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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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oder vielmehr, er zerbiß es, drückte und preßte es
hinab, hinab; aufsprang er und die Hände am Rücken
geballt schritt er über die Stube und wieder zurück
und goß sich ein Glas Wasser in die Gurgel.

Dann setzte er sich auf die Bank und war
ruhig; aber es war noch nicht ganz gut, er hatte
die Fäuste geschlossen und starrte auf den Tisch. --
Ich habe einmal auf einem Jahrmarkt einen Araber
gesehen, eine mächtig hohe Gestalt, knochig, hager,
rauh und lederbraun, schwarz- und vollbärtig, glut-
äugig, mit langer scharfgebogener Nase, schneeweißen
Zähnen, mit dichten Brauen und einem weichen,
wollartigen Haarfilze -- völlig so sah der Mann
aus, der jetzt schier unheimlich vor mir brütete.

"'s gibt kein Weibel mehr, so herzensgut und
getreu," murmelte er plötzlich; weitere Worte zer-
malmte er zwischen den Zähnen.

Ich sah, der Mann war in einer sehr peinlichen
Stimmung; ich suchte ihn aus derselben zu erlösen.

"Also durchgegangen, sagt ihr, ist der alte
Schulmeister?"

Da hob der Wirth seinen Kopf: "Man kann
just nicht sagen, daß er durchgegangen ist; es hat
ihm nichts weh gethan bei uns. Ich denk', wer
fünfzig Jahr in Winkelsteg Schullehrer, oder was
weiß ich, alles ist, der läuft im einundfünfzigsten
nicht davon wie ein Korndieb."


oder vielmehr, er zerbiß es, drückte und preßte es
hinab, hinab; aufſprang er und die Hände am Rücken
geballt ſchritt er über die Stube und wieder zurück
und goß ſich ein Glas Waſſer in die Gurgel.

Dann ſetzte er ſich auf die Bank und war
ruhig; aber es war noch nicht ganz gut, er hatte
die Fäuſte geſchloſſen und ſtarrte auf den Tiſch. —
Ich habe einmal auf einem Jahrmarkt einen Araber
geſehen, eine mächtig hohe Geſtalt, knochig, hager,
rauh und lederbraun, ſchwarz- und vollbärtig, glut-
äugig, mit langer ſcharfgebogener Naſe, ſchneeweißen
Zähnen, mit dichten Brauen und einem weichen,
wollartigen Haarfilze — völlig ſo ſah der Mann
aus, der jetzt ſchier unheimlich vor mir brütete.

„’s gibt kein Weibel mehr, ſo herzensgut und
getreu,“ murmelte er plötzlich; weitere Worte zer-
malmte er zwiſchen den Zähnen.

Ich ſah, der Mann war in einer ſehr peinlichen
Stimmung; ich ſuchte ihn aus derſelben zu erlöſen.

„Alſo durchgegangen, ſagt ihr, iſt der alte
Schulmeiſter?“

Da hob der Wirth ſeinen Kopf: „Man kann
juſt nicht ſagen, daß er durchgegangen iſt; es hat
ihm nichts weh gethan bei uns. Ich denk’, wer
fünfzig Jahr in Winkelſteg Schullehrer, oder was
weiß ich, alles iſt, der läuft im einundfünfzigſten
nicht davon wie ein Korndieb.“


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[9/0019] oder vielmehr, er zerbiß es, drückte und preßte es hinab, hinab; aufſprang er und die Hände am Rücken geballt ſchritt er über die Stube und wieder zurück und goß ſich ein Glas Waſſer in die Gurgel. Dann ſetzte er ſich auf die Bank und war ruhig; aber es war noch nicht ganz gut, er hatte die Fäuſte geſchloſſen und ſtarrte auf den Tiſch. — Ich habe einmal auf einem Jahrmarkt einen Araber geſehen, eine mächtig hohe Geſtalt, knochig, hager, rauh und lederbraun, ſchwarz- und vollbärtig, glut- äugig, mit langer ſcharfgebogener Naſe, ſchneeweißen Zähnen, mit dichten Brauen und einem weichen, wollartigen Haarfilze — völlig ſo ſah der Mann aus, der jetzt ſchier unheimlich vor mir brütete. „’s gibt kein Weibel mehr, ſo herzensgut und getreu,“ murmelte er plötzlich; weitere Worte zer- malmte er zwiſchen den Zähnen. Ich ſah, der Mann war in einer ſehr peinlichen Stimmung; ich ſuchte ihn aus derſelben zu erlöſen. „Alſo durchgegangen, ſagt ihr, iſt der alte Schulmeiſter?“ Da hob der Wirth ſeinen Kopf: „Man kann juſt nicht ſagen, daß er durchgegangen iſt; es hat ihm nichts weh gethan bei uns. Ich denk’, wer fünfzig Jahr in Winkelſteg Schullehrer, oder was weiß ich, alles iſt, der läuft im einundfünfzigſten nicht davon wie ein Korndieb.“

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/19>, abgerufen am 27.11.2024.