Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



terschiedener Ursachen. Zum ersten kan ei-
ner, der ohne Caractere ist, von allerhand
Personen, Handwercks-Leuten, Kauf-Leuten
und andern, manches erfahren, was hier und
da vor Mißbräuche in einem und andern noch
anzutreffen, die abgestellet werden solten, da sie
einem Minister, oder andern ansehnlichen
Mann, von dem sie sich einbilden, daß diese
Nachrichten, die sie ihm ertheilen würden, ih-
nen desavantageus seyn könten, nicht so leicht
trauen. Denn es ist vielen Leuten in aller-
hand Ständen mit der Unordnung und gewis-
sen Mißbräuchen gedienet, und gleichwie sie
ungern von einer Verbesserung hören, also ent-
decken sie auch nicht leichtlich die arcana ihrer
Professionen und negotien denenjenigen, von
denen sie glauben, daß sie sich solcher informa-
tion
en zu gewissen Absichten, die ihrem inter-
esse
zuwider seyn, bedienen könten. Hinge-
gen ein andter kan solche Leute treuhertzig ma-
chen, daß sie ihm, wenn er mit ihnen discouri-
ret, ungescheut allerhand offenbahren, und die
ihnen vorgelegten Fragen beantworten, weil
sie glauben, er wolle solches nur aus Couriosi-
tät von ihnen wissen, um zu seiner Vergnügung
von ihren Sachen Nachricht zu haben, und
dencken, es habe mit einem solchen in der Welt
nicht so gar viel zu bedeuten, und er werde ihnen

wohl
B 4



terſchiedener Urſachen. Zum erſten kan ei-
ner, der ohne Caractére iſt, von allerhand
Perſonen, Handwercks-Leuten, Kauf-Leuten
und andern, manches erfahren, was hier und
da vor Mißbraͤuche in einem und andern noch
anzutreffen, die abgeſtellet werden ſolten, da ſie
einem Miniſter, oder andern anſehnlichen
Mann, von dem ſie ſich einbilden, daß dieſe
Nachrichten, die ſie ihm ertheilen wuͤrden, ih-
nen desavantageus ſeyn koͤnten, nicht ſo leicht
trauen. Denn es iſt vielen Leuten in aller-
hand Staͤnden mit der Unordnung und gewiſ-
ſen Mißbraͤuchen gedienet, und gleichwie ſie
ungern von einer Verbeſſerung hoͤren, alſo ent-
decken ſie auch nicht leichtlich die arcana ihrer
Profeſſionen und negotien denenjenigen, von
denen ſie glauben, daß ſie ſich ſolcher informa-
tion
en zu gewiſſen Abſichten, die ihrem inter-
eſſe
zuwider ſeyn, bedienen koͤnten. Hinge-
gen ein andter kan ſolche Leute treuhertzig ma-
chen, daß ſie ihm, wenn er mit ihnen discouri-
ret, ungeſcheut allerhand offenbahren, und die
ihnen vorgelegten Fragen beantworten, weil
ſie glauben, er wolle ſolches nur aus Courioſi-
taͤt von ihnen wiſſen, um zu ſeiner Vergnuͤgung
von ihren Sachen Nachricht zu haben, und
dencken, es habe mit einem ſolchen in der Welt
nicht ſo gar viel zu bedeuten, und er werde ihnen

wohl
B 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="23"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> ter&#x017F;chiedener Ur&#x017F;achen. Zum er&#x017F;ten kan ei-<lb/>
ner, der ohne <hi rendition="#aq">Caractére</hi> i&#x017F;t, von allerhand<lb/>
Per&#x017F;onen, Handwercks-Leuten, Kauf-Leuten<lb/>
und andern, manches erfahren, was hier und<lb/>
da vor Mißbra&#x0364;uche in einem und andern noch<lb/>
anzutreffen, die abge&#x017F;tellet werden &#x017F;olten, da &#x017F;ie<lb/>
einem <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;ter,</hi> oder andern an&#x017F;ehnlichen<lb/>
Mann, von dem &#x017F;ie &#x017F;ich einbilden, daß die&#x017F;e<lb/>
Nachrichten, die &#x017F;ie ihm ertheilen wu&#x0364;rden, ih-<lb/>
nen <hi rendition="#aq">desavantageus</hi> &#x017F;eyn ko&#x0364;nten, nicht &#x017F;o leicht<lb/>
trauen. Denn es i&#x017F;t vielen Leuten in aller-<lb/>
hand Sta&#x0364;nden mit der Unordnung und gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Mißbra&#x0364;uchen gedienet, und gleichwie &#x017F;ie<lb/>
ungern von einer Verbe&#x017F;&#x017F;erung ho&#x0364;ren, al&#x017F;o ent-<lb/>
decken &#x017F;ie auch nicht leichtlich die <hi rendition="#aq">arcana</hi> ihrer<lb/><hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi>en und <hi rendition="#aq">negoti</hi>en denenjenigen, von<lb/>
denen &#x017F;ie glauben, daß &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;olcher <hi rendition="#aq">informa-<lb/>
tion</hi>en zu gewi&#x017F;&#x017F;en Ab&#x017F;ichten, die ihrem <hi rendition="#aq">inter-<lb/>
e&#x017F;&#x017F;e</hi> zuwider &#x017F;eyn, bedienen ko&#x0364;nten. Hinge-<lb/>
gen ein andter kan &#x017F;olche Leute treuhertzig ma-<lb/>
chen, daß &#x017F;ie ihm, wenn er mit ihnen <hi rendition="#aq">discouri-</hi><lb/>
ret, unge&#x017F;cheut allerhand offenbahren, und die<lb/>
ihnen vorgelegten Fragen beantworten, weil<lb/>
&#x017F;ie glauben, er wolle &#x017F;olches nur aus <hi rendition="#aq">Courio&#x017F;i-</hi><lb/>
ta&#x0364;t von ihnen wi&#x017F;&#x017F;en, um zu &#x017F;einer Vergnu&#x0364;gung<lb/>
von ihren Sachen Nachricht zu haben, und<lb/>
dencken, es habe mit einem &#x017F;olchen in der Welt<lb/>
nicht &#x017F;o gar viel zu bedeuten, und er werde ihnen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 4</fw><fw place="bottom" type="catch">wohl</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0043] terſchiedener Urſachen. Zum erſten kan ei- ner, der ohne Caractére iſt, von allerhand Perſonen, Handwercks-Leuten, Kauf-Leuten und andern, manches erfahren, was hier und da vor Mißbraͤuche in einem und andern noch anzutreffen, die abgeſtellet werden ſolten, da ſie einem Miniſter, oder andern anſehnlichen Mann, von dem ſie ſich einbilden, daß dieſe Nachrichten, die ſie ihm ertheilen wuͤrden, ih- nen desavantageus ſeyn koͤnten, nicht ſo leicht trauen. Denn es iſt vielen Leuten in aller- hand Staͤnden mit der Unordnung und gewiſ- ſen Mißbraͤuchen gedienet, und gleichwie ſie ungern von einer Verbeſſerung hoͤren, alſo ent- decken ſie auch nicht leichtlich die arcana ihrer Profeſſionen und negotien denenjenigen, von denen ſie glauben, daß ſie ſich ſolcher informa- tionen zu gewiſſen Abſichten, die ihrem inter- eſſe zuwider ſeyn, bedienen koͤnten. Hinge- gen ein andter kan ſolche Leute treuhertzig ma- chen, daß ſie ihm, wenn er mit ihnen discouri- ret, ungeſcheut allerhand offenbahren, und die ihnen vorgelegten Fragen beantworten, weil ſie glauben, er wolle ſolches nur aus Courioſi- taͤt von ihnen wiſſen, um zu ſeiner Vergnuͤgung von ihren Sachen Nachricht zu haben, und dencken, es habe mit einem ſolchen in der Welt nicht ſo gar viel zu bedeuten, und er werde ihnen wohl B 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/43
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/43>, abgerufen am 24.11.2024.