wo dergleichen nicht etabliret, welches doch höchst-nöthig wäre, in Hospitälern oder wenig- stens durch Darreichung eines Wochen-Allmo- sen und nach Nothdurfft zu verpflegen. Von Betrügereyen derjenigen, welche sich vor bles- sirte, abgedanckte oder vom Feinde desertirte Soldaten ausgeben, falsche oder andern abge- nommene Abschiede aufweisen, Hände und Ar- me, als ob ihnen solche ermangeln, verbergen, sich, als ob sie lahm oder hinckend geschossen worden, anstellen, und wie theils durch des Zucht-Hauses heilsame Curen wieder zu gera- den und starcken Gliedern gelanget, wäre viel zu sagen. Diesen Boßheiten und betrügerischen Wesen wäre nicht besser zu steuren, denn wenn ein ieder Landes-Herr, unter dessen Diensten ein armer Soldate seinen gesunden Leib oder Gliedmassen eingebüßt, selbigen nicht mit einem leeren allein zu einem Bettel-Brief dienenden Abschiede oder Lauff-Zeddel fortschickte, son- dern ihn gehöriger Massen versorgte. Jch bin gäntzlich versichert, daß solchenfalls ein Landes- Herr vielmehr Gnade und Seegen bey dem lie- ben GOtt erlangen, auch bey Werbungen ei- nen Zulauff vor andern bekommen würde, des desertirens aber sich weniger zu besorgen hätte, indem der Soldat auf dem Fall, da er ein Krü- pel wird, sich keines Abdanckens zu versehen
hat,
wo dergleichen nicht etabliret, welches doch hoͤchſt-noͤthig waͤre, in Hoſpitaͤlern oder wenig- ſtens durch Darreichung eines Wochen-Allmo- ſen und nach Nothdurfft zu verpflegen. Von Betruͤgereyen derjenigen, welche ſich vor bleſ- ſirte, abgedanckte oder vom Feinde deſertirte Soldaten ausgeben, falſche oder andern abge- nommene Abſchiede aufweiſen, Haͤnde und Ar- me, als ob ihnen ſolche ermangeln, verbergen, ſich, als ob ſie lahm oder hinckend geſchoſſen worden, anſtellen, und wie theils durch des Zucht-Hauſes heilſame Curen wieder zu gera- den und ſtarcken Gliedern gelanget, waͤre viel zu ſagen. Dieſen Boßheiten und betruͤgeriſchen Weſen waͤre nicht beſſer zu ſteuren, denn wenn ein ieder Landes-Herr, unter deſſen Dienſten ein armer Soldate ſeinen geſunden Leib oder Gliedmaſſen eingebuͤßt, ſelbigen nicht mit einem leeren allein zu einem Bettel-Brief dienenden Abſchiede oder Lauff-Zeddel fortſchickte, ſon- dern ihn gehoͤriger Maſſen verſorgte. Jch bin gaͤntzlich verſichert, daß ſolchenfalls ein Landes- Herr vielmehr Gnade und Seegen bey dem lie- ben GOtt erlangen, auch bey Werbungen ei- nen Zulauff vor andern bekommen wuͤrde, des deſertirens aber ſich weniger zu beſorgen haͤtte, indem der Soldat auf dem Fall, da er ein Kruͤ- pel wird, ſich keines Abdanckens zu verſehen
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wo dergleichen nicht etabliret, welches doch
hoͤchſt-noͤthig waͤre, in Hoſpitaͤlern oder wenig-
ſtens durch Darreichung eines Wochen-Allmo-
ſen und nach Nothdurfft zu verpflegen. Von
Betruͤgereyen derjenigen, welche ſich vor bleſ-
ſirte, abgedanckte oder vom Feinde deſertirte
Soldaten ausgeben, falſche oder andern abge-
nommene Abſchiede aufweiſen, Haͤnde und Ar-
me, als ob ihnen ſolche ermangeln, verbergen,
ſich, als ob ſie lahm oder hinckend geſchoſſen
worden, anſtellen, und wie theils durch des
Zucht-Hauſes heilſame Curen wieder zu gera-
den und ſtarcken Gliedern gelanget, waͤre viel zu
ſagen. Dieſen Boßheiten und betruͤgeriſchen
Weſen waͤre nicht beſſer zu ſteuren, denn wenn
ein ieder Landes-Herr, unter deſſen Dienſten
ein armer Soldate ſeinen geſunden Leib oder
Gliedmaſſen eingebuͤßt, ſelbigen nicht mit einem
leeren allein zu einem Bettel-Brief dienenden
Abſchiede oder Lauff-Zeddel fortſchickte, ſon-
dern ihn gehoͤriger Maſſen verſorgte. Jch bin
gaͤntzlich verſichert, daß ſolchenfalls ein Landes-
Herr vielmehr Gnade und Seegen bey dem lie-
ben GOtt erlangen, auch bey Werbungen ei-
nen Zulauff vor andern bekommen wuͤrde, des
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indem der Soldat auf dem Fall, da er ein Kruͤ-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1344>, abgerufen am 23.11.2024.
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