Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Siebende Betr. Von Jesu Christo verschafte dennoch den Israeliten keine vollkommeneBeruhigung. Was nun so viele auf einander fol- gende Hohepriester in so viel hundert Jahren, und iährlichen Versöhnungstagen nicht bewerkstelligen konnten, das alles hat Christus mit einem einzigen Opfer vollendet. Er selbst gab sich in seinem schmerzlichen Leiden und Tode für die Sünden der ganzen Welt zum Opfer hin, und nachdem er sieg- reich wieder aus dem Grabe hervorgegangen, satzte er sich im Himmel, als dem rechten Allerheiligsten, auf den Thron der Maiestät. Durch dieses sein Lei- den und durch seinen Tod hat er die Strafen unserer Sünden hinweggenommen, so daß wir die voll- kommenste Verzeihung ganz zuverläßig erwarten können, wenn wir ihn in der gehörigen Ordnung für unsern Erlöser und Versöhner erkennen. Durch ihn kan iedermann Gnade erlangen, wer nur Gna- de wünscht, und ernstlich suchet. Folglich ist er nicht nur als ein großer Lehrer des menschlichen Geschlechtes anzusehen, der die Wahrheit seiner Lehre mit seinem Blute versiegelt hat, sondern auch, und vornemlich als der große Wohlthäter und Versöhner des menschlichen Geschlechts, der allen Menschen die vollkommenste Verzeihung aller ihrer Sünden bey Gott möglich und leicht gemacht hat, der uns in einen so erwünschten Zustand versetzt, daß wir den Tod als eine Wohlthat betrachten kön- nen -- der Urheber unserer Seeligkeit. Aber wie hätte der Sohn Gottes das alles lei- gel
Siebende Betr. Von Jeſu Chriſto verſchafte dennoch den Iſraeliten keine vollkommeneBeruhigung. Was nun ſo viele auf einander fol- gende Hoheprieſter in ſo viel hundert Jahren, und iährlichen Verſöhnungstagen nicht bewerkſtelligen konnten, das alles hat Chriſtus mit einem einzigen Opfer vollendet. Er ſelbſt gab ſich in ſeinem ſchmerzlichen Leiden und Tode für die Sünden der ganzen Welt zum Opfer hin, und nachdem er ſieg- reich wieder aus dem Grabe hervorgegangen, ſatzte er ſich im Himmel, als dem rechten Allerheiligſten, auf den Thron der Maieſtät. Durch dieſes ſein Lei- den und durch ſeinen Tod hat er die Strafen unſerer Sünden hinweggenommen, ſo daß wir die voll- kommenſte Verzeihung ganz zuverläßig erwarten können, wenn wir ihn in der gehörigen Ordnung für unſern Erlöſer und Verſöhner erkennen. Durch ihn kan iedermann Gnade erlangen, wer nur Gna- de wünſcht, und ernſtlich ſuchet. Folglich iſt er nicht nur als ein großer Lehrer des menſchlichen Geſchlechtes anzuſehen, der die Wahrheit ſeiner Lehre mit ſeinem Blute verſiegelt hat, ſondern auch, und vornemlich als der große Wohlthäter und Verſöhner des menſchlichen Geſchlechts, der allen Menſchen die vollkommenſte Verzeihung aller ihrer Sünden bey Gott möglich und leicht gemacht hat, der uns in einen ſo erwünſchten Zuſtand verſetzt, daß wir den Tod als eine Wohlthat betrachten kön- nen — der Urheber unſerer Seeligkeit. Aber wie hätte der Sohn Gottes das alles lei- gel
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Siebende Betr. Von Jeſu Chriſto
verſchafte dennoch den Iſraeliten keine vollkommene
Beruhigung. Was nun ſo viele auf einander fol-
gende Hoheprieſter in ſo viel hundert Jahren, und
iährlichen Verſöhnungstagen nicht bewerkſtelligen
konnten, das alles hat Chriſtus mit einem einzigen
Opfer vollendet. Er ſelbſt gab ſich in ſeinem
ſchmerzlichen Leiden und Tode für die Sünden der
ganzen Welt zum Opfer hin, und nachdem er ſieg-
reich wieder aus dem Grabe hervorgegangen, ſatzte
er ſich im Himmel, als dem rechten Allerheiligſten,
auf den Thron der Maieſtät. Durch dieſes ſein Lei-
den und durch ſeinen Tod hat er die Strafen unſerer
Sünden hinweggenommen, ſo daß wir die voll-
kommenſte Verzeihung ganz zuverläßig erwarten
können, wenn wir ihn in der gehörigen Ordnung
für unſern Erlöſer und Verſöhner erkennen. Durch
ihn kan iedermann Gnade erlangen, wer nur Gna-
de wünſcht, und ernſtlich ſuchet. Folglich iſt er
nicht nur als ein großer Lehrer des menſchlichen
Geſchlechtes anzuſehen, der die Wahrheit ſeiner
Lehre mit ſeinem Blute verſiegelt hat, ſondern
auch, und vornemlich als der große Wohlthäter und
Verſöhner des menſchlichen Geſchlechts, der allen
Menſchen die vollkommenſte Verzeihung aller ihrer
Sünden bey Gott möglich und leicht gemacht hat,
der uns in einen ſo erwünſchten Zuſtand verſetzt,
daß wir den Tod als eine Wohlthat betrachten kön-
nen — der Urheber unſerer Seeligkeit.
Aber wie hätte der Sohn Gottes das alles lei-
ſten, wie hätte er leiden und ſterben können, wenn
er nicht eine menſchliche Natur an ſich genommen
hätte? Oder ſetzet den Fall, Gott hätte einen En-
gel
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