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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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"Gelt, Hochwürden!" schreit die Winkelhüterin
in's Gespräch hinein, "wahrhaftig, das sag' ich
hundertmal. Fort möcht' ich von dieser Einöden,
heut lieber wie morgen. Es ist nichts anzuheben
in diesem Winkel. Wie wär' es Unsereinem so
handsam gewesen, daß Ein's an Sonntagen ein
wenig Branntwein ausgeschenkt hätt', aber halt ja,
der Graßsteiger ist der Hahn im Korb!"

"He," lacht der Pfarrer, "Wirthshäuser! wird
noch ein belebter Ort werden, dieses Winkel -- Winkel
-- ei, die Gemeinde hat ja noch gar keinen Namen?!"

Ueber den Namen der Gemeinde ist nicht blos
nachgedacht, es ist ein solcher sogar schon bestimmt
worden. Wie soll die Waldpfarr heißen? Den
Leuten wäre die Erörterung dieser Frage eine will-
kommene Veranlassung gewesen, bei dem neuen
Wirth zusammenzukommen und die Gemeinde mit
Schnaps zu taufen. Aber wir taufen mit Wasser.
Unser Wasser heißt die Winkel; über die Winkel
führt dahier seit unvordenklichen Tagen ein Steg;
wenn ihn das Wasser fortgerissen, so hatten ihn
die Leute wieder gebaut, weil er hier, am Kreuz-
punkte der Thalschluchten und der Waldpfade un-
entbehrlich ist. Den Platz um das Winkelhüterhaus
nennen sie kurzweg "am Steg."

Am Steg, am Winkelsteg steht die neue Kirche.
Und Winkelsteg, so heißt sie, und so heißt die

„Gelt, Hochwürden!“ ſchreit die Winkelhüterin
in’s Geſpräch hinein, „wahrhaftig, das ſag’ ich
hundertmal. Fort möcht’ ich von dieſer Einöden,
heut lieber wie morgen. Es iſt nichts anzuheben
in dieſem Winkel. Wie wär’ es Unſereinem ſo
handſam geweſen, daß Ein’s an Sonntagen ein
wenig Branntwein ausgeſchenkt hätt’, aber halt ja,
der Graßſteiger iſt der Hahn im Korb!“

„He,“ lacht der Pfarrer, „Wirthshäuſer! wird
noch ein belebter Ort werden, dieſes Winkel — Winkel
— ei, die Gemeinde hat ja noch gar keinen Namen?!“

Ueber den Namen der Gemeinde iſt nicht blos
nachgedacht, es iſt ein ſolcher ſogar ſchon beſtimmt
worden. Wie ſoll die Waldpfarr heißen? Den
Leuten wäre die Erörterung dieſer Frage eine will-
kommene Veranlaſſung geweſen, bei dem neuen
Wirth zuſammenzukommen und die Gemeinde mit
Schnaps zu taufen. Aber wir taufen mit Waſſer.
Unſer Waſſer heißt die Winkel; über die Winkel
führt dahier ſeit unvordenklichen Tagen ein Steg;
wenn ihn das Waſſer fortgeriſſen, ſo hatten ihn
die Leute wieder gebaut, weil er hier, am Kreuz-
punkte der Thalſchluchten und der Waldpfade un-
entbehrlich iſt. Den Platz um das Winkelhüterhaus
nennen ſie kurzweg „am Steg.“

Am Steg, am Winkelſteg ſteht die neue Kirche.
Und Winkelſteg, ſo heißt ſie, und ſo heißt die

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[248/0258] „Gelt, Hochwürden!“ ſchreit die Winkelhüterin in’s Geſpräch hinein, „wahrhaftig, das ſag’ ich hundertmal. Fort möcht’ ich von dieſer Einöden, heut lieber wie morgen. Es iſt nichts anzuheben in dieſem Winkel. Wie wär’ es Unſereinem ſo handſam geweſen, daß Ein’s an Sonntagen ein wenig Branntwein ausgeſchenkt hätt’, aber halt ja, der Graßſteiger iſt der Hahn im Korb!“ „He,“ lacht der Pfarrer, „Wirthshäuſer! wird noch ein belebter Ort werden, dieſes Winkel — Winkel — ei, die Gemeinde hat ja noch gar keinen Namen?!“ Ueber den Namen der Gemeinde iſt nicht blos nachgedacht, es iſt ein ſolcher ſogar ſchon beſtimmt worden. Wie ſoll die Waldpfarr heißen? Den Leuten wäre die Erörterung dieſer Frage eine will- kommene Veranlaſſung geweſen, bei dem neuen Wirth zuſammenzukommen und die Gemeinde mit Schnaps zu taufen. Aber wir taufen mit Waſſer. Unſer Waſſer heißt die Winkel; über die Winkel führt dahier ſeit unvordenklichen Tagen ein Steg; wenn ihn das Waſſer fortgeriſſen, ſo hatten ihn die Leute wieder gebaut, weil er hier, am Kreuz- punkte der Thalſchluchten und der Waldpfade un- entbehrlich iſt. Den Platz um das Winkelhüterhaus nennen ſie kurzweg „am Steg.“ Am Steg, am Winkelſteg ſteht die neue Kirche. Und Winkelſteg, ſo heißt ſie, und ſo heißt die

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/258>, abgerufen am 24.11.2024.