dois dire ici, pour disculper a cet egard le philosophe, que frappe des raisons, dont j'appuyois mon opinion, il etoit bien determine, a faire a la decence, a la pudeur et aux convenances morales, ce sa¬ crifice de quelques pages froides, insignifiantes et fastidieuses pour l'homme, meme le plus dissolu, et revoltantes ou inintelligibles pour une femme honnete. Il est certain, que l'ouvrage ainsi epure, n'auroit rien perdu de son effet." Schon Lessing, der in der Dra¬ maturgie, No. 84. ff. 1768, ein Stück aus den bijoux indiscrets übersetzte und dadurch schon damals das Deutsche Publicum zuerst wohl mit der Existenz dieses Buchs bekannt machte, sagt überein¬ stimmend mit Naigeon: "Dieses Buch heißt: Les Bijoux indiscrets, und Diderot will es jetzt durchaus nicht geschrieben haben. Daran thut Diderot auch sehr wohl; aber doch hat er es geschrieben, und muß es geschrieben haben, wenn er nicht ein Plagiarius sein will. Auch ist es gewiß, baß nur ein solcher junger Mann dieses Buch schreiben konnte, der sich einmal schämen würde, es geschrieben zu haben."
(53) S. 246. In diesem Urtheil stimme ich mit I. Dunlop: Geschichte der Prosadichtungen, (history of the fiction) aus dem Eng¬ lischen von F. Liebrecht, Berlin 1851, S. 397., überein. Die Franzosen schwärmen noch immer für das Buch. Wir glauben, daß St. Beuve auch bei uns als Kritiker ein sehr geachteter Name ist und St. Beuve sagt in den critiques et portraits litteraires, ed. de Bruxelles, 1832, T. II., S. 176. ff. so viel Schmeichelhaftes, als nur möglich. Er nennt es ein kleines Meisterwerk, dont la fraicheur sans Fard soit immortelle. "Manon Lescautsubsiste a jamais, et, en depit des revolutions du goaut et des modes sans nombre, qui en eclip¬ sent le vrai regne, elle peut garder au fond sur son propre sort cette indifference folatre et languissante, qu'on lui connoeit".
(54) S. 251. I. Schmidts Arbeit enthält nicht weniger über Shakespeare, Racine, Voltaire und die Deutsche Romantik viel Interessantes, aus wirklichem Quellenstudium Hervorgegangenes. Wenn dieselbe, wie es scheint, wenig bekannt geworden ist, so hat dies seine Ursache wohl in zwei Umständen: einmal darin, daß der Verfasser keinen eigentlich historischen Gang einhält, sondern eine, wie uns scheint, künstliche Gruppirung befolgend, dem Leser, der mit einem Appercü der Weltgeschichte im Kopf an ihn herangeht, schwer zugänglich ist; sodann darin, daß der Verfasser an keiner der von ihm betrachteten Gestalten Freude hat. Ein gewisser mißmuthiger, mit allen Erschei¬ nungen der Geschichte grollender Ton geht durch das ganze Buch. I. Schmidt hat das Talent, die negative Seite der Phänomene scharf
dois dire ici, pour disculper à cet égard le philosophe, que frappé des raisons, dont j'appuyois mon opinion, il étoit bien déterminé, à faire à la décence, à la pudeur et aux convenances morales, ce sa¬ crifice de quelques pages froides, insignifiantes et fastidieuses pour l'homme, même le plus dissolu, et révoltantes ou inintelligibles pour une femme honnête. Il est certain, que l'ouvrage ainsi épuré, n'auroit rièn perdu de son effet.“ Schon Leſſing, der in der Dra¬ maturgie, No. 84. ff. 1768, ein Stück aus den bijoux indiscrets überſetzte und dadurch ſchon damals das Deutſche Publicum zuerſt wohl mit der Exiſtenz dieſes Buchs bekannt machte, ſagt überein¬ ſtimmend mit Naigeon: „Dieſes Buch heißt: Les Bijoux indiscrets, und Diderot will es jetzt durchaus nicht geſchrieben haben. Daran thut Diderot auch ſehr wohl; aber doch hat er es geſchrieben, und muß es geſchrieben haben, wenn er nicht ein Plagiarius ſein will. Auch iſt es gewiß, baß nur ein ſolcher junger Mann dieſes Buch ſchreiben konnte, der ſich einmal ſchämen würde, es geſchrieben zu haben.“
(53) S. 246. In dieſem Urtheil ſtimme ich mit I. Dunlop: Geſchichte der Proſadichtungen, (history of the fiction) aus dem Eng¬ liſchen von F. Liebrecht, Berlin 1851, S. 397., überein. Die Franzoſen ſchwärmen noch immer für das Buch. Wir glauben, daß St. Beuve auch bei uns als Kritiker ein ſehr geachteter Name iſt und St. Beuve ſagt in den critiques et portraits littéraires, ed. de Bruxelles, 1832, T. II., S. 176. ff. ſo viel Schmeichelhaftes, als nur möglich. Er nennt es ein kleines Meiſterwerk, dont la fraicheur sans Fard soit immortelle. „Manon Lescautsubsiste à jamais, et, en dépit des révolutions du goût et des modes sans nombre, qui en éclip¬ sent le vrai règne, elle peut garder au fond sur son propre sort cette indifférence folâtre et languissante, qu'on lui connoît“.
(54) S. 251. I. Schmidts Arbeit enthält nicht weniger über Shakeſpeare, Racine, Voltaire und die Deutſche Romantik viel Intereſſantes, aus wirklichem Quellenſtudium Hervorgegangenes. Wenn dieſelbe, wie es ſcheint, wenig bekannt geworden iſt, ſo hat dies ſeine Urſache wohl in zwei Umſtänden: einmal darin, daß der Verfaſſer keinen eigentlich hiſtoriſchen Gang einhält, ſondern eine, wie uns ſcheint, künſtliche Gruppirung befolgend, dem Leſer, der mit einem Apperçü der Weltgeſchichte im Kopf an ihn herangeht, ſchwer zugänglich iſt; ſodann darin, daß der Verfaſſer an keiner der von ihm betrachteten Geſtalten Freude hat. Ein gewiſſer mißmuthiger, mit allen Erſchei¬ nungen der Geſchichte grollender Ton geht durch das ganze Buch. I. Schmidt hat das Talent, die negative Seite der Phänomene ſcharf
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[452/0474]
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faire à la décence, à la pudeur et aux convenances morales, ce sa¬
crifice de quelques pages froides, insignifiantes et fastidieuses pour
l'homme, même le plus dissolu, et révoltantes ou inintelligibles pour
une femme honnête. Il est certain, que l'ouvrage ainsi épuré,
n'auroit rièn perdu de son effet.“ Schon Leſſing, der in der Dra¬
maturgie, No. 84. ff. 1768, ein Stück aus den bijoux indiscrets
überſetzte und dadurch ſchon damals das Deutſche Publicum zuerſt
wohl mit der Exiſtenz dieſes Buchs bekannt machte, ſagt überein¬
ſtimmend mit Naigeon: „Dieſes Buch heißt: Les Bijoux indiscrets,
und Diderot will es jetzt durchaus nicht geſchrieben haben. Daran
thut Diderot auch ſehr wohl; aber doch hat er es geſchrieben, und muß
es geſchrieben haben, wenn er nicht ein Plagiarius ſein will. Auch
iſt es gewiß, baß nur ein ſolcher junger Mann dieſes Buch ſchreiben
konnte, der ſich einmal ſchämen würde, es geſchrieben zu haben.“
(53) S. 246. In dieſem Urtheil ſtimme ich mit I. Dunlop:
Geſchichte der Proſadichtungen, (history of the fiction) aus dem Eng¬
liſchen von F. Liebrecht, Berlin 1851, S. 397., überein. Die
Franzoſen ſchwärmen noch immer für das Buch. Wir glauben, daß
St. Beuve auch bei uns als Kritiker ein ſehr geachteter Name iſt
und St. Beuve ſagt in den critiques et portraits littéraires, ed. de
Bruxelles, 1832, T. II., S. 176. ff. ſo viel Schmeichelhaftes, als nur
möglich. Er nennt es ein kleines Meiſterwerk, dont la fraicheur sans
Fard soit immortelle. „ Manon Lescaut subsiste à jamais, et, en
dépit des révolutions du goût et des modes sans nombre, qui en éclip¬
sent le vrai règne, elle peut garder au fond sur son propre sort
cette indifférence folâtre et languissante, qu'on lui connoît“.
(54) S. 251. I. Schmidts Arbeit enthält nicht weniger
über Shakeſpeare, Racine, Voltaire und die Deutſche Romantik viel
Intereſſantes, aus wirklichem Quellenſtudium Hervorgegangenes. Wenn
dieſelbe, wie es ſcheint, wenig bekannt geworden iſt, ſo hat dies ſeine
Urſache wohl in zwei Umſtänden: einmal darin, daß der Verfaſſer
keinen eigentlich hiſtoriſchen Gang einhält, ſondern eine, wie uns ſcheint,
künſtliche Gruppirung befolgend, dem Leſer, der mit einem Apperçü
der Weltgeſchichte im Kopf an ihn herangeht, ſchwer zugänglich iſt;
ſodann darin, daß der Verfaſſer an keiner der von ihm betrachteten
Geſtalten Freude hat. Ein gewiſſer mißmuthiger, mit allen Erſchei¬
nungen der Geſchichte grollender Ton geht durch das ganze Buch.
I. Schmidt hat das Talent, die negative Seite der Phänomene ſcharf
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/474>, abgerufen am 24.11.2024.
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