Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite


§. 7. Es hat aber ein Landes-Herr guten
Grund, seinem Nachbar mit Trouppen, Geld
und andern Krieges-Nothwendigkeiten beyzu-
stehen, und mit ihm wider seinen Feind eine De-
fensiv-Allianz
zu schliessen, wenn er siehet, daß
er von einen andern unrechtmäßiger Weise, oder
doch ohne sattsame Raison, angefallen worden,
und der mit Krieg Uberzogene sonst dem andern
alle Satisfaction geben will, und ihm auch alle
Vorstellungen thun lassen, ihn von seinem Vor-
haben zu dissvadiren, und dennoch nichts helf-
fen wollen, zumahl wenn der Benachbarte viel
zu ohnmächtig ist, als daß er diesem Feind resi-
sti
ren kan, und ihn um seinen Beystand ersu-
chet. Denn weil er des andern trotziges und
ambitieuses Gemüth erkennet, so kan er sich
leicht einbilden, daß wenn der andere ruiniret,
die Reihe hernachmahls, ob er gleich ietzund
noch so herrlich caressiret würde, ihn dennoch
auch treffen werde. Darum ist besser, des an-
dern Macht mit schwächen zu helffen, als sich
der Discretion und dem Raube eines solchen
Nachbars zu überlassen.

§. 8. Jst ein Regente nicht in dem Stan-
de, daß er seinem Feinde, der ihm unrechtmäßi-
ger Weise den Krieg declariret, gehörig ge-
wachsen ist, so muß er bey andern, und sonder-
lich den benachbarten Potenzen, solche Vor-

stel-
S s s s 3


§. 7. Es hat aber ein Landes-Herr guten
Grund, ſeinem Nachbar mit Trouppen, Geld
und andern Krieges-Nothwendigkeiten beyzu-
ſtehen, und mit ihm wider ſeinen Feind eine De-
fenſiv-Allianz
zu ſchlieſſen, wenn er ſiehet, daß
er von einen andern unrechtmaͤßiger Weiſe, oder
doch ohne ſattſame Raiſon, angefallen worden,
und der mit Krieg Uberzogene ſonſt dem andern
alle Satisfaction geben will, und ihm auch alle
Vorſtellungen thun laſſen, ihn von ſeinem Vor-
haben zu diſſvadiren, und dennoch nichts helf-
fen wollen, zumahl wenn der Benachbarte viel
zu ohnmaͤchtig iſt, als daß er dieſem Feind reſi-
ſti
ren kan, und ihn um ſeinen Beyſtand erſu-
chet. Denn weil er des andern trotziges und
ambitieuſes Gemuͤth erkennet, ſo kan er ſich
leicht einbilden, daß wenn der andere ruiniret,
die Reihe hernachmahls, ob er gleich ietzund
noch ſo herrlich careſſiret wuͤrde, ihn dennoch
auch treffen werde. Darum iſt beſſer, des an-
dern Macht mit ſchwaͤchen zu helffen, als ſich
der Diſcretion und dem Raube eines ſolchen
Nachbars zu uͤberlaſſen.

§. 8. Jſt ein Regente nicht in dem Stan-
de, daß er ſeinem Feinde, der ihm unrechtmaͤßi-
ger Weiſe den Krieg declariret, gehoͤrig ge-
wachſen iſt, ſo muß er bey andern, und ſonder-
lich den benachbarten Potenzen, ſolche Vor-

ſtel-
S s s s 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f1401" n="1381"/>
        <fw place="top" type="header">
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </fw>
        <p>§. 7. Es hat aber ein Landes-Herr guten<lb/>
Grund, &#x017F;einem Nachbar mit <hi rendition="#aq">Troupp</hi>en, Geld<lb/>
und andern Krieges-Nothwendigkeiten beyzu-<lb/>
&#x017F;tehen, und mit ihm wider &#x017F;einen Feind eine <hi rendition="#aq">De-<lb/>
fen&#x017F;iv-Allianz</hi> zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, wenn er &#x017F;iehet, daß<lb/>
er von einen andern unrechtma&#x0364;ßiger Wei&#x017F;e, oder<lb/>
doch ohne &#x017F;att&#x017F;ame <hi rendition="#aq">Rai&#x017F;on,</hi> angefallen worden,<lb/>
und der mit Krieg Uberzogene &#x017F;on&#x017F;t dem andern<lb/>
alle <hi rendition="#aq">Satisfaction</hi> geben will, und ihm auch alle<lb/>
Vor&#x017F;tellungen thun la&#x017F;&#x017F;en, ihn von &#x017F;einem Vor-<lb/>
haben zu <hi rendition="#aq">di&#x017F;&#x017F;vadi</hi>ren, und dennoch nichts helf-<lb/>
fen wollen, zumahl wenn der Benachbarte viel<lb/>
zu ohnma&#x0364;chtig i&#x017F;t, als daß er die&#x017F;em Feind <hi rendition="#aq">re&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;ti</hi>ren kan, und ihn um &#x017F;einen Bey&#x017F;tand er&#x017F;u-<lb/>
chet. Denn weil er des andern trotziges und<lb/><hi rendition="#aq">ambitieu</hi>&#x017F;es Gemu&#x0364;th erkennet, &#x017F;o kan er &#x017F;ich<lb/>
leicht einbilden, daß wenn der andere <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret,<lb/>
die Reihe hernachmahls, ob er gleich ietzund<lb/>
noch &#x017F;o herrlich <hi rendition="#aq">care&#x017F;&#x017F;i</hi>ret wu&#x0364;rde, ihn dennoch<lb/>
auch treffen werde. Darum i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er, des an-<lb/>
dern Macht mit &#x017F;chwa&#x0364;chen zu helffen, als &#x017F;ich<lb/>
der <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cretion</hi> und dem Raube eines &#x017F;olchen<lb/>
Nachbars zu u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>§. 8. J&#x017F;t ein Regente nicht in dem Stan-<lb/>
de, daß er &#x017F;einem Feinde, der ihm unrechtma&#x0364;ßi-<lb/>
ger Wei&#x017F;e den Krieg <hi rendition="#aq">declari</hi>ret, geho&#x0364;rig ge-<lb/>
wach&#x017F;en i&#x017F;t, &#x017F;o muß er bey andern, und &#x017F;onder-<lb/>
lich den benachbarten <hi rendition="#aq">Potenz</hi>en, &#x017F;olche Vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S s s s 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tel-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1381/1401] §. 7. Es hat aber ein Landes-Herr guten Grund, ſeinem Nachbar mit Trouppen, Geld und andern Krieges-Nothwendigkeiten beyzu- ſtehen, und mit ihm wider ſeinen Feind eine De- fenſiv-Allianz zu ſchlieſſen, wenn er ſiehet, daß er von einen andern unrechtmaͤßiger Weiſe, oder doch ohne ſattſame Raiſon, angefallen worden, und der mit Krieg Uberzogene ſonſt dem andern alle Satisfaction geben will, und ihm auch alle Vorſtellungen thun laſſen, ihn von ſeinem Vor- haben zu diſſvadiren, und dennoch nichts helf- fen wollen, zumahl wenn der Benachbarte viel zu ohnmaͤchtig iſt, als daß er dieſem Feind reſi- ſtiren kan, und ihn um ſeinen Beyſtand erſu- chet. Denn weil er des andern trotziges und ambitieuſes Gemuͤth erkennet, ſo kan er ſich leicht einbilden, daß wenn der andere ruiniret, die Reihe hernachmahls, ob er gleich ietzund noch ſo herrlich careſſiret wuͤrde, ihn dennoch auch treffen werde. Darum iſt beſſer, des an- dern Macht mit ſchwaͤchen zu helffen, als ſich der Diſcretion und dem Raube eines ſolchen Nachbars zu uͤberlaſſen. §. 8. Jſt ein Regente nicht in dem Stan- de, daß er ſeinem Feinde, der ihm unrechtmaͤßi- ger Weiſe den Krieg declariret, gehoͤrig ge- wachſen iſt, ſo muß er bey andern, und ſonder- lich den benachbarten Potenzen, ſolche Vor- ſtel- S s s s 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1401
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1401>, abgerufen am 23.11.2024.