſich geltend zu machen. Mit dem vorhin vorläufig erwähnten Frühjahrsholze und dem dieſem gegenüberzuſtellenden Herbſtholze hat es folgende Bewandtniß. Bald nach dem Ausbruch des Laubes entfaltet ſich eine große Energie der Holzbildung und in ziemlich kurzer Zeit iſt ein großer Theil des

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/129>, abgerufen am 17.05.2024.