Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.seine Seeligkeit seyn müsse. es die Ehre meiner Religion erfordern sollte. Sei-ne Hauptangelegenheit sey diese, daß er die Vor- schriften meiner Religion mit ununterbrochenem Ei- fer befolge, und nach ienem ewigen Leben trachte. Alles was ihn an dieser allerwichtigsten Beschäfti- gung hindern will, müsse in seinen Augen gering seyn, wenn es auch die Welt noch so hoch schätzen sollte. Denn der Verlust des Zeitlichen, und des Lebens selbst, ist ein wahrer Gewinn, wenn er zum Wohl der Seele gereicht. Er nehme sein Kreutz auf sich -- das heist: Er lasse um der Religion willen, wenn es die Noth erfordert, die allerhärte- sten Verfolgungen über sich ergehen. Die Redens- art: sein Kreutz auf sich nehmen, ist von einer damahls gewöhnlichen sehr schimpflichen und schmerz- haften Todesstrafe, der Kreutzigung, hergenom- men. Dieienige, welche gekreutziget wurden, mu- sten selbst ihr Kreutz zur Gerichtsstätte tragen. So sollen sich auch Bekenner der wahren Religion lieber die schimpflichsten und schmerzhaftesten Leiden aufle- gen lassen, als ihrem Erlöser untreu werden; lieber sterben, als ihre Pflichten vorsetzlich verletzen, oder auf irgend eine Art von ihrem Erlöser abtrünnig werden. Vielleicht möchte iemand denken, diese Forde- leben A 3
ſeine Seeligkeit ſeyn müſſe. es die Ehre meiner Religion erfordern ſollte. Sei-ne Hauptangelegenheit ſey dieſe, daß er die Vor- ſchriften meiner Religion mit ununterbrochenem Ei- fer befolge, und nach ienem ewigen Leben trachte. Alles was ihn an dieſer allerwichtigſten Beſchäfti- gung hindern will, müſſe in ſeinen Augen gering ſeyn, wenn es auch die Welt noch ſo hoch ſchätzen ſollte. Denn der Verluſt des Zeitlichen, und des Lebens ſelbſt, iſt ein wahrer Gewinn, wenn er zum Wohl der Seele gereicht. Er nehme ſein Kreutz auf ſich — das heiſt: Er laſſe um der Religion willen, wenn es die Noth erfordert, die allerhärte- ſten Verfolgungen über ſich ergehen. Die Redens- art: ſein Kreutz auf ſich nehmen, iſt von einer damahls gewöhnlichen ſehr ſchimpflichen und ſchmerz- haften Todesſtrafe, der Kreutzigung, hergenom- men. Dieienige, welche gekreutziget wurden, mu- ſten ſelbſt ihr Kreutz zur Gerichtsſtätte tragen. So ſollen ſich auch Bekenner der wahren Religion lieber die ſchimpflichſten und ſchmerzhafteſten Leiden aufle- gen laſſen, als ihrem Erlöſer untreu werden; lieber ſterben, als ihre Pflichten vorſetzlich verletzen, oder auf irgend eine Art von ihrem Erlöſer abtrünnig werden. Vielleicht möchte iemand denken, dieſe Forde- leben A 3
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ſeine Seeligkeit ſeyn müſſe.
es die Ehre meiner Religion erfordern ſollte. Sei-
ne Hauptangelegenheit ſey dieſe, daß er die Vor-
ſchriften meiner Religion mit ununterbrochenem Ei-
fer befolge, und nach ienem ewigen Leben trachte.
Alles was ihn an dieſer allerwichtigſten Beſchäfti-
gung hindern will, müſſe in ſeinen Augen gering
ſeyn, wenn es auch die Welt noch ſo hoch ſchätzen
ſollte. Denn der Verluſt des Zeitlichen, und des
Lebens ſelbſt, iſt ein wahrer Gewinn, wenn er zum
Wohl der Seele gereicht. Er nehme ſein Kreutz
auf ſich — das heiſt: Er laſſe um der Religion
willen, wenn es die Noth erfordert, die allerhärte-
ſten Verfolgungen über ſich ergehen. Die Redens-
art: ſein Kreutz auf ſich nehmen, iſt von einer
damahls gewöhnlichen ſehr ſchimpflichen und ſchmerz-
haften Todesſtrafe, der Kreutzigung, hergenom-
men. Dieienige, welche gekreutziget wurden, mu-
ſten ſelbſt ihr Kreutz zur Gerichtsſtätte tragen. So
ſollen ſich auch Bekenner der wahren Religion lieber
die ſchimpflichſten und ſchmerzhafteſten Leiden aufle-
gen laſſen, als ihrem Erlöſer untreu werden; lieber
ſterben, als ihre Pflichten vorſetzlich verletzen, oder
auf irgend eine Art von ihrem Erlöſer abtrünnig
werden.
Vielleicht möchte iemand denken, dieſe Forde-
rung des Erlöſers habe nur auf ſeine damahligen
Nachfolger ihre Beziehung gehabt. Damahls war
es in der That ſehr gefährlich, ſich, auch nur äuſ-
ſerlich, zum Chriſtenthum zu bekennen. Juden und
Heyden vereinigten ſich in den damahligen Zeiten, die
Chriſten auf das grimmigſte zu verfolgen, und der
dloße Name war ſchon äuſſerſt verhaſt. Aber wir
leben
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