scheid darnach ab, verlesen es in pleno, versie- geln es mit der Facultät Siegel, und schicken es fort, und muß ein solches Urtheil sodann vor ein halbes Oraculum hernach passiren. Gleich- wie nun aber diejenigen, die solches thun, wider Pflicht und Gewissen handeln, und da sie von ihren Referenten verführet worden, manch- mahl Urtheile sprechen, die wider die Acten und Recht und Billigkeit seyn; Als solten die Landes-Fürsten alle diejenigen Membra der Facultäten und Schöppen-Stühle, die wegen solcher Nachläßigkeit überführet wären, als Un- würdige von ihren Justitz-Bedienungen, nach Gelegenheit der Umstände, entweder suspendi- ren oder removiren.
§. 32. Ferner gehören auch unter die Miß- bräuche, die bey den Justitz-Collegiis angetrof- fen werden, die sogenannten Observantien und Praejudicia. Es sind dieselben bey den meisten Justitz Collegiis heutiges Tages in gar gros- sen Ansehen, wenn man sie aber bey dem Lichte besiehet, so taugen und gelten sie wenig oder nichts, wie ich bereits in dem Capitel von den Gesetzen mit mehrern hiervon gesagt. Es ist eine Observanz entweder der Verordnung der Gesetze convenient, oder derselben zuwider. Bey jenem Falle ist es nicht nöthig, der Obser- vanz nachzugehen, weil man ja die Gesetze vor
sich
ſcheid darnach ab, verleſen es in pleno, verſie- geln es mit der Facultaͤt Siegel, und ſchicken es fort, und muß ein ſolches Urtheil ſodann vor ein halbes Oraculum hernach paſſiren. Gleich- wie nun aber diejenigen, die ſolches thun, wider Pflicht und Gewiſſen handeln, und da ſie von ihren Referenten verfuͤhret worden, manch- mahl Urtheile ſprechen, die wider die Acten und Recht und Billigkeit ſeyn; Als ſolten die Landes-Fuͤrſten alle diejenigen Membra der Facultaͤten und Schoͤppen-Stuͤhle, die wegen ſolcher Nachlaͤßigkeit uͤberfuͤhret waͤren, als Un- wuͤrdige von ihren Juſtitz-Bedienungen, nach Gelegenheit der Umſtaͤnde, entweder ſuſpendi- ren oder removiren.
§. 32. Ferner gehoͤren auch unter die Miß- braͤuche, die bey den Juſtitz-Collegiis angetrof- fen werden, die ſogenannten Obſervantien und Præjudicia. Es ſind dieſelben bey den meiſten Juſtitz Collegiis heutiges Tages in gar groſ- ſen Anſehen, wenn man ſie aber bey dem Lichte beſiehet, ſo taugen und gelten ſie wenig oder nichts, wie ich bereits in dem Capitel von den Geſetzen mit mehrern hiervon geſagt. Es iſt eine Obſervanz entweder der Verordnung der Geſetze convenient, oder derſelben zuwider. Bey jenem Falle iſt es nicht noͤthig, der Obſer- vanz nachzugehen, weil man ja die Geſetze vor
ſich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0720"n="700"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw>ſcheid darnach ab, verleſen es <hirendition="#aq">in pleno,</hi> verſie-<lb/>
geln es mit der <hirendition="#aq">Facul</hi>taͤt Siegel, und ſchicken es<lb/>
fort, und muß ein ſolches Urtheil ſodann vor ein<lb/>
halbes <hirendition="#aq">Oraculum</hi> hernach <hirendition="#aq">paſſi</hi>ren. Gleich-<lb/>
wie nun aber diejenigen, die ſolches thun, wider<lb/>
Pflicht und Gewiſſen handeln, und da ſie von<lb/>
ihren <hirendition="#aq">Referent</hi>en verfuͤhret worden, manch-<lb/>
mahl Urtheile ſprechen, die wider die <hirendition="#aq">Act</hi>en<lb/>
und Recht und Billigkeit ſeyn; Als ſolten die<lb/>
Landes-Fuͤrſten alle diejenigen <hirendition="#aq">Membra</hi> der<lb/><hirendition="#aq">Facult</hi>aͤten und Schoͤppen-Stuͤhle, die wegen<lb/>ſolcher Nachlaͤßigkeit uͤberfuͤhret waͤren, als Un-<lb/>
wuͤrdige von ihren Juſtitz-Bedienungen, nach<lb/>
Gelegenheit der Umſtaͤnde, entweder <hirendition="#aq">ſuſpendi-</hi><lb/>
ren oder <hirendition="#aq">removi</hi>ren.</p><lb/><p>§. 32. Ferner gehoͤren auch unter die Miß-<lb/>
braͤuche, die bey den Juſtitz-<hirendition="#aq">Collegiis</hi> angetrof-<lb/>
fen werden, die ſogenannten <hirendition="#aq">Obſervanti</hi>en und<lb/><hirendition="#aq">Præjudicia.</hi> Es ſind dieſelben bey den meiſten<lb/>
Juſtitz <hirendition="#aq">Collegiis</hi> heutiges Tages in gar groſ-<lb/>ſen Anſehen, wenn man ſie aber bey dem Lichte<lb/>
beſiehet, ſo taugen und gelten ſie wenig oder<lb/>
nichts, wie ich bereits in dem Capitel von den<lb/>
Geſetzen mit mehrern hiervon geſagt. Es iſt<lb/>
eine <hirendition="#aq">Obſervanz</hi> entweder der Verordnung der<lb/>
Geſetze <hirendition="#aq">convenient,</hi> oder derſelben zuwider.<lb/>
Bey jenem Falle iſt es nicht noͤthig, der <hirendition="#aq">Obſer-<lb/>
vanz</hi> nachzugehen, weil man ja die Geſetze vor<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[700/0720]
ſcheid darnach ab, verleſen es in pleno, verſie-
geln es mit der Facultaͤt Siegel, und ſchicken es
fort, und muß ein ſolches Urtheil ſodann vor ein
halbes Oraculum hernach paſſiren. Gleich-
wie nun aber diejenigen, die ſolches thun, wider
Pflicht und Gewiſſen handeln, und da ſie von
ihren Referenten verfuͤhret worden, manch-
mahl Urtheile ſprechen, die wider die Acten
und Recht und Billigkeit ſeyn; Als ſolten die
Landes-Fuͤrſten alle diejenigen Membra der
Facultaͤten und Schoͤppen-Stuͤhle, die wegen
ſolcher Nachlaͤßigkeit uͤberfuͤhret waͤren, als Un-
wuͤrdige von ihren Juſtitz-Bedienungen, nach
Gelegenheit der Umſtaͤnde, entweder ſuſpendi-
ren oder removiren.
§. 32. Ferner gehoͤren auch unter die Miß-
braͤuche, die bey den Juſtitz-Collegiis angetrof-
fen werden, die ſogenannten Obſervantien und
Præjudicia. Es ſind dieſelben bey den meiſten
Juſtitz Collegiis heutiges Tages in gar groſ-
ſen Anſehen, wenn man ſie aber bey dem Lichte
beſiehet, ſo taugen und gelten ſie wenig oder
nichts, wie ich bereits in dem Capitel von den
Geſetzen mit mehrern hiervon geſagt. Es iſt
eine Obſervanz entweder der Verordnung der
Geſetze convenient, oder derſelben zuwider.
Bey jenem Falle iſt es nicht noͤthig, der Obſer-
vanz nachzugehen, weil man ja die Geſetze vor
ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/720>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.