Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



dern auch auf einer iedweden Zunfft-Stuben
oder so genannten Herberge, damit sie ieder-
mann lesen könne, öffentlich affigiret, insonder-
heit aber denen Lehr-Jungen bey ihrer Loßspre-
chung deutlich vorgehalten, und sie darüber zu
deren künfftiger Festhaltung ins Gelübde ge-
nommen werden.

§. 34. Es sind noch in manchen Städten
gewisse Handels-Gerichte, welche nach dem
Unterscheid der Oerter verschiedentlich benah-
met und tituliret werden. Diese, an Statt
daß sie Oerter der Gerechtigkeit seyn solten, sind
vielfältig Seminaria der Ungerechtigkeit. Es
vergnügen sich die Handwercks-Richter, wenn
sie nur ihren Beutel füllen, und den armen
Handwercks-Mann durch unproportionirli-
che Straffen in den Stand der Unvermögen-
heit setzen, es mag gleich die Republic so viel
Schaden darunter leiden, als sie immer wolle.
Wenn aber dieser Unfug von schädlicher und
schändlicher Nachfolge ist, als will allerdings
einer Landes-väterlichen Obrigkeit und eines
ieden Ortes Bürgerschafft obliegen, solchen
kräfftiglich zu steuren, und dergleichen Richter
und Gerichte gäntzlich zu extirpiren, hingegen
an deren Stelle gewissenhaffte Leute zu setzen,
welche sich mit ihren ordinairen Besoldungen
begnügen lassen, und die rechtmäßig erhebende

Straf-



dern auch auf einer iedweden Zunfft-Stuben
oder ſo genannten Herberge, damit ſie ieder-
mann leſen koͤnne, oͤffentlich affigiret, inſonder-
heit aber denen Lehr-Jungen bey ihrer Loßſpre-
chung deutlich vorgehalten, und ſie daruͤber zu
deren kuͤnfftiger Feſthaltung ins Geluͤbde ge-
nommen werden.

§. 34. Es ſind noch in manchen Staͤdten
gewiſſe Handels-Gerichte, welche nach dem
Unterſcheid der Oerter verſchiedentlich benah-
met und tituliret werden. Dieſe, an Statt
daß ſie Oerter der Gerechtigkeit ſeyn ſolten, ſind
vielfaͤltig Seminaria der Ungerechtigkeit. Es
vergnuͤgen ſich die Handwercks-Richter, wenn
ſie nur ihren Beutel fuͤllen, und den armen
Handwercks-Mann durch unproportionirli-
che Straffen in den Stand der Unvermoͤgen-
heit ſetzen, es mag gleich die Republic ſo viel
Schaden darunter leiden, als ſie immer wolle.
Wenn aber dieſer Unfug von ſchaͤdlicher und
ſchaͤndlicher Nachfolge iſt, als will allerdings
einer Landes-vaͤterlichen Obrigkeit und eines
ieden Ortes Buͤrgerſchafft obliegen, ſolchen
kraͤfftiglich zu ſteuren, und dergleichen Richter
und Gerichte gaͤntzlich zu extirpiren, hingegen
an deren Stelle gewiſſenhaffte Leute zu ſetzen,
welche ſich mit ihren ordinairen Beſoldungen
begnuͤgen laſſen, und die rechtmaͤßig erhebende

Straf-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1096" n="1076"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> dern auch auf einer iedweden Zunfft-Stuben<lb/>
oder &#x017F;o genannten Herberge, damit &#x017F;ie ieder-<lb/>
mann le&#x017F;en ko&#x0364;nne, o&#x0364;ffentlich <hi rendition="#aq">affigi</hi>ret, in&#x017F;onder-<lb/>
heit aber denen Lehr-Jungen bey ihrer Loß&#x017F;pre-<lb/>
chung deutlich vorgehalten, und &#x017F;ie daru&#x0364;ber zu<lb/>
deren ku&#x0364;nfftiger Fe&#x017F;thaltung ins Gelu&#x0364;bde ge-<lb/>
nommen werden.</p><lb/>
        <p>§. 34. Es &#x017F;ind noch in manchen Sta&#x0364;dten<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Handels-Gerichte, welche nach dem<lb/>
Unter&#x017F;cheid der Oerter ver&#x017F;chiedentlich benah-<lb/>
met und <hi rendition="#aq">tituli</hi>ret werden. Die&#x017F;e, an Statt<lb/>
daß &#x017F;ie Oerter der Gerechtigkeit &#x017F;eyn &#x017F;olten, &#x017F;ind<lb/>
vielfa&#x0364;ltig <hi rendition="#aq">Seminaria</hi> der Ungerechtigkeit. Es<lb/>
vergnu&#x0364;gen &#x017F;ich die Handwercks-Richter, wenn<lb/>
&#x017F;ie nur ihren Beutel fu&#x0364;llen, und den armen<lb/>
Handwercks-Mann durch un<hi rendition="#aq">proportioni</hi>rli-<lb/>
che Straffen in den Stand der Unvermo&#x0364;gen-<lb/>
heit &#x017F;etzen, es mag gleich die Republic &#x017F;o viel<lb/>
Schaden darunter leiden, als &#x017F;ie immer wolle.<lb/>
Wenn aber die&#x017F;er Unfug von &#x017F;cha&#x0364;dlicher und<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndlicher Nachfolge i&#x017F;t, als will allerdings<lb/>
einer Landes-va&#x0364;terlichen Obrigkeit und eines<lb/>
ieden Ortes Bu&#x0364;rger&#x017F;chafft obliegen, &#x017F;olchen<lb/>
kra&#x0364;fftiglich zu &#x017F;teuren, und dergleichen Richter<lb/>
und Gerichte ga&#x0364;ntzlich zu <hi rendition="#aq">extirpi</hi>ren, hingegen<lb/>
an deren Stelle gewi&#x017F;&#x017F;enhaffte Leute zu &#x017F;etzen,<lb/>
welche &#x017F;ich mit ihren <hi rendition="#aq">ordinair</hi>en Be&#x017F;oldungen<lb/>
begnu&#x0364;gen la&#x017F;&#x017F;en, und die rechtma&#x0364;ßig erhebende<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Straf-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1076/1096] dern auch auf einer iedweden Zunfft-Stuben oder ſo genannten Herberge, damit ſie ieder- mann leſen koͤnne, oͤffentlich affigiret, inſonder- heit aber denen Lehr-Jungen bey ihrer Loßſpre- chung deutlich vorgehalten, und ſie daruͤber zu deren kuͤnfftiger Feſthaltung ins Geluͤbde ge- nommen werden. §. 34. Es ſind noch in manchen Staͤdten gewiſſe Handels-Gerichte, welche nach dem Unterſcheid der Oerter verſchiedentlich benah- met und tituliret werden. Dieſe, an Statt daß ſie Oerter der Gerechtigkeit ſeyn ſolten, ſind vielfaͤltig Seminaria der Ungerechtigkeit. Es vergnuͤgen ſich die Handwercks-Richter, wenn ſie nur ihren Beutel fuͤllen, und den armen Handwercks-Mann durch unproportionirli- che Straffen in den Stand der Unvermoͤgen- heit ſetzen, es mag gleich die Republic ſo viel Schaden darunter leiden, als ſie immer wolle. Wenn aber dieſer Unfug von ſchaͤdlicher und ſchaͤndlicher Nachfolge iſt, als will allerdings einer Landes-vaͤterlichen Obrigkeit und eines ieden Ortes Buͤrgerſchafft obliegen, ſolchen kraͤfftiglich zu ſteuren, und dergleichen Richter und Gerichte gaͤntzlich zu extirpiren, hingegen an deren Stelle gewiſſenhaffte Leute zu ſetzen, welche ſich mit ihren ordinairen Beſoldungen begnuͤgen laſſen, und die rechtmaͤßig erhebende Straf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1096
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1076. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1096>, abgerufen am 23.11.2024.