Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Erste Betr. Wie wichtig einem Christen leben, Dank sey es der Fürsehung, in solchen Zei-ten, wo uns niemand wegen unsrer Religion öffent- lich verfolgen darf. Wir haben daher nicht nöthig, um der Religion willen, unsere Ehre, Vergnügen und Bequemlichkelten in Gefahr zu setzen. Das ist alles wahr. Aber sind wir denn gar keinen Versu- chungen zur Verletzung unserer Christenpflichten ausgesetzt? Man kan sich äusserlich zur Religion Jesu bekennen, ohne unter die Zahl seiner wahren Nachfolger zu gehören. Das Allgemeine dieser Forderung Jesu besteht darinnen, daß wir uns die Beförderung seiner Ehre und unserer Seeligkeit über alles sollen angelegen seyn lassen. Wir sollen den Sinn haben, daß wir beständig bereit sind, alles Irdische, wie es auch Namen haben mag, mit Freuden aufzuopfern, wenn es das Bekenntnis sei- ner Lehre und die Wohlfarth unserer Seele erfordert. Bisher bist du noch nicht in die gefährliche Lage ge- kommen, um deiner Religion willen deiner Ehren- stellen, deiner Haabe und Güter beraubt zu werden. Aber wärest du auch entschlossen, das alles willig hinzugeben, wenn du in Zukunft auf diese schwere Probe solltest gesetzt werden? Bisher hat dein Gott weiter nichts von dir verlangt, als die treue und standhafte Beobachtung der gewöhnlichen Pflichten deines Christenberufes. Gehet dir denn auch diese Pflicht über alles in der Welt? Ist dir nicht dein zeitlicher Beruf, deine Handthierung und Gewerbe, deine Haushaltung weit wichtiger, als deine Seele und Seeligkeit? Sind nicht deine Wünsche und Bemühungen weit, weit mehr auf das Zeitliche, als auf das Ewige gerichtet? Wärest du
Erſte Betr. Wie wichtig einem Chriſten leben, Dank ſey es der Fürſehung, in ſolchen Zei-ten, wo uns niemand wegen unſrer Religion öffent- lich verfolgen darf. Wir haben daher nicht nöthig, um der Religion willen, unſere Ehre, Vergnügen und Bequemlichkelten in Gefahr zu ſetzen. Das iſt alles wahr. Aber ſind wir denn gar keinen Verſu- chungen zur Verletzung unſerer Chriſtenpflichten ausgeſetzt? Man kan ſich äuſſerlich zur Religion Jeſu bekennen, ohne unter die Zahl ſeiner wahren Nachfolger zu gehören. Das Allgemeine dieſer Forderung Jeſu beſteht darinnen, daß wir uns die Beförderung ſeiner Ehre und unſerer Seeligkeit über alles ſollen angelegen ſeyn laſſen. Wir ſollen den Sinn haben, daß wir beſtändig bereit ſind, alles Irdiſche, wie es auch Namen haben mag, mit Freuden aufzuopfern, wenn es das Bekenntnis ſei- ner Lehre und die Wohlfarth unſerer Seele erfordert. Bisher biſt du noch nicht in die gefährliche Lage ge- kommen, um deiner Religion willen deiner Ehren- ſtellen, deiner Haabe und Güter beraubt zu werden. Aber wäreſt du auch entſchloſſen, das alles willig hinzugeben, wenn du in Zukunft auf dieſe ſchwere Probe ſollteſt geſetzt werden? Bisher hat dein Gott weiter nichts von dir verlangt, als die treue und ſtandhafte Beobachtung der gewöhnlichen Pflichten deines Chriſtenberufes. Gehet dir denn auch dieſe Pflicht über alles in der Welt? Iſt dir nicht dein zeitlicher Beruf, deine Handthierung und Gewerbe, deine Haushaltung weit wichtiger, als deine Seele und Seeligkeit? Sind nicht deine Wünſche und Bemühungen weit, weit mehr auf das Zeitliche, als auf das Ewige gerichtet? Wäreſt du
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0018" n="6"/><fw place="top" type="header">Erſte Betr. Wie wichtig einem Chriſten</fw><lb/> leben, Dank ſey es der Fürſehung, in ſolchen Zei-<lb/> ten, wo uns niemand wegen unſrer Religion öffent-<lb/> lich verfolgen darf. Wir haben daher nicht nöthig,<lb/> um der Religion willen, unſere Ehre, Vergnügen<lb/> und Bequemlichkelten in Gefahr zu ſetzen. Das iſt<lb/> alles wahr. Aber ſind wir denn gar keinen Verſu-<lb/> chungen zur Verletzung unſerer Chriſtenpflichten<lb/> ausgeſetzt? Man kan ſich äuſſerlich zur Religion<lb/> Jeſu bekennen, ohne unter die Zahl ſeiner wahren<lb/> Nachfolger zu gehören. Das Allgemeine dieſer<lb/> Forderung Jeſu beſteht darinnen, daß wir uns die<lb/> Beförderung ſeiner Ehre und unſerer Seeligkeit über<lb/> alles ſollen angelegen ſeyn laſſen. Wir ſollen den<lb/> Sinn haben, daß wir beſtändig bereit ſind, alles<lb/> Irdiſche, wie es auch Namen haben mag, mit<lb/> Freuden aufzuopfern, wenn es das Bekenntnis ſei-<lb/> ner Lehre und die Wohlfarth unſerer Seele erfordert.<lb/> Bisher biſt du noch nicht in die gefährliche Lage ge-<lb/> kommen, um deiner Religion willen deiner Ehren-<lb/> ſtellen, deiner Haabe und Güter beraubt zu werden.<lb/> Aber wäreſt du auch entſchloſſen, das alles willig<lb/> hinzugeben, wenn du in Zukunft auf dieſe ſchwere<lb/> Probe ſollteſt geſetzt werden? Bisher hat dein<lb/> Gott weiter nichts von dir verlangt, als die treue<lb/> und ſtandhafte Beobachtung der gewöhnlichen<lb/> Pflichten deines Chriſtenberufes. Gehet dir denn<lb/> auch dieſe Pflicht über alles in der Welt? Iſt dir<lb/> nicht dein zeitlicher Beruf, deine Handthierung und<lb/> Gewerbe, deine Haushaltung weit wichtiger, als<lb/> deine Seele und Seeligkeit? Sind nicht deine<lb/> Wünſche und Bemühungen weit, weit mehr auf<lb/> das Zeitliche, als auf das Ewige gerichtet? Wäreſt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">du</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0018]
Erſte Betr. Wie wichtig einem Chriſten
leben, Dank ſey es der Fürſehung, in ſolchen Zei-
ten, wo uns niemand wegen unſrer Religion öffent-
lich verfolgen darf. Wir haben daher nicht nöthig,
um der Religion willen, unſere Ehre, Vergnügen
und Bequemlichkelten in Gefahr zu ſetzen. Das iſt
alles wahr. Aber ſind wir denn gar keinen Verſu-
chungen zur Verletzung unſerer Chriſtenpflichten
ausgeſetzt? Man kan ſich äuſſerlich zur Religion
Jeſu bekennen, ohne unter die Zahl ſeiner wahren
Nachfolger zu gehören. Das Allgemeine dieſer
Forderung Jeſu beſteht darinnen, daß wir uns die
Beförderung ſeiner Ehre und unſerer Seeligkeit über
alles ſollen angelegen ſeyn laſſen. Wir ſollen den
Sinn haben, daß wir beſtändig bereit ſind, alles
Irdiſche, wie es auch Namen haben mag, mit
Freuden aufzuopfern, wenn es das Bekenntnis ſei-
ner Lehre und die Wohlfarth unſerer Seele erfordert.
Bisher biſt du noch nicht in die gefährliche Lage ge-
kommen, um deiner Religion willen deiner Ehren-
ſtellen, deiner Haabe und Güter beraubt zu werden.
Aber wäreſt du auch entſchloſſen, das alles willig
hinzugeben, wenn du in Zukunft auf dieſe ſchwere
Probe ſollteſt geſetzt werden? Bisher hat dein
Gott weiter nichts von dir verlangt, als die treue
und ſtandhafte Beobachtung der gewöhnlichen
Pflichten deines Chriſtenberufes. Gehet dir denn
auch dieſe Pflicht über alles in der Welt? Iſt dir
nicht dein zeitlicher Beruf, deine Handthierung und
Gewerbe, deine Haushaltung weit wichtiger, als
deine Seele und Seeligkeit? Sind nicht deine
Wünſche und Bemühungen weit, weit mehr auf
das Zeitliche, als auf das Ewige gerichtet? Wäreſt
du
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |