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Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ich verschwieg dem Pfarrer nicht, daß ich dergleichen schon gemerkt hätte, noch ehe ich zu Mariens Bekanntschaft gelangt wäre.

Und nun ein Wort in der größten Offenheit, fuhr er fort, das Sie mir verzeihen werden. Sie haben einen Freund mit aus Berlin gebracht, der sich auf der Lindenkaupe neben meinem Schwager Koal eingemiethet hat. Mir sind bereits verdrießliche Gerüchte zu Ohren gekommen. Es ist nun wohl nicht glaublich, daß der junge Mann entschieden als Freier bei Marien auftrete. Halten Sie es für nöthig, daß ich meine Schwester in mein Haus zurückrufe?

Thun Sie es, sagte ich. Es wird unter allen Umständen gut sein. -- So soll es geschehen. Sie gleich heute hier zu behalten, möchte Aufsehen erregen; doch mag Sie es heute noch erfahren, damit sie sich rüste, morgen heim zu kehren.

Vertrauen um Vertrauen! begann ich darauf. Hat mein Freund Franz sich je'mals gegen Sie ausgesprochen? -- Ausgesprochen nicht, doch weiß ich, daß auch er um Marien wirbt, und er ist wohl überzeugt, daß ich nichts lieber sähe, als eine Verbindung zwischen ihm und ihr.

Wir sprachen weiter darüber. Der Pfarrer wollte nicht zweifeln, daß Beide, trotz der Verschiedenheit ihrer Naturen, für einander passend wären, und sprach die Hoffnung aus, Marie werde sich schließlich doch noch für Franz gewinnen lassen. -- --

Ich verschwieg dem Pfarrer nicht, daß ich dergleichen schon gemerkt hätte, noch ehe ich zu Mariens Bekanntschaft gelangt wäre.

Und nun ein Wort in der größten Offenheit, fuhr er fort, das Sie mir verzeihen werden. Sie haben einen Freund mit aus Berlin gebracht, der sich auf der Lindenkaupe neben meinem Schwager Koal eingemiethet hat. Mir sind bereits verdrießliche Gerüchte zu Ohren gekommen. Es ist nun wohl nicht glaublich, daß der junge Mann entschieden als Freier bei Marien auftrete. Halten Sie es für nöthig, daß ich meine Schwester in mein Haus zurückrufe?

Thun Sie es, sagte ich. Es wird unter allen Umständen gut sein. — So soll es geschehen. Sie gleich heute hier zu behalten, möchte Aufsehen erregen; doch mag Sie es heute noch erfahren, damit sie sich rüste, morgen heim zu kehren.

Vertrauen um Vertrauen! begann ich darauf. Hat mein Freund Franz sich je'mals gegen Sie ausgesprochen? — Ausgesprochen nicht, doch weiß ich, daß auch er um Marien wirbt, und er ist wohl überzeugt, daß ich nichts lieber sähe, als eine Verbindung zwischen ihm und ihr.

Wir sprachen weiter darüber. Der Pfarrer wollte nicht zweifeln, daß Beide, trotz der Verschiedenheit ihrer Naturen, für einander passend wären, und sprach die Hoffnung aus, Marie werde sich schließlich doch noch für Franz gewinnen lassen. — —

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[0098] Ich verschwieg dem Pfarrer nicht, daß ich dergleichen schon gemerkt hätte, noch ehe ich zu Mariens Bekanntschaft gelangt wäre. Und nun ein Wort in der größten Offenheit, fuhr er fort, das Sie mir verzeihen werden. Sie haben einen Freund mit aus Berlin gebracht, der sich auf der Lindenkaupe neben meinem Schwager Koal eingemiethet hat. Mir sind bereits verdrießliche Gerüchte zu Ohren gekommen. Es ist nun wohl nicht glaublich, daß der junge Mann entschieden als Freier bei Marien auftrete. Halten Sie es für nöthig, daß ich meine Schwester in mein Haus zurückrufe? Thun Sie es, sagte ich. Es wird unter allen Umständen gut sein. — So soll es geschehen. Sie gleich heute hier zu behalten, möchte Aufsehen erregen; doch mag Sie es heute noch erfahren, damit sie sich rüste, morgen heim zu kehren. Vertrauen um Vertrauen! begann ich darauf. Hat mein Freund Franz sich je'mals gegen Sie ausgesprochen? — Ausgesprochen nicht, doch weiß ich, daß auch er um Marien wirbt, und er ist wohl überzeugt, daß ich nichts lieber sähe, als eine Verbindung zwischen ihm und ihr. Wir sprachen weiter darüber. Der Pfarrer wollte nicht zweifeln, daß Beide, trotz der Verschiedenheit ihrer Naturen, für einander passend wären, und sprach die Hoffnung aus, Marie werde sich schließlich doch noch für Franz gewinnen lassen. — —

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:15:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:15:33Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roquette_schlangenkoenigin_1910/98>, abgerufen am 04.05.2024.