muß man, wenn man seinem Amte mit Repu- tation vorstehen will, die Staats-Wissen- schafft gröstentheils schon zuvor sich bekandt ge- macht haben. Es ist eben so lächerlich, wenn man vorgiebt, daß man in Aemtern eine Wis- senschafft lernen kan, als wenn man behaupte- te, ein Handwercks-Mann könte sein Hand- werck schon begreiffen, wenn er Meister würde. Nun ist wohl auch nicht zu läugnen, daß man- che Leute in den Aemtern dasjenige erfahren, was sie sonst nicht gewust, und worauf sie sich eben nicht appliciret; Allein es geschicht dieses zu ihrer schlechten Reputation, und wenn sie auf die Art die Staats-Klngheit studiren wol- len, haben sie manchen Schaden und manche Disrenommee deswegen zu erwarten; Es ist auch ziemlicher maßen durch einen Umweg ge- gangen, wenn man durch die Länge der Zeit dasjenige erkennen will, hinter welches man durch fleißiges Nachsinnen und mühsame Ap- plication viel eher kommen könte.
§. 17. Jn manchen Stücken kan man aus- ser den Staats-Verrichtungen und öffentlichen Bedienungen gewisse regulas prudentiae poli- ticae eher erlernen, und einige zum Staats- Wesen gehörige Materien besser und genauer untersuchen, als wenn man selbst zu solchen ne- gotiis mit gezogen wird; Und dieses wegen un-
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muß man, wenn man ſeinem Amte mit Repu- tation vorſtehen will, die Staats-Wiſſen- ſchafft groͤſtentheils ſchon zuvor ſich bekandt ge- macht haben. Es iſt eben ſo laͤcherlich, wenn man vorgiebt, daß man in Aemtern eine Wiſ- ſenſchafft lernen kan, als wenn man behaupte- te, ein Handwercks-Mann koͤnte ſein Hand- werck ſchon begreiffen, wenn er Meiſter wuͤrde. Nun iſt wohl auch nicht zu laͤugnen, daß man- che Leute in den Aemtern dasjenige erfahren, was ſie ſonſt nicht gewuſt, und worauf ſie ſich eben nicht appliciret; Allein es geſchicht dieſes zu ihrer ſchlechten Reputation, und wenn ſie auf die Art die Staats-Klngheit ſtudiren wol- len, haben ſie manchen Schaden und manche Disrenommée deswegen zu erwarten; Es iſt auch ziemlicher maßen durch einen Umweg ge- gangen, wenn man durch die Laͤnge der Zeit dasjenige erkennen will, hinter welches man durch fleißiges Nachſinnen und muͤhſame Ap- plication viel eher kommen koͤnte.
§. 17. Jn manchen Stuͤcken kan man auſ- ſer den Staats-Verrichtungen und oͤffentlichen Bedienungen gewiſſe regulas prudentiæ poli- ticæ eher erlernen, und einige zum Staats- Weſen gehoͤrige Materien beſſer und genauer unterſuchen, als wenn man ſelbſt zu ſolchen ne- gotiis mit gezogen wird; Und dieſes wegen un-
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muß man, wenn man ſeinem Amte mit Repu-
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ſchafft groͤſtentheils ſchon zuvor ſich bekandt ge-
macht haben. Es iſt eben ſo laͤcherlich, wenn
man vorgiebt, daß man in Aemtern eine Wiſ-
ſenſchafft lernen kan, als wenn man behaupte-
te, ein Handwercks-Mann koͤnte ſein Hand-
werck ſchon begreiffen, wenn er Meiſter wuͤrde.
Nun iſt wohl auch nicht zu laͤugnen, daß man-
che Leute in den Aemtern dasjenige erfahren,
was ſie ſonſt nicht gewuſt, und worauf ſie ſich
eben nicht appliciret; Allein es geſchicht dieſes
zu ihrer ſchlechten Reputation, und wenn ſie
auf die Art die Staats-Klngheit ſtudiren wol-
len, haben ſie manchen Schaden und manche
Disrenommée deswegen zu erwarten; Es iſt
auch ziemlicher maßen durch einen Umweg ge-
gangen, wenn man durch die Laͤnge der Zeit
dasjenige erkennen will, hinter welches man
durch fleißiges Nachſinnen und muͤhſame Ap-
plication viel eher kommen koͤnte.
§. 17. Jn manchen Stuͤcken kan man auſ-
ſer den Staats-Verrichtungen und oͤffentlichen
Bedienungen gewiſſe regulas prudentiæ poli-
ticæ eher erlernen, und einige zum Staats-
Weſen gehoͤrige Materien beſſer und genauer
unterſuchen, als wenn man ſelbſt zu ſolchen ne-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/42>, abgerufen am 21.11.2024.
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