nachmahls fürchten. Daher müssen sie der exorbitanten Macht so viel als möglich Ab- bruch thun. Jedoch ist dieses nicht so weit zu extendiren, daß man demjenigen Potentaten, der rechtmäßiger Weise seine Provintzien er- weitert, oder durch Erbschaffts-Recht und auff andere Art Länder überkommen, einen Krieg ankündigen wolte, bloß deswegen weil der Nachbar gar zu mächtig würde, wenn er diese Lande behielte. Dieses wäre wohl keine rechtmäßige Ursache zum Kriege, und ist es Zeit gnug, wenn man siehet, wie der Nachbar sich zum praejudiz des andern Potentaten seiner Gewalt misbrauchet, daß man ihn hernacher zur Raison bringt und seine Macht, die einem andern gefährlich ist, schwächet.
§. 14. Wenn ein Regente gewahr wird, daß der andere Potentate, der mit ihm benachbart, sich zum Kriege rüstet, und er weiß nicht, auff wen es angesehen seyn möchte, so thut er wohl, wenn er sein Land in gehörige Verfassung setzet, damit er ihn, wenn er einige Gewalthatigkeit von ihm zu befahren hätte, Widerstand thun könte; Darum muß er seine Trouppen an die Gräntzen rücken lassen, um der einbrechenden Gewalt gehörig zu begegnen. So lange ein Regent von des andern feindseliger Intention nichtvollkommen versichert ist; So lange thut
er
nachmahls fuͤrchten. Daher muͤſſen ſie der exorbitanten Macht ſo viel als moͤglich Ab- bruch thun. Jedoch iſt dieſes nicht ſo weit zu extendiren, daß man demjenigen Potentaten, der rechtmaͤßiger Weiſe ſeine Provintzien er- weitert, oder durch Erbſchaffts-Recht und auff andere Art Laͤnder uͤberkommen, einen Krieg ankuͤndigen wolte, bloß deswegen weil der Nachbar gar zu maͤchtig wuͤrde, wenn er dieſe Lande behielte. Dieſes waͤre wohl keine rechtmaͤßige Urſache zum Kriege, und iſt es Zeit gnug, wenn man ſiehet, wie der Nachbar ſich zum præjudiz des andern Potentaten ſeiner Gewalt misbrauchet, daß man ihn hernacher zur Raiſon bringt und ſeine Macht, die einem andern gefaͤhrlich iſt, ſchwaͤchet.
§. 14. Wenn ein Regente gewahr wird, daß der andere Potentate, der mit ihm benachbart, ſich zum Kriege ruͤſtet, und er weiß nicht, auff wen es angeſehen ſeyn moͤchte, ſo thut er wohl, wenn er ſein Land in gehoͤrige Verfaſſung ſetzet, damit er ihn, wenn er einige Gewalthatigkeit von ihm zu befahren haͤtte, Widerſtand thun koͤnte; Darum muß er ſeine Trouppen an die Graͤntzen ruͤcken laſſen, um der einbrechenden Gewalt gehoͤrig zu begegnen. So lange ein Regent von des andern feindſeliger Intention nichtvollkommen verſichert iſt; So lange thut
er
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nachmahls fuͤrchten. Daher muͤſſen ſie der
exorbitanten Macht ſo viel als moͤglich Ab-
bruch thun. Jedoch iſt dieſes nicht ſo weit zu
extendiren, daß man demjenigen Potentaten,
der rechtmaͤßiger Weiſe ſeine Provintzien er-
weitert, oder durch Erbſchaffts-Recht und auff
andere Art Laͤnder uͤberkommen, einen Krieg
ankuͤndigen wolte, bloß deswegen weil der
Nachbar gar zu maͤchtig wuͤrde, wenn er dieſe
Lande behielte. Dieſes waͤre wohl keine
rechtmaͤßige Urſache zum Kriege, und iſt es Zeit
gnug, wenn man ſiehet, wie der Nachbar ſich
zum præjudiz des andern Potentaten ſeiner
Gewalt misbrauchet, daß man ihn hernacher
zur Raiſon bringt und ſeine Macht, die einem
andern gefaͤhrlich iſt, ſchwaͤchet.
§. 14. Wenn ein Regente gewahr wird, daß
der andere Potentate, der mit ihm benachbart,
ſich zum Kriege ruͤſtet, und er weiß nicht, auff
wen es angeſehen ſeyn moͤchte, ſo thut er wohl,
wenn er ſein Land in gehoͤrige Verfaſſung ſetzet,
damit er ihn, wenn er einige Gewalthatigkeit
von ihm zu befahren haͤtte, Widerſtand thun
koͤnte; Darum muß er ſeine Trouppen an die
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Gewalt gehoͤrig zu begegnen. So lange ein
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1406>, abgerufen am 23.11.2024.
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