Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

Römischen Ritters Pantheras; läßt ihn die Fiction machen,
daß Priap nebst den Satyrn sich taufen lassen, um als
Mönche ein feistes, wollüstiges Leben zu führen u. s. w.
Wenn ein Faun dichtete, würde er wie Parny dichten, denn
durch den Priap läßt er endlich die Ruhe zwischen den
Göttern wiederherstellen, nachdem unter Constantin sich ein¬
mal so viele Menschen den Olympiern entwöhnt und den
Christengöttern sich zugewendet hätten:

Ici l'on plaide, et l'on juge la bas:
L'homne a juge: bien ou mal, il n'importe.

Damit aber ist Parny noch nicht zufrieden, sondern in
einem Epilog nimmt er, um in seinem frivolen Hohn recht
methodisch gründlich zu sein, die Miene eines heiligen
Sängers an, dessen Herz rein, dessen Zunge lauter sei,
schildert den Untergang der Welt und das Gericht des
Herrn mit den lebhaftesten Farben und versetzt sich schließlich
in's Paradies:

Moi qui, plug sage, ai cru sans examen,
Au paradis radieux je m'enleve:
l'entre; et tandis qu'aupres de Genevieve
Je suis assis dans le celeste Eden,
L'enfer recoit nos soldats temeraires,
Qui de Jesus houspillent les vicaires,
Lez persiffleurs du culte de nos peres,
Et les amans des filles de nos meres,
Et les frondeurs de mes rimes sinceres,
In saecula saeculorum; amen!

Man wird sich wohl an diesem einen Beispiel ächter
Frivolität genügen lassen, denn es widersteht uns, uns
weiter auf ein Feld zu begeben, auf welchem der Witz zur
Aermlichkeit der fadesten Pointen und das Schöne zu stereo¬

Römiſchen Ritters Pantheras; läßt ihn die Fiction machen,
daß Priap nebſt den Satyrn ſich taufen laſſen, um als
Mönche ein feiſtes, wollüſtiges Leben zu führen u. ſ. w.
Wenn ein Faun dichtete, würde er wie Parny dichten, denn
durch den Priap läßt er endlich die Ruhe zwiſchen den
Göttern wiederherſtellen, nachdem unter Conſtantin ſich ein¬
mal ſo viele Menſchen den Olympiern entwöhnt und den
Chriſtengöttern ſich zugewendet hätten:

Ici l'on plaide, et l'on juge la bas:
L'homne a jugé: bien ou mal, il n'importe.

Damit aber iſt Parny noch nicht zufrieden, ſondern in
einem Epilog nimmt er, um in ſeinem frivolen Hohn recht
methodiſch gründlich zu ſein, die Miene eines heiligen
Sängers an, deſſen Herz rein, deſſen Zunge lauter ſei,
ſchildert den Untergang der Welt und das Gericht des
Herrn mit den lebhafteſten Farben und verſetzt ſich ſchließlich
in's Paradies:

Moi qui, plug sage, ai cru sans examen,
Au paradis radieux je m'enlève:
l'entre; et tandis qu'auprès de Geneviève
Je suis assis dans le céleste Eden,
L'enfer reçoit nos soldats téméraires,
Qui de Jésus houspillent les vicaires,
Lez persiffleurs du culte de nos pères,
Et les amans des filles de nos mères,
Et les frondeurs de mes rimes sincères,
In saecula saeculorum; amen!

Man wird ſich wohl an dieſem einen Beiſpiel ächter
Frivolität genügen laſſen, denn es widerſteht uns, uns
weiter auf ein Feld zu begeben, auf welchem der Witz zur
Aermlichkeit der fadeſten Pointen und das Schöne zu ſtereo¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0296" n="274"/>
Römi&#x017F;chen Ritters Pantheras; läßt ihn die Fiction machen,<lb/>
daß Priap neb&#x017F;t den Satyrn &#x017F;ich taufen la&#x017F;&#x017F;en, um als<lb/>
Mönche ein fei&#x017F;tes, wollü&#x017F;tiges Leben zu führen u. &#x017F;. w.<lb/>
Wenn ein Faun dichtete, würde er wie Parny dichten, denn<lb/>
durch den Priap läßt er endlich die Ruhe zwi&#x017F;chen den<lb/>
Göttern wiederher&#x017F;tellen, nachdem unter Con&#x017F;tantin &#x017F;ich ein¬<lb/>
mal &#x017F;o viele Men&#x017F;chen den Olympiern entwöhnt und den<lb/>
Chri&#x017F;tengöttern &#x017F;ich zugewendet hätten:</p><lb/>
                <lg type="poem">
                  <l><hi rendition="#aq">Ici l'on plaide, et l'on juge la bas</hi>:</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">L'homne a jugé: bien ou mal, il n'importe.</hi> </l><lb/>
                </lg>
                <p>Damit aber i&#x017F;t Parny noch nicht zufrieden, &#x017F;ondern in<lb/>
einem Epilog nimmt er, um in &#x017F;einem frivolen Hohn recht<lb/>
methodi&#x017F;ch gründlich zu &#x017F;ein, die Miene eines heiligen<lb/>
Sängers an, de&#x017F;&#x017F;en Herz rein, de&#x017F;&#x017F;en Zunge lauter &#x017F;ei,<lb/>
&#x017F;childert den Untergang der Welt und das Gericht des<lb/>
Herrn mit den lebhafte&#x017F;ten Farben und ver&#x017F;etzt &#x017F;ich &#x017F;chließlich<lb/>
in's Paradies:</p><lb/>
                <lg type="poem">
                  <l> <hi rendition="#aq">Moi qui, plug sage, ai cru sans examen,</hi> </l><lb/>
                  <l><hi rendition="#aq">Au paradis radieux je m'enlève</hi>:</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">l'entre; et tandis qu'auprès de Geneviève</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">Je suis assis dans le céleste Eden,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">L'enfer reçoit nos soldats téméraires,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">Qui de Jésus houspillent les vicaires,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">Lez persiffleurs du culte de nos pères,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">Et les amans des filles de nos mères,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">Et les frondeurs de mes rimes sincères,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">In saecula saeculorum; amen!</hi> </l><lb/>
                </lg>
                <p>Man wird &#x017F;ich wohl an die&#x017F;em einen Bei&#x017F;piel ächter<lb/>
Frivolität genügen la&#x017F;&#x017F;en, denn es wider&#x017F;teht uns, uns<lb/>
weiter auf ein Feld zu begeben, auf welchem der Witz zur<lb/>
Aermlichkeit der fade&#x017F;ten Pointen und das Schöne zu &#x017F;tereo¬<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0296] Römiſchen Ritters Pantheras; läßt ihn die Fiction machen, daß Priap nebſt den Satyrn ſich taufen laſſen, um als Mönche ein feiſtes, wollüſtiges Leben zu führen u. ſ. w. Wenn ein Faun dichtete, würde er wie Parny dichten, denn durch den Priap läßt er endlich die Ruhe zwiſchen den Göttern wiederherſtellen, nachdem unter Conſtantin ſich ein¬ mal ſo viele Menſchen den Olympiern entwöhnt und den Chriſtengöttern ſich zugewendet hätten: Ici l'on plaide, et l'on juge la bas: L'homne a jugé: bien ou mal, il n'importe. Damit aber iſt Parny noch nicht zufrieden, ſondern in einem Epilog nimmt er, um in ſeinem frivolen Hohn recht methodiſch gründlich zu ſein, die Miene eines heiligen Sängers an, deſſen Herz rein, deſſen Zunge lauter ſei, ſchildert den Untergang der Welt und das Gericht des Herrn mit den lebhafteſten Farben und verſetzt ſich ſchließlich in's Paradies: Moi qui, plug sage, ai cru sans examen, Au paradis radieux je m'enlève: l'entre; et tandis qu'auprès de Geneviève Je suis assis dans le céleste Eden, L'enfer reçoit nos soldats téméraires, Qui de Jésus houspillent les vicaires, Lez persiffleurs du culte de nos pères, Et les amans des filles de nos mères, Et les frondeurs de mes rimes sincères, In saecula saeculorum; amen! Man wird ſich wohl an dieſem einen Beiſpiel ächter Frivolität genügen laſſen, denn es widerſteht uns, uns weiter auf ein Feld zu begeben, auf welchem der Witz zur Aermlichkeit der fadeſten Pointen und das Schöne zu ſtereo¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/296
Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/296>, abgerufen am 23.11.2024.