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Rollenhagen, Gabriel: Vier Bücher Wunderbarlicher biß daher vnerhörter/ vnd vngleublicher Jndianischer reysen. Magdeburg, 1603.

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kamen/ vnd sich küsseten/ da nennete er einen jegli-
chen bey seinen namen. Des verwunderten sich
die Brüder/ vnd auch seiner Kleidung/ denn er war
vberal bedeckt mit seinen Haren/ vnd mit seinem
Bard. Die Har scheineten als der Schnee vor
grossem alter/ vnd man sahe allein die Augen vnd
das Antlitz/ vnd hatte sonst keine Kleider an. Da
ward der liebe S. Brandanus sehr betrübt/ vnd sprach
bey sich selbst: Wehe mir/ das ich trage ein
Münchs Kleid/ vnd habe so viel Münch vnter
mir/ vnd sehe nun in einem Engelischen stande/
Menschen leben ohne bößheit des Fleisches. Da
sprach der alte Mann: Och du Ehrwirdiger Va-
ter/ solch groß wunder hat dir Gott beweiset/ die er
keinem andern Vater solcher Brüder geoffenbaret
hat. Du sagst in deinem Hertzen/ das du nicht wir-
dig bist/ zu tragen ein Kleid eines Münches/ der
du grösser bist denn ein König. Ein Münch nehret
sich der Werck seiner Hende/ aber Gott hat dich mit
deiner geselschafft ernehret vnd bekleidet sieben jahr.
Jch armer Mensch/ sitze hie nacket als ein Vogel/
vnd bin allein bekleidet mit meinen Haren.

Da fragte S. Brandanus jhn/ wo er herkom-
men were/ vnd wie lang er allda solch streng vnd
hart leben der Buß geführet hette? Da sagte der
alte Mann: Jch bin auffgezogen in dem Kloster S.

Patricii,

kamen/ vnd ſich kuͤſſeten/ da nennete er einen jegli-
chen bey ſeinen namen. Des verwunderten ſich
die Bruͤder/ vnd auch ſeiner Kleidung/ denn er war
vberal bedeckt mit ſeinen Haren/ vnd mit ſeinem
Bard. Die Har ſcheineten als der Schnee vor
groſſem alter/ vnd man ſahe allein die Augen vnd
das Antlitz/ vnd hatte ſonſt keine Kleider an. Da
ward der liebe S. Brandanus ſehr betruͤbt/ vnd ſprach
bey ſich ſelbſt: Wehe mir/ das ich trage ein
Muͤnchs Kleid/ vnd habe ſo viel Muͤnch vnter
mir/ vnd ſehe nun in einem Engeliſchen ſtande/
Menſchen leben ohne boͤßheit des Fleiſches. Da
ſprach der alte Mann: Och du Ehrwirdiger Va-
ter/ ſolch groß wunder hat dir Gott beweiſet/ die er
keinem andern Vater ſolcher Bruͤder geoffenbaret
hat. Du ſagſt in deinem Hertzen/ das du nicht wir-
dig biſt/ zu tragen ein Kleid eines Muͤnches/ der
du groͤſſer biſt denn ein Koͤnig. Ein Muͤnch nehret
ſich der Werck ſeiner Hende/ aber Gott hat dich mit
deiner geſelſchafft ernehret vnd bekleidet ſieben jahr.
Jch armer Menſch/ ſitze hie nacket als ein Vogel/
vnd bin allein bekleidet mit meinen Haren.

Da fragte S. Brandanus jhn/ wo er herkom-
men were/ vnd wie lang er allda ſolch ſtreng vnd
hart leben der Buß gefuͤhret hette? Da ſagte der
alte Mann: Jch bin auffgezogen in dem Kloſter S.

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[194/0204] kamen/ vnd ſich kuͤſſeten/ da nennete er einen jegli- chen bey ſeinen namen. Des verwunderten ſich die Bruͤder/ vnd auch ſeiner Kleidung/ denn er war vberal bedeckt mit ſeinen Haren/ vnd mit ſeinem Bard. Die Har ſcheineten als der Schnee vor groſſem alter/ vnd man ſahe allein die Augen vnd das Antlitz/ vnd hatte ſonſt keine Kleider an. Da ward der liebe S. Brandanus ſehr betruͤbt/ vnd ſprach bey ſich ſelbſt: Wehe mir/ das ich trage ein Muͤnchs Kleid/ vnd habe ſo viel Muͤnch vnter mir/ vnd ſehe nun in einem Engeliſchen ſtande/ Menſchen leben ohne boͤßheit des Fleiſches. Da ſprach der alte Mann: Och du Ehrwirdiger Va- ter/ ſolch groß wunder hat dir Gott beweiſet/ die er keinem andern Vater ſolcher Bruͤder geoffenbaret hat. Du ſagſt in deinem Hertzen/ das du nicht wir- dig biſt/ zu tragen ein Kleid eines Muͤnches/ der du groͤſſer biſt denn ein Koͤnig. Ein Muͤnch nehret ſich der Werck ſeiner Hende/ aber Gott hat dich mit deiner geſelſchafft ernehret vnd bekleidet ſieben jahr. Jch armer Menſch/ ſitze hie nacket als ein Vogel/ vnd bin allein bekleidet mit meinen Haren. Da fragte S. Brandanus jhn/ wo er herkom- men were/ vnd wie lang er allda ſolch ſtreng vnd hart leben der Buß gefuͤhret hette? Da ſagte der alte Mann: Jch bin auffgezogen in dem Kloſter S. Patricii,

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Zitationshilfe: Rollenhagen, Gabriel: Vier Bücher Wunderbarlicher biß daher vnerhörter/ vnd vngleublicher Jndianischer reysen. Magdeburg, 1603, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rollenhagen_reysen_1603/204>, abgerufen am 28.04.2024.