von der Orgie an, in welcher wir ihn zuerst kennen lernen, bis zu dem ekelhaften Abentheuer in der Spelunke, worin er ermordet werden soll, ist auch nicht eine Spur edlen Wesens an ihm zu entdecken. Dieser Triboulet aber, der so giftige Impromtus auf Jedermann schleudert, der so bos¬ hafte Rathschläge gibt, der den unglücklichen St. Vallier seiner vom Könige geschändeten Tochter halber verhöhnt, soll doch zugleich ein zärtlicher Vater sein und neben seinem Narrenthum, das er nur als Gewerbe betreibt, ein wahrhaft priesterliches, humanes Bewußtsein besitzen. Er hat zu seinem Unglück eine schöne Tochter, die dem Könige gefällt. Der König, der sie in der Kirche gesehen, weiß nicht, daß Blanche die Tochter seines Hofnarren ist. Verkleidet schleicht er ihr nach. Höflinge, von Triboulets Sarkasmen beleidigt, über¬ fallen seine Tochter, knebeln sie, rauben sie und führen sie dem Könige zu, der sie, die weinende und flehende, in sein Cabinet nimmt, dessen Thür verschließt und sie con amore schändet, während eben diese Thür von den Höflingen be¬ wacht und gegen den ahnungsvoll auf sie eindringenden Triboulet vertheidigt wird. Kann man sich eine brutalere Situation ersinnen? Nun will der Narr den König von einem Zigeuner Saltabadil für zwanzig Goldstücke ermorden lassen, der aber durch Zufall und Wirrniß Triboulets Tochter ermordet, welche den König liebt, obwohl er sie ihrer Ehre beraubt hat. Saltabadil steckt die Leiche in einen Sack; Triboulet setzt darin die Leiche des Königs voraus und will den Sack in die Seine werfen. Jedoch, seine Rache recht zu ersättigen, will er den Gemordeten noch einmal sehen. In der pechfinstern Nacht wäre dies freilich unmöglich, allein der gefällige Dichter läßt sofort ein Gewitter heraufziehen, mit dem Schein seiner Blitze zuweilen zu leuchten. Triboulet
von der Orgie an, in welcher wir ihn zuerſt kennen lernen, bis zu dem ekelhaften Abentheuer in der Spelunke, worin er ermordet werden ſoll, iſt auch nicht eine Spur edlen Weſens an ihm zu entdecken. Dieſer Triboulet aber, der ſo giftige Impromtus auf Jedermann ſchleudert, der ſo bos¬ hafte Rathſchläge gibt, der den unglücklichen St. Vallier ſeiner vom Könige geſchändeten Tochter halber verhöhnt, ſoll doch zugleich ein zärtlicher Vater ſein und neben ſeinem Narrenthum, das er nur als Gewerbe betreibt, ein wahrhaft prieſterliches, humanes Bewußtſein beſitzen. Er hat zu ſeinem Unglück eine ſchöne Tochter, die dem Könige gefällt. Der König, der ſie in der Kirche geſehen, weiß nicht, daß Blanche die Tochter ſeines Hofnarren iſt. Verkleidet ſchleicht er ihr nach. Höflinge, von Triboulets Sarkasmen beleidigt, über¬ fallen ſeine Tochter, knebeln ſie, rauben ſie und führen ſie dem Könige zu, der ſie, die weinende und flehende, in ſein Cabinet nimmt, deſſen Thür verſchließt und ſie con amore ſchändet, während eben dieſe Thür von den Höflingen be¬ wacht und gegen den ahnungsvoll auf ſie eindringenden Triboulet vertheidigt wird. Kann man ſich eine brutalere Situation erſinnen? Nun will der Narr den König von einem Zigeuner Saltabadil für zwanzig Goldſtücke ermorden laſſen, der aber durch Zufall und Wirrniß Triboulets Tochter ermordet, welche den König liebt, obwohl er ſie ihrer Ehre beraubt hat. Saltabadil ſteckt die Leiche in einen Sack; Triboulet ſetzt darin die Leiche des Königs voraus und will den Sack in die Seine werfen. Jedoch, ſeine Rache recht zu erſättigen, will er den Gemordeten noch einmal ſehen. In der pechfinſtern Nacht wäre dies freilich unmöglich, allein der gefällige Dichter läßt ſofort ein Gewitter heraufziehen, mit dem Schein ſeiner Blitze zuweilen zu leuchten. Triboulet
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von der Orgie an, in welcher wir ihn zuerſt kennen lernen,
bis zu dem ekelhaften Abentheuer in der Spelunke, worin
er ermordet werden ſoll, iſt auch nicht eine Spur edlen
Weſens an ihm zu entdecken. Dieſer Triboulet aber, der ſo
giftige Impromtus auf Jedermann ſchleudert, der ſo bos¬
hafte Rathſchläge gibt, der den unglücklichen St. Vallier
ſeiner vom Könige geſchändeten Tochter halber verhöhnt,
ſoll doch zugleich ein zärtlicher Vater ſein und neben ſeinem
Narrenthum, das er nur als Gewerbe betreibt, ein wahrhaft
prieſterliches, humanes Bewußtſein beſitzen. Er hat zu ſeinem
Unglück eine ſchöne Tochter, die dem Könige gefällt. Der
König, der ſie in der Kirche geſehen, weiß nicht, daß Blanche
die Tochter ſeines Hofnarren iſt. Verkleidet ſchleicht er ihr
nach. Höflinge, von Triboulets Sarkasmen beleidigt, über¬
fallen ſeine Tochter, knebeln ſie, rauben ſie und führen ſie
dem Könige zu, der ſie, die weinende und flehende, in ſein
Cabinet nimmt, deſſen Thür verſchließt und ſie con amore
ſchändet, während eben dieſe Thür von den Höflingen be¬
wacht und gegen den ahnungsvoll auf ſie eindringenden
Triboulet vertheidigt wird. Kann man ſich eine brutalere
Situation erſinnen? Nun will der Narr den König von
einem Zigeuner Saltabadil für zwanzig Goldſtücke ermorden
laſſen, der aber durch Zufall und Wirrniß Triboulets Tochter
ermordet, welche den König liebt, obwohl er ſie ihrer Ehre
beraubt hat. Saltabadil ſteckt die Leiche in einen Sack;
Triboulet ſetzt darin die Leiche des Königs voraus und will
den Sack in die Seine werfen. Jedoch, ſeine Rache recht
zu erſättigen, will er den Gemordeten noch einmal ſehen.
In der pechfinſtern Nacht wäre dies freilich unmöglich, allein
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/282>, abgerufen am 22.11.2024.
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