hat, sondern weiß, wo er seinen Unterhalt und bleibende Städte hat.
§. 20. Unter die Land-Streicher sind bil- lig auch die Zigeuner mit zu rechnen. Von denselben will ich aus des Herrn Höns unvor- greiflichen Gedancken von Stadt und Land- Betteln, wie sie in den Coburgischen Landen nach ihrem neuesten Zustand und Lebens-Art befunden werden, eine Beschreibung anfügen. Er sagt, sie gestehen und geben vor, wie sie sich in einige Trouppen oder Hauffen ausgetheilet, welche wohl 600. Köpffe ausmachten; stünden unter einem Haupt-Mann, Nahmens Reich- hard, und kämen alle Jahr einmahl an einem Ort zusammen. Sie sind zu 20. 30. 40. auch wohl iezuweilen mehr oder weniger Mann starck, meist ohne Gewehr, haben hingegen etli- che Pferde bey sich, worauf sie ihre Bagage und Raub desto leichter fortzubringen und zu salvi- ren wissen. Sie pflegen sich Sommers-Zeit in denen Höltzern Tag und Nacht, Winters aber meistens an Orten, wo sie geduldet wer- den, aufzuhalten, schicken bey Tag Weib und Kinder auf die benachbarten Dorffschafften zum Stehlen, welches sie unter dem Vorwand des Bettelns und Wahrsagens, durch Entwen- dung Kleider-Waaren und leinen Geräths aus denen Bauer-Häusern, Abfangung der Hüner
und
hat, ſondern weiß, wo er ſeinen Unterhalt und bleibende Staͤdte hat.
§. 20. Unter die Land-Streicher ſind bil- lig auch die Zigeuner mit zu rechnen. Von denſelben will ich aus des Herrn Hoͤns unvor- greiflichen Gedancken von Stadt und Land- Betteln, wie ſie in den Coburgiſchen Landen nach ihrem neueſten Zuſtand und Lebens-Art befunden werden, eine Beſchreibung anfuͤgen. Er ſagt, ſie geſtehen und geben vor, wie ſie ſich in einige Trouppen oder Hauffen ausgetheilet, welche wohl 600. Koͤpffe ausmachten; ſtuͤnden unter einem Haupt-Mann, Nahmens Reich- hard, und kaͤmen alle Jahr einmahl an einem Ort zuſammen. Sie ſind zu 20. 30. 40. auch wohl iezuweilen mehr oder weniger Mann ſtarck, meiſt ohne Gewehr, haben hingegen etli- che Pferde bey ſich, worauf ſie ihre Bagage und Raub deſto leichter fortzubringen und zu ſalvi- ren wiſſen. Sie pflegen ſich Sommers-Zeit in denen Hoͤltzern Tag und Nacht, Winters aber meiſtens an Orten, wo ſie geduldet wer- den, aufzuhalten, ſchicken bey Tag Weib und Kinder auf die benachbarten Dorffſchafften zum Stehlen, welches ſie unter dem Vorwand des Bettelns und Wahrſagens, durch Entwen- dung Kleider-Waaren und leinen Geraͤths aus denen Bauer-Haͤuſern, Abfangung der Huͤner
und
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hat, ſondern weiß, wo er ſeinen Unterhalt und
bleibende Staͤdte hat.
§. 20. Unter die Land-Streicher ſind bil-
lig auch die Zigeuner mit zu rechnen. Von
denſelben will ich aus des Herrn Hoͤns unvor-
greiflichen Gedancken von Stadt und Land-
Betteln, wie ſie in den Coburgiſchen Landen
nach ihrem neueſten Zuſtand und Lebens-Art
befunden werden, eine Beſchreibung anfuͤgen.
Er ſagt, ſie geſtehen und geben vor, wie ſie ſich in
einige Trouppen oder Hauffen ausgetheilet,
welche wohl 600. Koͤpffe ausmachten; ſtuͤnden
unter einem Haupt-Mann, Nahmens Reich-
hard, und kaͤmen alle Jahr einmahl an einem
Ort zuſammen. Sie ſind zu 20. 30. 40. auch
wohl iezuweilen mehr oder weniger Mann
ſtarck, meiſt ohne Gewehr, haben hingegen etli-
che Pferde bey ſich, worauf ſie ihre Bagage und
Raub deſto leichter fortzubringen und zu ſalvi-
ren wiſſen. Sie pflegen ſich Sommers-Zeit
in denen Hoͤltzern Tag und Nacht, Winters
aber meiſtens an Orten, wo ſie geduldet wer-
den, aufzuhalten, ſchicken bey Tag Weib und
Kinder auf die benachbarten Dorffſchafften
zum Stehlen, welches ſie unter dem Vorwand
des Bettelns und Wahrſagens, durch Entwen-
dung Kleider-Waaren und leinen Geraͤths aus
denen Bauer-Haͤuſern, Abfangung der Huͤner
und
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1345>, abgerufen am 27.11.2024.
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