Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



wärtigen Welt, als auch bey den Nachkommen,
denen durch die Feder der Geschicht-Schrei-
ber solche Sachen kund gethan werden.

§. 10. Wenn ein Landes-Fürst will Troup-
p
en anwerben lassen, so hat er allerhand darbey
in Betrachtung zu ziehen. Es ist besser, die Un-
terthanen darzu zu nehmen, denn fremde, denn
es ist doch zu vermuthen, daß diese mehr Treue
und Liebe vor ihren Landes-Herrn haben, und zu
Beschützung ihres Vaterlandes ihr Leben viel
lieber aufopffern, denn fremde. Ein Landes-
Herr muß auch die Leute nicht mit Gewalt an-
werben. Ein Soldat, der nicht Lust zum Krie-
ge hat, wird in der Militz schlechte Dienste er-
weisen, und bey dem Fechten wenig Courage
bezeugen, auch alle Gelegenheit zum desertiren
ergreiffen, und das Krieges-Handwerck zu ver-
lassen. Es finden sich schon Leute gnug, die,
wenn sie ein rechtschaffen Stück Geld auf die
Hand bekommen, und wissen, daß sie das Jh-
rige richtig erhalten, zum Kriege Lust haben, daß
man also nicht nöthig hat, die Leute mit aller
Gewalt zu zwingen. Ferner ist es wohl ge-
than, wenn ein Landes-Fürst mit denjenigen, die
sich in Krieg begeben wollen, auf gewisse Jahre,
so lange ein ieder Lust hat, und es seine Conve-
nienz
verstattet, capituliret, und wenn die Zeit
verflossen, alsdenn einen iedweden entweder

nach



waͤrtigen Welt, als auch bey den Nachkommen,
denen durch die Feder der Geſchicht-Schrei-
ber ſolche Sachen kund gethan werden.

§. 10. Wenn ein Landes-Fuͤrſt will Troup-
p
en anwerben laſſen, ſo hat er allerhand darbey
in Betrachtung zu ziehen. Es iſt beſſer, die Un-
terthanen darzu zu nehmen, denn fremde, denn
es iſt doch zu vermuthen, daß dieſe mehr Treue
und Liebe vor ihren Landes-Herrn haben, und zu
Beſchuͤtzung ihres Vaterlandes ihr Leben viel
lieber aufopffern, denn fremde. Ein Landes-
Herr muß auch die Leute nicht mit Gewalt an-
werben. Ein Soldat, der nicht Luſt zum Krie-
ge hat, wird in der Militz ſchlechte Dienſte er-
weiſen, und bey dem Fechten wenig Courage
bezeugen, auch alle Gelegenheit zum deſertiren
ergreiffen, und das Krieges-Handwerck zu ver-
laſſen. Es finden ſich ſchon Leute gnug, die,
wenn ſie ein rechtſchaffen Stuͤck Geld auf die
Hand bekommen, und wiſſen, daß ſie das Jh-
rige richtig erhalten, zum Kriege Luſt haben, daß
man alſo nicht noͤthig hat, die Leute mit aller
Gewalt zu zwingen. Ferner iſt es wohl ge-
than, wenn ein Landes-Fuͤrſt mit denjenigen, die
ſich in Krieg begeben wollen, auf gewiſſe Jahre,
ſo lange ein ieder Luſt hat, und es ſeine Conve-
nienz
verſtattet, capituliret, und wenn die Zeit
verfloſſen, alsdenn einen iedweden entweder

nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1416" n="1396"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> wa&#x0364;rtigen Welt, als auch bey den Nachkommen,<lb/>
denen durch die Feder der Ge&#x017F;chicht-Schrei-<lb/>
ber &#x017F;olche Sachen kund gethan werden.</p><lb/>
        <p>§. 10. Wenn ein Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;t will <hi rendition="#aq">Troup-<lb/>
p</hi>en anwerben la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o hat er allerhand darbey<lb/>
in Betrachtung zu ziehen. Es i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er, die Un-<lb/>
terthanen darzu zu nehmen, denn fremde, denn<lb/>
es i&#x017F;t doch zu vermuthen, daß die&#x017F;e mehr Treue<lb/>
und Liebe vor ihren Landes-Herrn haben, und zu<lb/>
Be&#x017F;chu&#x0364;tzung ihres Vaterlandes ihr Leben viel<lb/>
lieber aufopffern, denn fremde. Ein Landes-<lb/>
Herr muß auch die Leute nicht mit Gewalt an-<lb/>
werben. Ein Soldat, der nicht Lu&#x017F;t zum Krie-<lb/>
ge hat, wird in der Militz &#x017F;chlechte Dien&#x017F;te er-<lb/>
wei&#x017F;en, und bey dem Fechten wenig <hi rendition="#aq">Courage</hi><lb/>
bezeugen, auch alle Gelegenheit zum <hi rendition="#aq">de&#x017F;erti</hi>ren<lb/>
ergreiffen, und das Krieges-Handwerck zu ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Es finden &#x017F;ich &#x017F;chon Leute gnug, die,<lb/>
wenn &#x017F;ie ein recht&#x017F;chaffen Stu&#x0364;ck Geld auf die<lb/>
Hand bekommen, und wi&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie das Jh-<lb/>
rige richtig erhalten, zum Kriege Lu&#x017F;t haben, daß<lb/>
man al&#x017F;o nicht no&#x0364;thig hat, die Leute mit aller<lb/>
Gewalt zu zwingen. Ferner i&#x017F;t es wohl ge-<lb/>
than, wenn ein Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;t mit denjenigen, die<lb/>
&#x017F;ich in Krieg begeben wollen, auf gewi&#x017F;&#x017F;e Jahre,<lb/>
&#x017F;o lange ein ieder Lu&#x017F;t hat, und es &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Conve-<lb/>
nienz</hi> ver&#x017F;tattet, <hi rendition="#aq">capituli</hi>ret, und wenn die Zeit<lb/>
verflo&#x017F;&#x017F;en, alsdenn einen iedweden entweder<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nach</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1396/1416] waͤrtigen Welt, als auch bey den Nachkommen, denen durch die Feder der Geſchicht-Schrei- ber ſolche Sachen kund gethan werden. §. 10. Wenn ein Landes-Fuͤrſt will Troup- pen anwerben laſſen, ſo hat er allerhand darbey in Betrachtung zu ziehen. Es iſt beſſer, die Un- terthanen darzu zu nehmen, denn fremde, denn es iſt doch zu vermuthen, daß dieſe mehr Treue und Liebe vor ihren Landes-Herrn haben, und zu Beſchuͤtzung ihres Vaterlandes ihr Leben viel lieber aufopffern, denn fremde. Ein Landes- Herr muß auch die Leute nicht mit Gewalt an- werben. Ein Soldat, der nicht Luſt zum Krie- ge hat, wird in der Militz ſchlechte Dienſte er- weiſen, und bey dem Fechten wenig Courage bezeugen, auch alle Gelegenheit zum deſertiren ergreiffen, und das Krieges-Handwerck zu ver- laſſen. Es finden ſich ſchon Leute gnug, die, wenn ſie ein rechtſchaffen Stuͤck Geld auf die Hand bekommen, und wiſſen, daß ſie das Jh- rige richtig erhalten, zum Kriege Luſt haben, daß man alſo nicht noͤthig hat, die Leute mit aller Gewalt zu zwingen. Ferner iſt es wohl ge- than, wenn ein Landes-Fuͤrſt mit denjenigen, die ſich in Krieg begeben wollen, auf gewiſſe Jahre, ſo lange ein ieder Luſt hat, und es ſeine Conve- nienz verſtattet, capituliret, und wenn die Zeit verfloſſen, alsdenn einen iedweden entweder nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1416
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1416>, abgerufen am 23.11.2024.