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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Mit Verweichlichung seines Körpers sei es
angegangen, mit losen, lockeren Spielen, Gelagen,
Schlemmereien und Ausschweifungen gehe es weiter.
Bah, wir sind Freiherr, wir sind Millionär, wir
sind ein schöner junger Mann, also dreinfahren! --
So hat's der Förster ausgelegt. -- Ei, der wird's
so genau nicht wissen.

Hermann soll in der Hauptstadt sein, weit
von daheim und von seiner Schwester. Ja, selb-
under wäre freilich Alles möglich. -- Gott schütze
dich, Hermann! Es wäre auch nicht schön von mir,
dem Schulmeister, wenn sein erster Schüler ein . . . .

Heb' dich weg, du häßliches Wort! Hermann
ist ein braver, junger Mann. Was weiß der
Förster!



Im Frühjahr 1819.

Die Gegend altert schnell. Die Berge werden
grau und kahl; der Wald wird verbrannt; in allen
Thälern rauchen Kohlstätten.

Mit Mühe habe ich es durchgesetzt, daß sie
da oben an der Hebung einen kleinen Schachen
stehen lassen. Der soll das letzte und bleibende
Stück Urwald sein und unter seinem Schatten sollen
die todten Winkelsteger ruhen.

Der Pfarrhof ist fertig. Die Pfarre ist längst
ausgeschrieben. Einen Lacher thun sie, wenn sie es

Rosegger: Waldschulmeister. 17

Mit Verweichlichung ſeines Körpers ſei es
angegangen, mit loſen, lockeren Spielen, Gelagen,
Schlemmereien und Ausſchweifungen gehe es weiter.
Bah, wir ſind Freiherr, wir ſind Millionär, wir
ſind ein ſchöner junger Mann, alſo dreinfahren! —
So hat’s der Förſter ausgelegt. — Ei, der wird’s
ſo genau nicht wiſſen.

Hermann ſoll in der Hauptſtadt ſein, weit
von daheim und von ſeiner Schweſter. Ja, ſelb-
under wäre freilich Alles möglich. — Gott ſchütze
dich, Hermann! Es wäre auch nicht ſchön von mir,
dem Schulmeiſter, wenn ſein erſter Schüler ein . . . .

Heb’ dich weg, du häßliches Wort! Hermann
iſt ein braver, junger Mann. Was weiß der
Förſter!



Im Frühjahr 1819.

Die Gegend altert ſchnell. Die Berge werden
grau und kahl; der Wald wird verbrannt; in allen
Thälern rauchen Kohlſtätten.

Mit Mühe habe ich es durchgeſetzt, daß ſie
da oben an der Hebung einen kleinen Schachen
ſtehen laſſen. Der ſoll das letzte und bleibende
Stück Urwald ſein und unter ſeinem Schatten ſollen
die todten Winkelſteger ruhen.

Der Pfarrhof iſt fertig. Die Pfarre iſt längſt
ausgeſchrieben. Einen Lacher thun ſie, wenn ſie es

Roſegger: Waldſchulmeiſter. 17
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[257/0267] Mit Verweichlichung ſeines Körpers ſei es angegangen, mit loſen, lockeren Spielen, Gelagen, Schlemmereien und Ausſchweifungen gehe es weiter. Bah, wir ſind Freiherr, wir ſind Millionär, wir ſind ein ſchöner junger Mann, alſo dreinfahren! — So hat’s der Förſter ausgelegt. — Ei, der wird’s ſo genau nicht wiſſen. Hermann ſoll in der Hauptſtadt ſein, weit von daheim und von ſeiner Schweſter. Ja, ſelb- under wäre freilich Alles möglich. — Gott ſchütze dich, Hermann! Es wäre auch nicht ſchön von mir, dem Schulmeiſter, wenn ſein erſter Schüler ein . . . . Heb’ dich weg, du häßliches Wort! Hermann iſt ein braver, junger Mann. Was weiß der Förſter! Im Frühjahr 1819. Die Gegend altert ſchnell. Die Berge werden grau und kahl; der Wald wird verbrannt; in allen Thälern rauchen Kohlſtätten. Mit Mühe habe ich es durchgeſetzt, daß ſie da oben an der Hebung einen kleinen Schachen ſtehen laſſen. Der ſoll das letzte und bleibende Stück Urwald ſein und unter ſeinem Schatten ſollen die todten Winkelſteger ruhen. Der Pfarrhof iſt fertig. Die Pfarre iſt längſt ausgeſchrieben. Einen Lacher thun ſie, wenn ſie es Roſegger: Waldſchulmeiſter. 17

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/267>, abgerufen am 25.11.2024.