tion hat, daß er rechtschaffene Bediente aesti- miret, ihnen freundlich begegnet, und ein ehrlich Salarium giebt. Wo aber ein Herr dieses nicht thut, so ist es kein Wunder, wenn er an rechtschaffenen Bedienten Mangel hat.
§. 10. Ein Fürst muß bey seinen Bedien- ten auf die blosse recommendation andrer Leu- te, und das äußerliche Ansehen nicht allein trauen, oder diejenigen, so sich anbiethen, so plathin annehmen, sondern selbst untersuchen, ob sie diese oder jene nöthige Qualitäten an sich haben, sonst irret er gewaltig. Es erfordert auch die Klugheit, daß ein Herr keine solche Bedienten annimmt, noch in seinen Diensten behält, die ein übel Gerüchte haben, daß sie in- teressirt seyn, oder Säuffer, unfleißige, oder gar ein öffentlich delictum begangen, denn durch solche Bedienten wird nicht allein das officium übel besetzt, sondern gereicht auch zu gröster disrenommee des Herrn, daß die Leu- te dencken, der Herr müsse selbst nicht viel nu- tzen, der nichtswürdige Bedienten annimmt.
§. 11. Ein Herr muß seinen Räthen und Bedienten volle Freyheit geben, ihre Meynun- gen offenhertzig zu sagen, sie seyn seinem Willen conform oder nicht. Dazu gehöret nun, daß er seine Gedancken nicht zuerst sage, viel- weniger diejenigen, so ein widriges rathen, an-
fahre
tion hat, daß er rechtſchaffene Bediente æſti- miret, ihnen freundlich begegnet, und ein ehrlich Salarium giebt. Wo aber ein Herr dieſes nicht thut, ſo iſt es kein Wunder, wenn er an rechtſchaffenen Bedienten Mangel hat.
§. 10. Ein Fuͤrſt muß bey ſeinen Bedien- ten auf die bloſſe recommendation andrer Leu- te, und das aͤußerliche Anſehen nicht allein trauen, oder diejenigen, ſo ſich anbiethen, ſo plathin annehmen, ſondern ſelbſt unterſuchen, ob ſie dieſe oder jene noͤthige Qualitaͤten an ſich haben, ſonſt irret er gewaltig. Es erfordert auch die Klugheit, daß ein Herr keine ſolche Bedienten annimmt, noch in ſeinen Dienſten behaͤlt, die ein uͤbel Geruͤchte haben, daß ſie in- tereſſirt ſeyn, oder Saͤuffer, unfleißige, oder gar ein oͤffentlich delictum begangen, denn durch ſolche Bedienten wird nicht allein das officium uͤbel beſetzt, ſondern gereicht auch zu groͤſter disrenommée des Herrn, daß die Leu- te dencken, der Herr muͤſſe ſelbſt nicht viel nu- tzen, der nichtswuͤrdige Bedienten annimmt.
§. 11. Ein Herr muß ſeinen Raͤthen und Bedienten volle Freyheit geben, ihre Meynun- gen offenhertzig zu ſagen, ſie ſeyn ſeinem Willen conform oder nicht. Dazu gehoͤret nun, daß er ſeine Gedancken nicht zuerſt ſage, viel- weniger diejenigen, ſo ein widriges rathen, an-
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tion hat, daß er rechtſchaffene Bediente æſti-
miret, ihnen freundlich begegnet, und ein ehrlich
Salarium giebt. Wo aber ein Herr dieſes
nicht thut, ſo iſt es kein Wunder, wenn er an
rechtſchaffenen Bedienten Mangel hat.
§. 10. Ein Fuͤrſt muß bey ſeinen Bedien-
ten auf die bloſſe recommendation andrer Leu-
te, und das aͤußerliche Anſehen nicht allein
trauen, oder diejenigen, ſo ſich anbiethen, ſo
plathin annehmen, ſondern ſelbſt unterſuchen,
ob ſie dieſe oder jene noͤthige Qualitaͤten an ſich
haben, ſonſt irret er gewaltig. Es erfordert
auch die Klugheit, daß ein Herr keine ſolche
Bedienten annimmt, noch in ſeinen Dienſten
behaͤlt, die ein uͤbel Geruͤchte haben, daß ſie in-
tereſſirt ſeyn, oder Saͤuffer, unfleißige, oder
gar ein oͤffentlich delictum begangen, denn
durch ſolche Bedienten wird nicht allein das
officium uͤbel beſetzt, ſondern gereicht auch zu
groͤſter disrenommée des Herrn, daß die Leu-
te dencken, der Herr muͤſſe ſelbſt nicht viel nu-
tzen, der nichtswuͤrdige Bedienten annimmt.
§. 11. Ein Herr muß ſeinen Raͤthen und
Bedienten volle Freyheit geben, ihre Meynun-
gen offenhertzig zu ſagen, ſie ſeyn ſeinem Willen
conform oder nicht. Dazu gehoͤret nun,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 802. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/822>, abgerufen am 23.11.2024.
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