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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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seine Seeligkeit seyn müsse.
unserer vornehmsten Wünsche und Bemühungen be-
trachten; wenn wir das zu der wichtigsten Angele-
genheit unsers Lebens machen, daß wir seelig wer-
den mögen. Dann werden wir die Güter dieses
Lebens mit ganz andern Augen ansehen. Vieles,
was dem Weltmenschen groß und wichtig scheint,
das wird uns gering und unerheblich vorkommen.
Wir werden manches Widerwärtige mit Freuden
dulten, weil wir es als ein Mittel zu unserer wah-
ren Wohlfarth betrachten; und eben alsdann, wann
uns die Welt für unglücklich hält, werden wir ver-
gnügt und zufrieden seyn. Das ist die wahre Weis-
heit, wenn sie auch von noch so vielen Menschen für
Thorheit gehalten wird. Davon werden wir recht
lebendig überzeugt werden, wenn wir die vorhin
angeführten Worte unsers Erlösers aufmerksam be-
trachten. Er lehrt uns in denselben, wie wichtig
uns unsere Seeligkeit seyn müsse, und wie klug
es gehandelt sey, wenn wir die Sorge für die-
selbe unsere Hauptsache in der Welt seyn lassen.

1) Wie wichtig uns unsere Seeligkeit seyn
müsse. -- Will mir iemand nachfolgen, der
verleugne sich selbst, und nehme sein Kreutz
auf sich, und folge mir.
Den Sinn dieser Worte
werden wir leichter einsehen, wenn wir die Veran-
lassung dazu bemerken. Er hatte seinen Jüngern
eine Wahrheit gesagt, die ihnen nach ihrer damah-
ligen Denkungsart nicht anders als äusserst unan-
genehm seyn konnte -- daß er nach einiger Zeit in
Jerusalem die grausamsten Beschimpfungen und
Leiden, und den martervollesten Tod selbst würde

erdul-
A 2

ſeine Seeligkeit ſeyn müſſe.
unſerer vornehmſten Wünſche und Bemühungen be-
trachten; wenn wir das zu der wichtigſten Angele-
genheit unſers Lebens machen, daß wir ſeelig wer-
den mögen. Dann werden wir die Güter dieſes
Lebens mit ganz andern Augen anſehen. Vieles,
was dem Weltmenſchen groß und wichtig ſcheint,
das wird uns gering und unerheblich vorkommen.
Wir werden manches Widerwärtige mit Freuden
dulten, weil wir es als ein Mittel zu unſerer wah-
ren Wohlfarth betrachten; und eben alsdann, wann
uns die Welt für unglücklich hält, werden wir ver-
gnügt und zufrieden ſeyn. Das iſt die wahre Weis-
heit, wenn ſie auch von noch ſo vielen Menſchen für
Thorheit gehalten wird. Davon werden wir recht
lebendig überzeugt werden, wenn wir die vorhin
angeführten Worte unſers Erlöſers aufmerkſam be-
trachten. Er lehrt uns in denſelben, wie wichtig
uns unſere Seeligkeit ſeyn müſſe, und wie klug
es gehandelt ſey, wenn wir die Sorge für die-
ſelbe unſere Hauptſache in der Welt ſeyn laſſen.

1) Wie wichtig uns unſere Seeligkeit ſeyn
müſſe. — Will mir iemand nachfolgen, der
verleugne ſich ſelbſt, und nehme ſein Kreutz
auf ſich, und folge mir.
Den Sinn dieſer Worte
werden wir leichter einſehen, wenn wir die Veran-
laſſung dazu bemerken. Er hatte ſeinen Jüngern
eine Wahrheit geſagt, die ihnen nach ihrer damah-
ligen Denkungsart nicht anders als äuſſerſt unan-
genehm ſeyn konnte — daß er nach einiger Zeit in
Jeruſalem die grauſamſten Beſchimpfungen und
Leiden, und den martervolleſten Tod ſelbſt würde

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[3/0015] ſeine Seeligkeit ſeyn müſſe. unſerer vornehmſten Wünſche und Bemühungen be- trachten; wenn wir das zu der wichtigſten Angele- genheit unſers Lebens machen, daß wir ſeelig wer- den mögen. Dann werden wir die Güter dieſes Lebens mit ganz andern Augen anſehen. Vieles, was dem Weltmenſchen groß und wichtig ſcheint, das wird uns gering und unerheblich vorkommen. Wir werden manches Widerwärtige mit Freuden dulten, weil wir es als ein Mittel zu unſerer wah- ren Wohlfarth betrachten; und eben alsdann, wann uns die Welt für unglücklich hält, werden wir ver- gnügt und zufrieden ſeyn. Das iſt die wahre Weis- heit, wenn ſie auch von noch ſo vielen Menſchen für Thorheit gehalten wird. Davon werden wir recht lebendig überzeugt werden, wenn wir die vorhin angeführten Worte unſers Erlöſers aufmerkſam be- trachten. Er lehrt uns in denſelben, wie wichtig uns unſere Seeligkeit ſeyn müſſe, und wie klug es gehandelt ſey, wenn wir die Sorge für die- ſelbe unſere Hauptſache in der Welt ſeyn laſſen. 1) Wie wichtig uns unſere Seeligkeit ſeyn müſſe. — Will mir iemand nachfolgen, der verleugne ſich ſelbſt, und nehme ſein Kreutz auf ſich, und folge mir. Den Sinn dieſer Worte werden wir leichter einſehen, wenn wir die Veran- laſſung dazu bemerken. Er hatte ſeinen Jüngern eine Wahrheit geſagt, die ihnen nach ihrer damah- ligen Denkungsart nicht anders als äuſſerſt unan- genehm ſeyn konnte — daß er nach einiger Zeit in Jeruſalem die grauſamſten Beſchimpfungen und Leiden, und den martervolleſten Tod ſelbſt würde erdul- A 2

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/15>, abgerufen am 21.11.2024.