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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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unter Eschen ein Tischchen aufgeschlagen und große
Flaschen und kleine Kelchgläser darauf gestellt. "Was
wär' das für eine steintrockene Kirchweih, wenn wir
nicht trinken thäten!" sagen die Leute, und der
Bursche will auch seiner Maid ein Gläschen zahlen.
Und der Teufel ist ein frommer Mann, der will
jede neue Kirche nachmachen, aber es wird halt
immer ein Wirthshaus daraus. Der Schenktisch ist
sein Hochaltar, die weißgeschürzte Wirthin sein
Priester, das Gläserklingen sein Glocken- und Orgel-
spiel, des Wirths Säckel sein Opferstock, die Spiel-
karten sind sein Gebetbuch und wenn Einer in
Rausch und Zank niedergeschlagen wird, so ist das
sein Opferlamm.

Das ist der Schatten von der Kirche. Und
der Arbeiter legt sich nach der heißen Woche nur
zu gerne in den Schatten.

Bei dem Mittagsmahle, das wir selbander im
Winkelhüterhause eingenommen, hat es der Holz-
meister schon erzählt, der Graßsteiger will um Er-
laubniß einkommen, daß er eine Schnapsschenke
errichten dürfe.

Den Wirth hätten wir schon, aber wo steckt
unser Pfarrer?

"'s wird auch Keiner hereinwollen in diesen
mit Brettern verschlagenen Weltwinkel," meint der
Holdenschlager.


unter Eſchen ein Tiſchchen aufgeſchlagen und große
Flaſchen und kleine Kelchgläſer darauf geſtellt. „Was
wär’ das für eine ſteintrockene Kirchweih, wenn wir
nicht trinken thäten!“ ſagen die Leute, und der
Burſche will auch ſeiner Maid ein Gläschen zahlen.
Und der Teufel iſt ein frommer Mann, der will
jede neue Kirche nachmachen, aber es wird halt
immer ein Wirthshaus daraus. Der Schenktiſch iſt
ſein Hochaltar, die weißgeſchürzte Wirthin ſein
Prieſter, das Gläſerklingen ſein Glocken- und Orgel-
ſpiel, des Wirths Säckel ſein Opferſtock, die Spiel-
karten ſind ſein Gebetbuch und wenn Einer in
Rauſch und Zank niedergeſchlagen wird, ſo iſt das
ſein Opferlamm.

Das iſt der Schatten von der Kirche. Und
der Arbeiter legt ſich nach der heißen Woche nur
zu gerne in den Schatten.

Bei dem Mittagsmahle, das wir ſelbander im
Winkelhüterhauſe eingenommen, hat es der Holz-
meiſter ſchon erzählt, der Graßſteiger will um Er-
laubniß einkommen, daß er eine Schnapsſchenke
errichten dürfe.

Den Wirth hätten wir ſchon, aber wo ſteckt
unſer Pfarrer?

„’s wird auch Keiner hereinwollen in dieſen
mit Brettern verſchlagenen Weltwinkel,“ meint der
Holdenſchlager.


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[247/0257] unter Eſchen ein Tiſchchen aufgeſchlagen und große Flaſchen und kleine Kelchgläſer darauf geſtellt. „Was wär’ das für eine ſteintrockene Kirchweih, wenn wir nicht trinken thäten!“ ſagen die Leute, und der Burſche will auch ſeiner Maid ein Gläschen zahlen. Und der Teufel iſt ein frommer Mann, der will jede neue Kirche nachmachen, aber es wird halt immer ein Wirthshaus daraus. Der Schenktiſch iſt ſein Hochaltar, die weißgeſchürzte Wirthin ſein Prieſter, das Gläſerklingen ſein Glocken- und Orgel- ſpiel, des Wirths Säckel ſein Opferſtock, die Spiel- karten ſind ſein Gebetbuch und wenn Einer in Rauſch und Zank niedergeſchlagen wird, ſo iſt das ſein Opferlamm. Das iſt der Schatten von der Kirche. Und der Arbeiter legt ſich nach der heißen Woche nur zu gerne in den Schatten. Bei dem Mittagsmahle, das wir ſelbander im Winkelhüterhauſe eingenommen, hat es der Holz- meiſter ſchon erzählt, der Graßſteiger will um Er- laubniß einkommen, daß er eine Schnapsſchenke errichten dürfe. Den Wirth hätten wir ſchon, aber wo ſteckt unſer Pfarrer? „’s wird auch Keiner hereinwollen in dieſen mit Brettern verſchlagenen Weltwinkel,“ meint der Holdenſchlager.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/257>, abgerufen am 22.05.2024.