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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Dieses kleine Thal heißen sie "im Winkel."
Es ist noch fast ganz in seiner Urthümlichkeit, nur
daß das stattliche Haus mit seiner kleinen, häus-
lichen Umgebung darin steht, und der Fußpfad
und der Weg dahin führt.

Das Försterhaus nennen sie auch das Winkel-
hüterhaus. Ich bin in dasselbe gegangen, habe in
der Flur mein Bündel auf eine Truhe gestellt und
mich selbst daneben hingesetzt.

Der Förster ist just mit Arbeitsleuten be-
schäftigt, die ihre Rait, das heißt, ihren vierwöchent-
lichen Arbeitslohn einheben, wie es bei den Holz-
leuten so Herkommen ist.

Der Förster, ein sehr herrischer und ein sehr
rothbärtiger Mann, hat die Leute gar rauh und
kurz abgefertigt; und die Leute haben sich die
Rauheit sehr gerne gefallen lassen und gar artig
schweigsam ihr Geld eingestrichen.

Nachdem das Geschäft geschlichtet worden,
steht der Förster auf und reckt seine stemmigen
Glieder, die in echter und rechter Jägertracht stecken.
So trete ich jetztund zu ihm und überreiche ihm
ein Schreiben, das ich von dem Eigenthümer der
Wälder mitgebracht habe.

In diesem Schreiben wird alles Wesentliche
gestanden sein. Es ist mir eine gut eingerichtete
Stube angewiesen worden. Eine kernige Frau, die

Dieſes kleine Thal heißen ſie „im Winkel.“
Es iſt noch faſt ganz in ſeiner Urthümlichkeit, nur
daß das ſtattliche Haus mit ſeiner kleinen, häus-
lichen Umgebung darin ſteht, und der Fußpfad
und der Weg dahin führt.

Das Förſterhaus nennen ſie auch das Winkel-
hüterhaus. Ich bin in dasſelbe gegangen, habe in
der Flur mein Bündel auf eine Truhe geſtellt und
mich ſelbſt daneben hingeſetzt.

Der Förſter iſt juſt mit Arbeitsleuten be-
ſchäftigt, die ihre Rait, das heißt, ihren vierwöchent-
lichen Arbeitslohn einheben, wie es bei den Holz-
leuten ſo Herkommen iſt.

Der Förſter, ein ſehr herriſcher und ein ſehr
rothbärtiger Mann, hat die Leute gar rauh und
kurz abgefertigt; und die Leute haben ſich die
Rauheit ſehr gerne gefallen laſſen und gar artig
ſchweigſam ihr Geld eingeſtrichen.

Nachdem das Geſchäft geſchlichtet worden,
ſteht der Förſter auf und reckt ſeine ſtemmigen
Glieder, die in echter und rechter Jägertracht ſtecken.
So trete ich jetztund zu ihm und überreiche ihm
ein Schreiben, das ich von dem Eigenthümer der
Wälder mitgebracht habe.

In dieſem Schreiben wird alles Weſentliche
geſtanden ſein. Es iſt mir eine gut eingerichtete
Stube angewieſen worden. Eine kernige Frau, die

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[71/0081] Dieſes kleine Thal heißen ſie „im Winkel.“ Es iſt noch faſt ganz in ſeiner Urthümlichkeit, nur daß das ſtattliche Haus mit ſeiner kleinen, häus- lichen Umgebung darin ſteht, und der Fußpfad und der Weg dahin führt. Das Förſterhaus nennen ſie auch das Winkel- hüterhaus. Ich bin in dasſelbe gegangen, habe in der Flur mein Bündel auf eine Truhe geſtellt und mich ſelbſt daneben hingeſetzt. Der Förſter iſt juſt mit Arbeitsleuten be- ſchäftigt, die ihre Rait, das heißt, ihren vierwöchent- lichen Arbeitslohn einheben, wie es bei den Holz- leuten ſo Herkommen iſt. Der Förſter, ein ſehr herriſcher und ein ſehr rothbärtiger Mann, hat die Leute gar rauh und kurz abgefertigt; und die Leute haben ſich die Rauheit ſehr gerne gefallen laſſen und gar artig ſchweigſam ihr Geld eingeſtrichen. Nachdem das Geſchäft geſchlichtet worden, ſteht der Förſter auf und reckt ſeine ſtemmigen Glieder, die in echter und rechter Jägertracht ſtecken. So trete ich jetztund zu ihm und überreiche ihm ein Schreiben, das ich von dem Eigenthümer der Wälder mitgebracht habe. In dieſem Schreiben wird alles Weſentliche geſtanden ſein. Es iſt mir eine gut eingerichtete Stube angewieſen worden. Eine kernige Frau, die

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/81>, abgerufen am 23.11.2024.