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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Menschen bey Brod erhalte. Wie man denn
sagt, daß nachdem die Stadt Londen die Sei-
den-Fabricen angefangen, vom Seidenwinden
allein über 14000. Seelen ihr Brod gewinnen.

§. 11. Wie diese res rusticae zu incamini-
ren, wird nach einer gewissen hiernach einge-
richteten Art das manufactur-inventarium
und Mauth-Register genugsame Anleitung ge-
ben, wenn wir allda finden, was wir kauffen
müssen, und was wir nicht haben, bey welchen
allen die Art des Landes das possibile vom im-
possibili
entscheiden muß, das ist, man muß
judiciren, was thulich oder nicht thulich sey,
nam non omnis fert omnia tellus, es wächst
nicht alles in einem Lande, wiewohl mehren-
theils die Faulheit und Ungeschicklichkeit der
Leute, und nicht das Land den Mangel verur-
sacht. Denn bißweilen in dem einen Lande
diese Sache eine genauere Cultivirung erfor-
dert, denn in dem andern. So ist auch sowohl
bey diesem als bey allen andern Uberfluß, wel-
chen wir verlangen, diese Maxime zu observi-
ren, daß selbiger in solchen gesucht werde, welche
unsere Nachbarn vonnöthen haben, und wir
mit bessern und grössern Gewinn versilbern kön-
nen, denn sonst ist uns der Uberfluß nicht allein
nichts nütze, sondern auch öffters schädlich, die-
weil aus demselben ein abusus dessen entstehen

muß.



Menſchen bey Brod erhalte. Wie man denn
ſagt, daß nachdem die Stadt Londen die Sei-
den-Fabricen angefangen, vom Seidenwinden
allein uͤber 14000. Seelen ihr Brod gewinnen.

§. 11. Wie dieſe res ruſticæ zu incamini-
ren, wird nach einer gewiſſen hiernach einge-
richteten Art das manufactur-inventarium
und Mauth-Regiſter genugſame Anleitung ge-
ben, wenn wir allda finden, was wir kauffen
muͤſſen, und was wir nicht haben, bey welchen
allen die Art des Landes das poſſibile vom im-
poſſibili
entſcheiden muß, das iſt, man muß
judiciren, was thulich oder nicht thulich ſey,
nam non omnis fert omnia tellus, es waͤchſt
nicht alles in einem Lande, wiewohl mehren-
theils die Faulheit und Ungeſchicklichkeit der
Leute, und nicht das Land den Mangel verur-
ſacht. Denn bißweilen in dem einen Lande
dieſe Sache eine genauere Cultivirung erfor-
dert, denn in dem andern. So iſt auch ſowohl
bey dieſem als bey allen andern Uberfluß, wel-
chen wir verlangen, dieſe Maxime zu obſervi-
ren, daß ſelbiger in ſolchen geſucht werde, welche
unſere Nachbarn vonnoͤthen haben, und wir
mit beſſern und groͤſſern Gewinn verſilbern koͤn-
nen, denn ſonſt iſt uns der Uberfluß nicht allein
nichts nuͤtze, ſondern auch oͤffters ſchaͤdlich, die-
weil aus demſelben ein abuſus deſſen entſtehen

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[850/0870] Menſchen bey Brod erhalte. Wie man denn ſagt, daß nachdem die Stadt Londen die Sei- den-Fabricen angefangen, vom Seidenwinden allein uͤber 14000. Seelen ihr Brod gewinnen. §. 11. Wie dieſe res ruſticæ zu incamini- ren, wird nach einer gewiſſen hiernach einge- richteten Art das manufactur-inventarium und Mauth-Regiſter genugſame Anleitung ge- ben, wenn wir allda finden, was wir kauffen muͤſſen, und was wir nicht haben, bey welchen allen die Art des Landes das poſſibile vom im- poſſibili entſcheiden muß, das iſt, man muß judiciren, was thulich oder nicht thulich ſey, nam non omnis fert omnia tellus, es waͤchſt nicht alles in einem Lande, wiewohl mehren- theils die Faulheit und Ungeſchicklichkeit der Leute, und nicht das Land den Mangel verur- ſacht. Denn bißweilen in dem einen Lande dieſe Sache eine genauere Cultivirung erfor- dert, denn in dem andern. So iſt auch ſowohl bey dieſem als bey allen andern Uberfluß, wel- chen wir verlangen, dieſe Maxime zu obſervi- ren, daß ſelbiger in ſolchen geſucht werde, welche unſere Nachbarn vonnoͤthen haben, und wir mit beſſern und groͤſſern Gewinn verſilbern koͤn- nen, denn ſonſt iſt uns der Uberfluß nicht allein nichts nuͤtze, ſondern auch oͤffters ſchaͤdlich, die- weil aus demſelben ein abuſus deſſen entſtehen muß.

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 850. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/870>, abgerufen am 01.07.2024.